Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit der Verpflichtung zur Vorlage von Budgetabschlüssen des Betreibers von Krankenhäusern mit den Krankenkassen durch Einigungsstellenspruch
Leitsatz (redaktionell)
Eine Einigungsstelle ist gem. § 109 BetrVG zuständig, wenn eine Auskunft über wirtschaftliche Angelegenheiten des Unternehmens i.S. von § 106 BetrVG entgegen dem Verlangen des Wirtschaftsausschusses nicht, nicht rechtzeitig oder nur ungenügend erteilt wurde und eine Einigung hierüber zwischen Unternehmer und Betriebsrat nicht zustande kommt. Dies gilt auch für die vom Wirtschaftsausschuss begehrte Vorlage von Budgetabschlüssen eines Betreibers von Krankenhäusern mit den gesetzlichen Krankenkassen.
Normenkette
BetrVG § 106; BetrV § 109; BetrVG § 76; ArbGG § 100
Verfahrensgang
ArbG Brandenburg (Entscheidung vom 14.12.2017; Aktenzeichen 4 BV 14/17) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Brandenburg an der Havel vom 14.12.2017 - 4 BV 14/17 - wird zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit eines Spruchs der Einigungsstelle. In der Beschwerdeinstanz ist die Wirksamkeit des Spruchs nur noch insoweit im Streit, als die Arbeitgeberin verpflichtet worden ist, die Budgetabschlüsse der Arbeitgeberin mit den Krankenkassen für die Jahre 2015 und 2016 vorzulegen.
Die Antragstellerin (im Folgenden: Arbeitgeberin) betreibt im Land Brandenburg in den Orten Lübben, Teupitz und Brandenburg an der Havel Krankenhäuser. An allen Standorten gibt es örtliche Betriebsräte, im Unternehmen ist ein Gesamtbetriebsrat gebildet. Für das Unternehmen ist ein Wirtschaftsausschuss errichtet. Nachdem die Arbeitgeberin in der Vergangenheit dem Wirtschaftsausschuss sowohl Dekadenstatistiken als auch Budgetabschlüsse überlassen hat, legte die Arbeitgeberin diese Unterlagen spätestens seit dem Jahr 2016 nicht/nicht mehr vollständig vor. Die Budgetabschlüsse bestimmen das Budget des Krankenhauses. Sie werden einheitlich mit den Krankenkassen AOK und BARMER mit Wirkung auch für die anderen gesetzlichen Krankenkassen vereinbart. Regelmäßig wird bei der Verhandlung des Budgets in die Vergangenheit geblickt und unter Berücksichtigung der tatsächlichen Belegung Prozentsätze für Mehr- bzw. Minderleistungen im bereits zurückliegenden Zeitraum verhandelt. Entsprechend werden die Budgetabschlüsse häufig noch im Folgejahr oder noch später für das zurückliegende Jahr rechtsgültig. Die entsprechenden Zahlungen werden sodann bei der Arbeitgeberin als Einnahmen verbucht. Im Unternehmen der Arbeitgeberin werden für die Standorte Lübben, Teupitz und Brandenburg a. d. Havel die Abschlüsse gesondert verhandelt.
Im Januar 2017 erbat der Wirtschaftsausschuss die Vorlage der Budgetabschlüsse 2014 bis 2016 und die Dekadenstatistiken. Dem kam die Arbeitgeberin nicht nach. Die aufgrund Beschluss des Gesamtbetriebsrats vom 17.02.2017 angerufene Einigungsstelle entschied am 12.07.2017 durch Spruch, der auszugsweise folgenden Inhalt hatte:
"In dem Einigungsstellenverfahren nach dem BetrVG zwischen
...
hat die Einigungsstelle am 12. Juli 2017 auf die Anträge des Gesamtbetriebsrats die Arbeitgeberin verpflichtet, den Wirtschaftsausschuss anhand der nachstehenden Unterlagen zu unterrichten:
1. ...
2. Vorlage der Budgetabschlüsse der Arbeitgeberin mit den Krankenkassen für alle Betriebsteile in Lübben, Teupitz und Brandenburg a. d. Havel der Jahre 2015 und 2016.
Hinsichtlich des weiteren Inhalts des Einigungsstellenspruchs wird auf Bl. 10 - 11 d.A. verwiesen.
Mit ihrem am 01.08.2017 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag begehrte die Arbeitgeberin die Feststellung, dass der Spruch der Einigungsstelle unwirksam sei.
Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, der Gesamtbetriebsrat habe keinen Anspruch auf Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses anhand der Budgetabschlüsse für 2015 und 2016. Der Gesamtbetriebsrat habe weder im Einigungsstellenverfahren noch vorher oder nachher ausreichend detailliert vorgetragen, welche Informationen er bezogen auf § 106 Abs. 3 BetrVG im Wege der Unterrichtung erhalten möchte. Erst nach einem solchen Vortrag sei es Aufgabe der Arbeitgeberin, die Unterlagen auszuwählen. Die Erlössituation der Arbeitgeberin sei im Wirtschaftsausschuss durch die umfassende Unterrichtung bereits anderweitig hinlänglich bekannt.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
festzustellen, dass der Beschluss der Einigungsstelle vom 12. Juli 2017, zugegangen am 19. Juli 2017, unwirksam ist.
Der Gesamtbetriebsrat hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, er habe einen Anspruch auf Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses unter Vorlage der Budgetabschlüsse 2015 und 2016 gemäß § 106 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG. Die Budgetabschlüsse seien von ganz zentraler Bedeutung für die gegenwärtige und künftige wirtschaftliche Lage des Unternehmens und der einzelnen Betriebe. Nur ihre Kenntnis lasse die Arbeit...