Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtstellung der Mitglieder des Konzernbetriebsrats. Anspruch auf Freistellung
Leitsatz (amtlich)
Für eine pauschale Freistellung von Mitgliedern des Konzernbetriebsrats als eigenes Recht des Konzernbetriebsrats, d.h. einen originären Freistellungsanspruch des Konzernbetriebsrats gibt es keine Rechtsgrundlage. Soweit die Tätigkeit für den Konzernbetriebsrat dies erfordert, ist dies ein Grund für weitere Freistellungen von Betriebsratsmitgliedern durch den örtlichen Betriebsrat, ggf. auch über die Mindeststaffel gemäß § 38 Abs. 1 BetrVG hinaus.
Normenkette
BetrVG § 59 Abs. 1, § 38 Abs. 1, § 37 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 17.11.2015; Aktenzeichen 13 BV 5665/15) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 17. November 2015, 13 BV 5665/15 wird zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
A.
Die Beteiligten streiten über einen Freistellungsanspruch des Konzern s für den Konzernbetriebsratsvorsitzenden in Höhe von 50% seiner Arbeitszeit.
Die Beteiligte zu 4) und Arbeitgeberin (Arbeitgeberin) betreibt eine Klinik mit ca. 2.000 Beschäftigten. Für diesen Betrieb ist ein Betriebsrat gebildet (örtlicher Betriebsrat). Die Arbeitgeberin ist Teil eines Klinikkonzerns, zu dem eine Vielzahl von Unternehmen mit insgesamt knapp 70.000 Beschäftigten gehören und dessen Konzernmutter die Beteiligte zu 3) ist (Konzernmutter). Für diesen Konzern ist ein Konzernbetriebsrat gebildet, der Antragsteller und Beteiligte zu 1) (Konzernbetriebsrat). Der Konzernbetriebsrat besteht auf der Grundlage einer tarifvertraglichen Regelung zu Größe und Zusammensetzung des Konzernbetriebsrats zwischenzeitlich aus jedenfalls 144 Mitgliedern. Der Beteiligte zu 2) ist Arbeitnehmer der Arbeitgeberin, Vorsitzender des örtlichen Betriebsrats, Vorsitzender des Konzernbetriebsrats und Mitglied des ebenfalls gebildeten Europäischen Betriebsrats (Konzernbetriebsratsvorsitzender).
Der Konzernbetriebsratsvorsitzende war im Rahmen der für den örtlichen Betriebsrat gemäß § 38 Abs. 2 BetrVG vorgesehenen Freistellungen zunächst zu 100% von seiner beruflichen Tätigkeit freigestellt. Seit Mai 2016 ist der Konzernbetriebsratsvorsitzende gemäß Beschluss des örtlichen Betriebsrats nunmehr zu 50% freigestellt.
Der örtliche Betriebsrat hat in einem anderen Verfahren unter Hinweis auf die zusätzlich anfallende Arbeit wegen der Stellung eines Mitglieds auch als Konzernbetriebsratsvorsitzender weitere Freistellungen über die Staffel gemäß § 38 Abs. 2 BetrVG hinaus geltend gemacht. Dieses Verfahren haben die Beteiligten übereinstimmend für erledigt erklärt.
Der Konzernbetriebsrat fasste am 17. Juni 2014 den Beschluss, der Konzernbetriebsratsvorsitzende sowie drei weitere Mitglieder des Konzernbetriebsrats "sollen zur Bewältigung der umfassenden Aufgaben des KBR jeweils zu 50% für ihre Tätigkeit im KBR freigestellt werden. Ggf. vorhandene Freistellungen in den Betriebsräten der entsendenden Unternehmen entfallen in dem Umfang, in dem die Freistellungen im KBR durch den Konzern bestätigt und wahrgenommen werden" und teilte dies der Konzernmutter am 8. August 2014 mit. Im Rahmen der weiteren Erörterungen teilte der Konzernbetriebsrat mit, aufgrund welcher Aufgaben eine Freistellung in diesem Umfang erforderlich sei. Die Konzernmutter lehnte eine Freistellung ab.
Mit ihrem am 17. April 2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag haben der Konzernbetriebsrat und der Konzernbetriebsratsvorsitzende das Freistellungsbegehren weiterverfolgt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Ein entsprechender Anspruch ergebe sich aus § 59 Abs. 1 BetrVG i.V.m. § 37 Abs. 2 BetrVG. Nach § 37 Abs. 2 BetrVG sei auch eine generelle Freistellung von der beruflichen Tätigkeit für einen bestimmten Teil der Arbeitszeit möglich. Die Regelung in § 38 BetrVG sei als Konkretisierung des § 37 Abs. 2 BetrVG zur Freistellung ohne konkreten Nachweis der Erforderlichkeit zu verstehen. Die Freistellung sei - wie im Einzelnen näher ausgeführt wird - aufgrund der dauerhaft anfallenden Arbeiten des Konzernbetriebsratsvorsitzenden für den Konzernbetriebsrat erforderlich. Aufgrund der Konzernstruktur fehle die "Zwischenebene" eines Gesamtbetriebsrats weitgehend, der Konzernbetriebsrat nehme auch ansonsten einem Gesamtbetriebsrat obliegende Aufgaben wahr. Die anfallenden Aufgaben seien nicht von den Freistellungen auf örtlicher Ebene umfasst. Der Freistellungsanspruch bestehe unabhängig von den Verhältnissen in den örtlichen Betriebsräten.
Der Konzernbetriebsrat und der Konzernbetriebsratsvorsitzende haben beantragt,
1. festzustellen, dass Herr R. S. auf Grund des Beschlusses des Konzernbetriebsrates der H.-Kliniken GmbH vom 17.06.2014 für seine Tätigkeiten als Konzernbetriebsratsvorsitzender der H.-Kliniken GmbH in Höhe von 50 % seiner Beschäftigungszeit freigestellt ist;
hilfsweise
2. festzustellen, dass eine Freistellung des He...