Entscheidungsstichwort (Thema)

Schwellenwert. gemeinsamer Betrieb

 

Leitsatz (amtlich)

F.d.Prüfung, ob der Schwellenwert des § 111 BetrVG f. eine Anwendung der §§ 111 ff. BetrVG erreicht ist, ist jedenfalls i.d.Fällen, i.denen in einem gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen mehr als zwanzig wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt sind, auf die Gesamtzahl aller wahlberechtigten Arbeitnehmer abzustellen, die in den Unternehmen beschäftigt sind, die sich zur Leitung des gemeinsamen Betriebes zusammengeschlossen haben und nicht auf die Arbeitnehmerzahl eines jeden einzelnen Unternehmens.

 

Normenkette

BetrVG §§ 111-112, 112a; ArbGG § 98

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Beschluss vom 28.10.2002; Aktenzeichen 53 BV 27799/02)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 28. Oktober 2002 – 53 BV 27799/02 – unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen teilweise abgeändert und aus Klarstellungsgründen vollständig neu formuliert:

Zum Vorsitzenden einer im gemeinsamen Betrieb der Beteiligten zu 2) und 3) zu bildenden Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand Sozialplan (Personalabbau) wird der Richter am Arbeitsgericht a.D. D. B. bestellt.

Die Zahl der Beisitzer für jede Seite wird auf zwei festgelegt.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob in dem gemeinsamen Betrieb, der von den Beteiligten zu 2) und 3) geführt wird, eine Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand „Interessenausgleich und Sozialplan anlässlich Personalabbaus” unter dem Vorsitz des von dem Beteiligten zu 1) benannten Richters am Arbeitsgericht a.D. B. mit drei Beisitzern je Seite zu bilden ist.

Die Beteiligte zu 2) (im Folgenden: Firma O.) und Beteiligte zu 3) (im Folgenden: Firma St.) sind selbständige Unternehmen des Gerüstbaugewerbes, die – wie das Arbeitsgericht Berlin zum Aktenzeichen 55 BVGa 11733/02 rechtskräftig festgestellt hat – einen gemeinsamen Betrieb im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes betreiben, für den ein Betriebsrat bestehend aus drei Mitgliedern, der Beteiligte zu 1), gewählt worden ist. In diesem Betrieb waren bis ca. Mitte des Jahres 2002 insgesamt 23 Arbeitnehmer tätig (19 gewerbliche Arbeitnehmer und vier Angestellte), wovon 15 oder 16 Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis zur Firma O. und acht oder sieben Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis zur Firma St. standen. Beide Unternehmen werden vom Geschäftsführer Herrn Z. geleitet.

Dieser wendete sich unter dem 30. April 2002 mit einem offenen Brief an den Betriebsrat, auf dessen Inhalt (Bl. 8 d.A.) Bezug genommen wird. In diesem schilderte er die aktuelle betriebliche Situation unter anderem dergestalt, dass eine dauerhaft Auslastung in den angestammten Bereichen nur für ca. acht Mitarbeiter erkennbar sei. Anlässlich eines Gesprächs mit dem Betriebsratsmitglied N. am 7. Mai 2002 erklärte Herr Z. unter Verweis auf eine Mitarbeiterliste, die nach Betriebszugehörigkeitszeiten gestaffelt war, dass die ersten sieben „fliegen”.

Am 8. August 2002 erhielt der Betriebsrat die Anhörungsunterlagen für drei beabsichtigte Kündigungen betreffend Arbeitnehmer der Firma O.. Bei der Übergabe wurde angekündigt, dass noch weitere Arbeitnehmer zu kündigen wären.

Der Betriebsrat gelangte zu der Auffassung, dass diese drei Kündigungen Teil eines insgesamt geplanten umfangreichen Personalabbaus seien und begehrte von Herrn Z. Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan.

Anlässlich eines von diesem auf den 16. August 2002 insoweit festgesetzten Verhandlungstermins bezog er den Standpunkt, mit dem Betriebsrat allenfalls über eine Sozialauswahl reden zu wollen.

Der Betriebsrat ist am 22. Oktober zu drei weiteren Kündigungen gegenüber Arbeitnehmern der Firma O. und am 20. November zu neun weiteren Kündigungen von Arbeitnehmern der Firma O. angehört worden. Nach Angaben des für die Beteiligten zu 2) und 3) im Termin am 23. Januar 2003 erschienenen Herrn T. sind zwischenzeitlich allen Arbeitnehmern der Firma O. und drei Arbeitnehmern der Firma St. die Kündigung erklärt worden.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen der §§ 111, 112a BetrVG lägen vor, so dass eine Einigungsstelle zu bilden sei mit dem von ihm beantragten Vorsitzenden und jeweils drei Beisitzern.

Der Betriebsrat hat beantragt,

zum Vorsitzenden der Einigungsstelle zum Interessenausgleich und Sozialplan den Richter am Arbeitsgericht a. D. D. B. zu bestellen und die Zahl der Beisitzer für jede Seite auf drei festzulegen.

Die Beteiligten zu 2) und 3) haben beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Mit Schriftsatz vom 25. Oktober 2002 haben sie behauptet, es seien keine Kündigungen mehr vorgesehen; die vorherigen Überlegungen insoweit hätten tatsächlich nicht umgesetzt werden müssen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten in erster Instanz wird auf die Antragsschrift vom 7. Oktober 2002 und den Schriftsatz der Beteiligten zu 2) und 3) vom 25. Oktober 2002 Bezug genommen.

Durch Beschluss vom 28. Oktober 2002 hat das Arbeitsgericht Berlin dem An...

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