Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsweg bei einer Streitigkeit aus einem Rechtsverhältnis nach § 16 Abs. 3 SGB II
Leitsatz (amtlich)
Das zwischen einem Maßnahmeträger und einem Hilfebedürftigen nach § 16 Abs. 3 SGB II begründete Beschäftigungsverhältnis ist öffentlich-rechtlicher Natur. In Bezug auf eine sich daraus ergebende Streitigkeit ist daher der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet (im Anschluss an LSG Rheinland-Pfalz vom 12.9.2005 – L 3 ER 79/05 – AS).
Normenkette
SGB II § 2 Abs. 1 Ziff. 3, § 5 Abs. 1 S. 2, §§ 14, 16
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Beschluss vom 18.01.2006; Aktenzeichen 60 Ca 24554/05) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 18. Januar 2006 – 60 Ca 24554/05 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Der Kläger nimmt die Beklagte auf der Grundlage der zwischen ihnen getroffenen „Vereinbarung zum berufspraktischem Einsatz in Arbeitsangelegenheiten” auf Weiterbeschäftigung und Zahlung einer Mehraufwandsentschädigung in Anspruch.
Dem seit dem Jahre 2003 arbeitslosen Kläger wird seit dem 1. Januar 2005 Grundsicherung für Arbeitssuchende nach den Bestimmungen des SGB II gewährt. Aufgrund einer Zuweisung durch das Job-Center der zuständigen Arbeitsagentur wurde der Kläger seit dem 1. Juni 2005 im Rahmen eines berufspraktischen, bis zum 30. November 2005 befristeten Einsatzes bei der Beklagten zum Zwecke der zusätzlichen Pflegearbeit auf dem von dieser betriebenen „J. Friedhof Berlin-W.” beschäftigt. Die Parteien schlossen eine entsprechende, schriftliche Vereinbarung vom 8. Juni 2005, wonach eine Arbeit von 30 Wochenstunden vorgesehen wurde und der Kläger für die tatsächlich geleisteten Beschäftigungsstunden eine Mehraufwandsentschädigung von 1,50 EUR erhalten sollte; auf den weiteren Inhalt der Vereinbarung wird Bezug genommen.
Im Laufe des 18. Juli 2005 verweigerte die für den Kläger zuständige, in der Vereinbarung als fachliche Anleiterin bezeichnete stellvertretende Friedhofsleiterin diesem die weitere Beschäftigung; daran hielt die Beklagte ungeachtet eines zwischen den Parteien darauf geführten Schriftwechsels in der Folgezeit fest.
Mit der dagegen gerichteten Klage verlangt der Kläger die Weiterbeschäftigung und die Zahlung der Mehraufwandsentschädigung für die Zeit von Juli 2005 bis Oktober 2005. Er ist der Auffassung, der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen sei gegeben, weil der Schwerpunkt des zwischen den Parteien begründeten Rechtsverhältnisses privatrechtlicher Natur und er bei der Beklagten als arbeitnehmerähnliche Person beschäftigt worden sei.
Durch Beschluss vom 18. Januar 2006 hat das Arbeitsgericht den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Berlin verwiesen. Es ist dabei sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung der Entscheidung des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 12. September 2005 – L 3 ER 79/05 AS gefolgt und hat demgemäß die Rechtsnatur des betreffenden Rechtsverhältnisses als öffentlich-rechtlich angesehen. Die dem Rechtsverhältnis zugrunde liegenden Rechtsnormen gehörten dem öffentlichen Recht an. Das zwischen den Parteien begründete Rechtsverhältnis beruhe nicht auf einer privatrechtlichen Einigung der Vertragsparteien, sondern auf der Entscheidung des Leistungsträgers im Sinne des SGB II. Daran ändere die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung nichts; selbst wenn der Maßnahmeträger eine Privatperson sei, könne seine Einbeziehung in das Rechtsverhältnis als Beauftragung mit der Maßnahme und partielle Übertragung öffentlich-rechtlicher Handlungskompetenzen angesehen werden. Es gehe nicht um die Wertung eines privatautonom geschlossenen Vertrages mit einer entsprechenden Interessenlage der Vertragsparteien, sondern um die durch den öffentlich-rechtlichen Leistungsträger geschaffene Arbeitsgelegenheit des Hilfebedürftigen, die dieser im Rahmen des gesetzgeberischen Ziels des Förderns, wie es in § 14 SGB II zum Ausdruck komme, erhalten habe. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.
Gegen den dem Kläger am 26. Januar 2006 zugestellten Beschluss richtet sich seine beim Arbeitsgericht am selben Tag eingegangene sofortige Beschwerde, deren Zurückweisung die Beklagte begehrt. Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
II.
1.
Die gemäß §§ 48 Abs. 1, 78 Satz 1 ArbGG in Verbindung mit § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG sowie § 567 Abs. 1 Ziffer 1 ZPO statthafte sofortige Beschwerde hat der Kläger form- und fristgerecht eingelegt (§ 78 Satz 1 ArbGG in Verbindung mit § 569 ZPO).
Das Rechtsmittel hat in der Sache aber keinen Erfolg. Darüber ist ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter zu entscheiden gewesen (§ 78 Satz 3 ArbGG).
Das Arbeitsgericht hat zu Recht entschieden, dass für die zu beurteilende Klage der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht gegeben ist.
2.
Das Beschwerdegericht folgt voll inhaltlich den zutreffen...