Entscheidungsstichwort (Thema)
Spruch der Einigungsstelle über eine Kleiderordnung. Kostentragung
Leitsatz (amtlich)
1. Im Rahmen des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats bei der Aufstellung einer Kleiderordnung für die Mitarbeiter des Arbeitgebers, der ein Spielcasino betreibt, besteht keine sog. Annexkompetenz des Betriebsrats in Bezug auf die Kostentragung, wenn individual-rechtlich keine Grundlage dafür gegeben ist, dass der Arbeitgeber die Kosten für die Anschaffung und Pflege der von den Arbeitnehmern einzubringenden Kleidung zu tragen hat.
2. Da die von den Arbeitnehmern zu stellende Kleidung grundsätzlich als Arbeits- oder Berufskleidung anzusehen ist, die schon mit der Arbeitsvergütung abgegolten ist, verletzt der Spruch der Einigungsstelle, der im Rahmen der festgelegten Kleiderordnung keine Regelung über die Kostentragung enthält, nicht das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats.
Normenkette
BetrVG § 76 Abs. 5 S. 4, § 87 Abs. 1 Ziff. 1
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Beschluss vom 26.04.2005; Aktenzeichen 36 BV 1038/05) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 26. April 2005 – 36 BV 1038/05 – wird zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller ist der im Betrieb der Arbeitgeberin, der Beteiligten zu 2), gebildete Betriebsrat; er wendet sich in dem von ihm eingeleiteten Verfahren gegen einen Spruch der Einigungsstelle.
Die Arbeitgeberin ist Inhaberin eines staatlich konzessionierten Spielcasinos; als solche ist sie daran interessiert, dass die durch ihre Mitarbeiter/innen im Spielcasino während der Dienstzeit getragene Kleidung einer Regelung unterfällt, so dass dadurch ein beim Besucher eines Spielcasinos erwartetes, äußeres Erscheinungsbild gewahrt ist. Dazu hat sie am 30. Januar 1997 mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über eine Kleiderordnung geschlossen, die für alle in bestimmte Funktionsgruppen unterteilte Mitarbeiter eine bestimmte Bekleidung vorsah. Mit Ausnahme der Funktionsgruppen Saalchef und Leiter Automatensaal stellte die Arbeitgeberin danach ihren Mitarbeitern die Erstausstattung der Bekleidung und leistete ihnen aus dem Tronc einmal jährlich eine Kleidergeldpauschale von 200,00 DM. Den Pagen und den Arbeitnehmern der Funktionsgruppe Mitarbeiter Automatensaal gewährte sie die erforderliche Ersatzbeschaffung; im Übrigen wird auf die Regelungen der benannten Betriebsvereinbarung Bezug genommen (vgl. Bl. 125 – 128 d. A.).
Diese Betriebsvereinbarung kündigte der Betriebsrat zum 31. Dezember 2004 mit dem Ziel, eine Kostenübernahme der Arbeitgeberin hinsichtlich der Ersatzbeschaffung für alle Mitarbeiter (Ausnahme Saalchef/Leiter Automatensaal) nebst einer Kostenpauschale durchzusetzen. Da darüber keine Einigkeit erzielt wurde, kam es zu einem Verfahren vor der Einigungsstelle.
Im Protokoll der Sitzung der Einigungsstelle vom 10. Dezember 2004 heißt es dazu u.a.:
„Die Vertreter des Betriebsrats erklärten, sie würden ihren Entwurf (Anlage 1) – auch gegen die rechtlichen Bedenken des Vorsitzenden wegen der finanziellen Regelungen – aufrechterhalten und zur Abstimmung stellen.”
Da über die von beiden Seiten vorgelegten Entwürfe über eine Neuregelung kein Einvernehmen erzielt wurde, kam es jeweils zur Abstimmung. Der von den Vertretern der Arbeitgeberin als Anlage 8 vorgelegte Entwurf wurde sodann nach zweiter Abstimmung unter Beteiligung des Einigungsstellenvorsitzenden mehrheitlich angenommen. Er sieht in Fortführung der Betriebsvereinbarung vom 30. Januar 1997 in Ziffer 2 – Berufskleidung – für die einzelnen Funktionsgruppen des klassischen Spiels und des Automatensaals das Tragen bestimmter Kleidung vor. Des Weiteren ist in Ziffer 3 des Spruchs Folgendes geregelt:
„Die Gesellschaft stellt den Mitarbeitern/-innen je eine WestSpielKrawatte und einen Anstecker (für das Revers des Jacketts bzw. des Kostüms) mit dem WestSpielLogo zur Verfügung sowie ein Schild mit der Funktionsgruppe entsprechend der Ziff. 2 dieser BV, welche von den Mitarbeitern/-innen im Dienst zu tragen sind.”
Eine Regelung über die Frage der Kostenfrage enthält der Spruch nicht. Damit ist der Betriebsrat nicht einverstanden.
Gegen den ihm am 30. Dezember 2004 zugeleiteten Spruch hat der Betriebsrat in dem am 12. Januar 2005 eingeleiteten Verfahren geltend gemacht, der Spruch der Einigungsstelle sei rechtsunwirksam. Denn diese habe eine Regelung über die Kostentragung durch die Arbeitgeberin deswegen abgelehnt, weil sie insoweit rechtsirrig das Fehlen eines erzwingbaren Mitbestimmungsrechts angenommen habe. Ein solches Mitbestimmungsrecht stehe ihm aber als sog. Annexkompetenz zu, auch wenn individualrechtlich eine Pflicht zur Kostentragung für die Arbeitgeberin nicht bestehen sollte. Außerdem habe die Einigungsstelle ihr Ermessen überschritten. Die Belange der Belegschaft seien nicht angemessen berücksichtigt worden. Unter Berücksichtigung der fehlenden Kostentragungsreg...