Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigungsschutzklage und Vergütungsklage. Berechnung der Streitwerte
Leitsatz (amtlich)
Die Werte einer Kündigungsschutzklage und einer Klage, mit der die von der Wirksamkeit der Kündigung abhängigen Vergütungsansprüche geltend gemacht werden, sind für den Zeitraum aufeinander anzurechnen, der für die Bewertung der Kündigungsschutzklage maßgebend ist.
Normenkette
ArbGG § 12 Abs. 7
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Beschluss vom 22.09.2003; Aktenzeichen 54 Ca 12767/02) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 22. September 2003 – 54 Ca 12767/02 – teilweise geändert:
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 11.999,78 EUR und – soweit es die gegen die Landeskasse gerichteten Gebührenansprüche betrifft – auf 11.585,48 EUR festgesetzt.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde auf Kosten der Prozessbevollmächtigten der Klägerin bei einem Beschwerdewert von 250,56 EUR zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Klägerin war seit dem 1. September 2001 bei der Beklagten tätig. Sie hat sich in dem diesem Beschwerdeverfahren vorausgegangenen Rechtsstreit gegen drei außerordentliche Kündigungen vom 26. April, 29. April und 8. Mai 2002 gewandt (Klageantrag zu 1.). Die Klägerin hat ferner eine Restvergütung für den Monat April 2002 sowie die Vergütungsansprüche für die Zeit von Mai bis Oktober 2002 geltend gemacht (Klageanträge zu 2. bis 5., 7. und 8.). Mit dem Klageantrag zu 6. hat sich die Klägerin schließlich gegen eine vorsorgliche ordentliche Kündigung vom 5. August 2003 gewandt und die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis ungekündigt fortbesteht.
Das Arbeitsgericht hat der Klägerin für die genannte Rechtsverfolgung mit Ausnahme der zuletzt genannten Feststellungsklage Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten bewilligt. Der Rechtsstreit wurde durch einen außergerichtlichen Vergleich beigelegt.
Das Arbeitsgericht hat den Wert des Streitgegenstandes durch Beschluss vom 22. September 2003 auf 11.274,50 EUR bzw. hinsichtlich der gegen die Landeskasse gerichteten Gebührenansprüche auf 10.860,20 EUR festgesetzt. Es hat dabei den Klageantrag zu 1. im Hinblick auf die geltend gemachten Zahlungsansprüche nicht bewertet.
Gegen diesen ihnen am 25. September 2003 zugestellten Beschluss richtet sich die am 1. Oktober 2003 eingelegte Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin. Sie sind der Auffassung, der Klageantrag zu 1. müsse mit 12.429,00 EUR bewertet werden, da er sich gegen drei eigenständig ausgesprochene Kündigungen richte; wenigstens sei ein Vierteljahresentgelt in Ansatz zu bringen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde ist teilweise begründet.
1.
Der Klageantrag zu 1. richtet sich gegen drei zu unterschiedlichen Zeitpunkten ausgesprochene außerordentliche Kündigungen des Arbeitsverhältnisses. Er beinhaltet daher drei grundsätzlich eigenständig zu bewertende Bestandsstreitigkeiten i.S.d. § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG. Da sich diese Kündigungsschutzanträge jedoch innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten zeitlich überschneiden, sind ihre Werte teilweise aufeinander anzurechnen. Der Umfang dieser Anrechnung richtet sich nach der Zeitspanne, die zwischen den in den jeweiligen Kündigungen genannten Beendigungszeitpunkten liegt, wobei die gegen die zuletzt ausgesprochene Kündigung gerichtete Klage ihren Wert behält (vgl. hierzu LAG Berlin, Beschluss vom 10. April 2001 – 17 Ta 6052/01 (Kost)). Ferner ist nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammer zu berücksichtigen, dass das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt der Kündigungen zwar länger als sechs Monate, jedoch noch kein Jahr bestanden hatte; die einzelne Bestandsstreitigkeit war daher mit zwei Monatsverdiensten zu je 1.381,00 EUR zu bewerten (vgl. hierzu nur LAG Berlin, Beschluss vom 17. Februar 2003 – 6018/03 (Kost)). Die gegen die Kündigung vom 8. Mai 2002 gerichtete Klage ist danach mit 2.762,00 EUR und die gegen die Kündigungen vom 26. und 29. April 2002 gerichteten Klagen bei einem angenommenen Zugang der späteren Kündigung am 15. August 2002 mit insgesamt 865,03 EUR (19 Kalendertage zu je 45,53 EUR) zu bewerten; dies ergibt einen Gesamtstreitwert für den Klageantrag zu 1. von 3.627,03 EUR.
2.
Die Werte der Klageanträge zu 2. bis 5. sowie 7. und 8. bestimmen sich für sich genommen nach der Höhe der jeweils eingeklagten Vergütung. Ob in einem Rechtsstreit wie dem vorliegenden, in dem die gerichtlich geltend gemachten Vergütungsansprüche von der Wirksamkeit der streitbefangenen Kündigung abhängen, eine Anrechnung der Werte der Bestandsstreitigkeit(en) und der Zahlungsklage(n) erfolgen kann, ist in der Rechtssprechung und der Literatur umstritten. So wird teilweise eine Zusammenrechnung der Streitwerte befürwortet. Die Streitigkeiten seien wirtschaftlich nicht identisch; würden die Bestandsstreitigkeit und die Vergütungsklage in getrennten Prozessen verfolgt, käme eine Anrechnung der Streitwerte ebenfalls nicht in Betracht. Nach einer anderen Auffassu...