Entscheidungsstichwort (Thema)
Unmöglichkeit
Leitsatz (amtlich)
Die Unmöglichkeit, den Arbeitnehmer entsprechend einem erstinstanzlichen Urteil bis zum Abschluss des Kündigungsschutzprozesses weiter zu beschäftigen, ist auch dann im Rahmen der Zwangsvollstreckung zu berücksichtigen, wenn die entsprechende Begründung im Erkenntnisverfahren vom Arbeitsgericht für nicht ausreichend substantiiert erachtet worden ist.
Normenkette
ZPO § 888
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Beschluss vom 14.08.2002; Aktenzeichen 81 Ca 24952/01) |
Tenor
wird auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 14. August 2002 – 81 Ca 24952/01 – aufgehoben und der Vollstreckungsantrag des Gläubigers vom 11. Juni 2002 auf seine Kosten bei einem Gegenstandswert von 6.100,– EUR zurückgewiesen.
Gründe
1. Die Schuldnerin, die den Gläubiger bis zur Kündigung seines Arbeitsverhältnisses als technischen Leiter der Abteilung Bau- und Sonderreinigung beschäftigte, ist durch Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 4. April 2002 – 81 Ca 24952/01 – zu dessen Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen am Betriebssitz Berlin bis zum rechtskräftigen Abschluss des gleichzeitig geführten Kündigungsschutzprozesses verurteilt worden. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Arbeitsgericht gegen die Schuldnerin ein Zwangsgeld in Höhe von 6.000,– EUR, ersatzweise Zwangshaft, festgesetzt und ihr die Abwendung der Vollstreckung durch Weiterbeschäftigung des Gläubigers freigestellt. Der hiergegen eingelegten sofortigen Beschwerde der Schuldnerin hat das Arbeitsgericht nicht abgeholfen.
2. Die fristgemäß und formgerecht beim Landesarbeitsgericht Berlin eingelegte sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist begründet.
Der Schuldnerin ist die ausgeurteilte Weiterbeschäftigung des Gläubigers als Leiter der Abteilung Bau- und Sonderreinigung unmöglich, was auch im Rahmen einer Zwangsvollstreckung gemäß § 888 ZPO zu beachten ist.
Die frühere Abteilung des Gläubigers wurde, wie zwischen den Parteien nach Abschluss des Erkenntnisverfahrens erster Instanz unstreitig geworden, zum 31. Dezember 2001 aufgelöst. Die Aufgaben dieser Abteilung sind nicht lediglich anderweitig verteilt worden. Vielmehr hat die Schuldnerin bereits seit Ende August 2001 keine entsprechenden Aufträge mehr angenommen und auch das übrige Personal aus diesem Bereich entlassen. In einem solchen Fall ist für die Beschäftigung eines Abteilungsleiters kein Raum mehr (LAG Hamm, Beschluss vom 15.02.1991 – 7 Ta 28/91 – LAGE ZPO § 888 Nr. 22 zu II 5 der Gründe).
Damit hat sich die Schuldnerin auch nicht erst nachträglich ihrer Verpflichtung zur vertragsgemäßen Beschäftigung des Gläubigers zu entziehen versucht, was ihr Verhalten als widersprüchlich und deshalb unbeachtlich hätte erscheinen lassen können. Andererseits stand der Umstand, dass die Schuldnerin mit ihrem vom Arbeitsgericht für nicht ausreichend substantiiert erachteten Vortrag im erstinstanzlichen Erkenntnisverfahren nicht durchgedrungen ist, einer Berücksichtigung im Rahmen der Zwangsvollstreckung nicht entgegen (zu einem ähnlich gelagerten Fall LAG Köln, Beschluss vom 23.8.2001 – 7 (13) Ta 190/01 – NZA-RR 2002, 214 zu II 2 der Gründe). Anders als in dem vom Arbeitsgericht herangezogenen Beschluss des LAG Köln vom 26.10.1998 – 10 Ta 153/98 – hat die Schuldnerin ihre Verurteilung auch nicht rechtskräftig werden lassen, sondern sich dagegen mit der Berufung gewandt und eine Einstellung der Zwangsvollstreckung lediglich deshalb nicht zu erreichen vermocht, weil in der Unmöglichkeit der unveränderten Weiterbeschäftigung des Gläubigers kein nicht zu ersetzender Nachteil i.S.d. § 62 Abs. 1 Satz 2 ArbGG, § 719 Abs. 1 ZPO hat gesehen werden können.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 891 Satz 3 ZPO.
Der Gegenstandswert ist entsprechend § 3 Hs. 1 ZPO mit rund einem Monatseinkommen angesetzt.
Die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 78 Satz 2 ArbGG waren nicht erfüllt.
3. Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben.
Unterschriften
Der Vorsitzende Corts
Fundstellen