Verfahrensgang

ArbG Berlin (Beschluss vom 13.09.1996; Aktenzeichen 27 BV 27841/95)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 27.01.1998; Aktenzeichen 1 ABR 38/97)

 

Tenor

1 Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Berlin vom 13. September 1996 – 27 BV 27841/95 – wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

1. Die Beteiligten streiten über die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung eines zum 01. April 1995 eingestellten Arbeitnehmers.

Der Arbeitgeber betreibt die Verwaltungs- und Vertriebsorganisation eines großen Brauereiverbundes und beschäftigt 259 Mitarbeiter. Während er Mitglied des Brauereiverbands Berlin/Brandenburg e.V. ist, gehört der eingestellte Arbeitnehmer keiner Gewerkschaft an. Die einschlägigen Tarifverträge werden im Betrieb des Arbeitgebers allgemein angewendet.

Mit Schreiben vom 21. März 1995 beantragte der Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrats zur beabsichtigten Einstellung eines sog. Key-Account-Managers (KAM) und teilte mit, diesen „AT” eingruppieren zu wollen. Während der Betriebsrat der Einstellung mit Schreiben vom 24. März 1995 zustimmte, lehnte er eine Zustimmung zur beabsichtigten Eingruppierung mit der Begründung ab, diese verstoße gegen den geltenden Einheitlichen Bundesrahmentarifvertrag für die Brauindustrie (BRTV), weil der Arbeitnehmer als Key-Accounter keine über die Eingruppierungsmerkmale der BewertGr XI hinausgehende „größere Dispositions- und Leitungsbefugnis” ausübe und er durch eine Eingruppierung als AT-Angestellter den Schutz und die sozialen Leistungen des Einheitlichen Manteltarifvertrags (MTV) verlieren könnte und dadurch benachteiligt würde.

Im Betrieb des Arbeitgebers ist der Vorstandsbereich Marketing/Vertrieb in die Bereiche Gastronomie, Handel und Versand/Getränkegroßhandel unterteilt, die jeweils von einem Hauptverkaufsleiter geleitet werden. Dem Hauptverkaufsleiter Handel unterstehen vier Verkaufsleiter mit einer größeren Anzahl Bezirksverkaufsleitern als Untergebener sowie drei KAMs, denen keine Mitarbeiter nachgeordnet sind. Aufgabe der KAMs ist die Betreuung der Großkunden. Dazu gehört:

I. Beobachtung und Analyse der Markt- und Wettbewerbssituation

II. Durchführung kundenbezogener Analysen zur Ermittlung des spezifischen Absatzpotentials der zur vermarktenden Produkte und den Möglichkeiten der Ausschöpfung dieses Potentials

III. Planung/Erarbeitung kundenbezogener Zielsetzungen basierend auf der firmeneigenen Vermarktungskonzeption

  1. Zielsetzungen auf der „Sach-Ebene”

    1. Mengenbezogene Zielsetzungen
    2. Preis- und Konditionenbezogene Zielsetzungen
  2. Zielsetzungen auf der „Beziehungs-Ebene”

    1. Pflege vorhandener Kontakte und Beziehungen
    2. Entwicklung/Knüpfung neuer Kontakte und Beziehungen – Weiterentwicklung des persönlichen und firmenbezogenen „Goodwills”

IV. Konzipierung einer kundenspezifischen Bearbeitungs-Strategie zur Durchsetzung der geplanten Zielsetzungen (inkl. unternehmensinterner Präsentation und Genehmigung der entwickelten Kundenbearbeitungs-Konzeption)

V. Umsetzung der kundenspezifischen Bearbeitungs-Strategie im Rahmen von Verhandlungen sowie Informations- und Abstimmungsprozessen mit den absatzentscheidenden Personen des Kunden.

VI. Information aller für die Kundenbetreuung relevanten Personen im eigenen Unternehmen über die im Rahmen der Verhandlungen und Besprechungen mit den Kunden getroffenen Vereinbarungen und Koordination aller Aktivitäten, die zur Abwicklung der Vereinbarungen erforderlich sind unter Einbeziehung der Beteiligten.

VII. Initiierung und Durchführung zahlreicher und vielfältiger Kontroll-Aktivitäten Prognose-Aktivitäten Schwachstellen-Beseitigungs-Aktivitäten.

Verkaufsleiter und KAMs, die sämtlich als AT-Angestellte eingruppiert sind, verwalteten im Jahre 1996 Budgets in Höhe von 900.000,00 bis 4,9 Millionen DM, der neu eingestellte KAM davon das höchste.

Das Arbeitsgericht Berlin hat die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung des neu eingestellten KAM ersetzt. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, gemäß seinem § 1 Nr. 3 gelte der MTV nicht für solche Angestellte, deren Aufgabenbereich höhere Anforderungen stelle, als die höchste tarifliche Bewertungsgruppe vorsehe. Dies treffe auf den neu eingestellten Arbeitnehmer zu, der Diplom-Kaufmann sei und über einschlägige Berufserfahrungen verfüge. Im Hinblick auf die Höhe des von ihm verwalteten Budgets stehe fest, daß er an herausragender Stelle für das Unternehmen tätig sei. Er betreue wichtigste Großkunden und müsse über die Fähigkeit verfügen, strategisch zu planen. Dazu gehörten herausragende Branchenkenntnisse, genaueste Kenntnis aller Marktdaten und das Wissen um die möglichen Preismargen des eigenen Unternehmens sowie der Preismöglichkeiten der jeweils von ihm zu betreuenden Großkunden. Ständige Ansprechbarkeit, gute persönliche Kontakte zu den Entscheidungsträgern bei den Kunden sowie Verhandlungssicherheit seien unerläßlich. Hierarchisch sei der KAM auf der zweiten Ebene unterhalb der Geschäftsleitung an...

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