Entscheidungsstichwort (Thema)
Internetzugang für Betriebsrat
Leitsatz (amtlich)
Der Zugang zum Internet als allgemein genutzte, umfassende Informationsquelle ist regelmäßig als erforderlich für die Betriebsrattätigkeit i.S.d. § 40 Abs. 2 BetrVG anzusehen, es sei denn, berechtigte Interessen des Arbeitgebers rechtfertigen ausnahmsweise eine andere Beurteilung. Welche konkreten Aufgaben der Betriebsrat wahrnimmt ist dabei ohne Belang.
Normenkette
BetrVG § 40
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Beschluss vom 05.12.2007; Aktenzeichen 30 BV 7578/07) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 5. Dezember 2007 – 30 BV 7578/07 – wird zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten in dem Beschwerdeverfahren über die Verpflichtung der zu 2) beteiligten Arbeitgeberin, dem Betriebsrat Zugang zum Internet zu verschaffen.
Die Arbeitgeberin betreibt Baumärkte. Antragsteller ist der erstmals für die Filiale T. gebildete, aus drei Mitgliedern bestehende Betriebsrat. Er verfügt über einen Personalcomputer mit Netzwerkanschluss, mit dem er an das unternehmensweite Intranet angeschlossen ist und E-Mails versenden und empfangen kann. Einen Zugang zum Internet hat der Betriebsrat im Gegensatz zur Marktleitung nicht. In der Filiale T. werden ca. 50 Mitarbeiter beschäftigt.
Der Betriebsrat hat mit dem am 7. Mai 2007 eingeleiteten Beschlussverfahren u.a. geltend gemacht, ihm müsse ein Zugang zum Internet zur Verfügung gestellt werden. Das Internet stelle eine wichtige Informationsquelle dar, die zudem von der Arbeitgeberin in den betriebsverfassungsrechtlichen Auseinandersetzungen genutzt werde. Der Internetanschluss führe zu keinen weiteren Kosten für die Arbeitgeberin; es sei lediglich erforderlich, den Personalcomputer durch die zentrale EDV-Abteilung freizuschalten. Die Arbeitgeberin ist dem Antrag entgegengetreten. Der Betriebsrat benötige einen Zugang zum Internet, der zu einer erheblichen Kostenbelastung führe, nicht. Durch die Vernetzung mit dem Intranet könne es zu erheblichen Störungen durch Viren und Störprogrammen kommen.
Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 5. Dezember 2007 die Arbeitgeberin verpflichtet, dem Betriebsrat einen Internetzugang zu verschaffen; wegen weiterer Anträge des Betriebsrats wurde das Verfahren von dem Arbeitsgericht bzw. der Beschwerdekammer eingestellt. Das Internet stelle eine allgemein genutzte Informationsquelle dar, die dem Betriebsrat nicht verwehrt werden könne, zumal die Einführung nicht zu erheblichen Kosten führe. Den von der Arbeitgeberin befürchteten Netzstörungen könne durch technische Schutzvorrichtungen begegnet werden.
Gegen diesen ihr am 3. März 2008 zugestellten Beschluss richtet sich die am 26. März 2008 eingelegte Beschwerde der Arbeitgeberin, die sie nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 13. Mai 2008 mit einem an diesem Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
Die Arbeitgeberin hält es weiterhin nicht für erforderlich, dass dem Betriebsrat ein ständiger Zugang zum Internet zur Verfügung steht. Bei Bedarf könne der Betriebsrat einen Internetanschluss außerhalb des Betriebs nutzen; eine Vernetzung mit dem vorhandenen Intranetanschluss sei nicht geboten. Soweit der Betriebsrat sich auf ein Informationsbedürfnis berufen habe, sei nicht festgestellt worden, ob dieses nach den konkreten betrieblichen Verhältnissen bestanden und nur durch das Internet habe gedeckt werden können; zudem sei der Betriebsrat anwaltlich beraten. Bei einem betrieblichen Zugang des Betriebsrats auf das Internet seien nicht nur die genannten technischen Störungen zu befürchten, sondern es könne auch nicht überprüft werden, welche Inhalte letztlich auf ihrem Computersystem aufgerufen würden.
Die Arbeitgeberin beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 5. Dezember 2007 – 30 BV 7578/07 – teilweise zu ändern und den Antrag zu 1c) aus der Antragsschrift zurückzuweisen.
Der Betriebsrat beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält die Arbeitgeberin unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiterhin für verpflichtet, ihm den geforderten Internetzugang zur Verfügung zu stellen. Er müsse sich fortlaufend über die geltende Rechtslage informieren, die von der Arbeitgeberin – z.B. bei der Bezahlung der Beschäftigten – ständig nicht eingehalten werde. Auch wolle er sich angesichts der im Kassenbereich bestehenden Zugluft und hoher Temperaturen in den Verkaufsräumen im Bereich Unfallverhütung und Arbeitsschutz über geltende Vorschriften informieren, die in gedruckter Form nicht mehr vorlägen oder nur zu hohen Kosten zu beziehen seien; zudem interessiere er sich zu diesen Themen für Vorlagen für Betriebsvereinbarungen, die er nur im Internet erhalten könne. Er benötige das Internet zudem, um sich einen Überblick über Schulungen für Betriebsräte verschaffen und...