Entscheidungsstichwort (Thema)
Entscheidung über die Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder
Leitsatz (amtlich)
Der Wahlvorstand hat in den Grenzfällen des § 9 BetrVG im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens einen gewissen Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder.
Normenkette
BetrVG §§ 9, 19
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 20.11.2014; Aktenzeichen 18 BV 7054/14) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 20.11.2014 - 18 BV 7054/14 - abgeändert und der Antrag der Beteiligten zu 1) zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der Betriebsratswahl vom 07.05.2014.
Die Beteiligte zu 1) (im Folgenden: Arbeitgeberin) betreibt ein Kino. Der Beteiligte zu 2) ist der im Betrieb der Arbeitgeberin am 07.05.2014 gewählte dreiköpfige Betriebsrat.
2010 beschäftigte die Arbeitgeberin 30 Mitarbeiter. In einer Betriebsversammlung im Jahr 2012 kündigte sie an, die Entscheidung getroffen zu haben, mit weniger Mitarbeitern zu arbeiten und an der Stelle von studentischen Hilfskräften oder geringfügig Beschäftigten Vollzeitbeschäftigte zu engagieren, was die Anzahl der "Köpfe" reduziere. Die Arbeitgeberin beschäftigte im Zeitraum 01.01.2013 bis 22.04.2014 zwischen 16 und mindestens 22 Arbeitnehmer. Hierzu gehörten zwei auf in der 3. Kalenderwoche 2014 neu geschaffenen Stellen als Organistin bzw. Assistentin der Geschäftsführung eingestellte Mitarbeiterinnen und eine in der 12. Kalenderwoche 2014 als Leiterin des Bereichs Gastronomie eingestellte Mitarbeiterin, die in der 17. Kalenderwoche 2014 wieder ausschied. Die Anzahl der Stellen für Filmvorführer reduzierte die Arbeitgeberin von ursprünglich 6 auf 2,5. Die Einsatzplanung der bei der Arbeitgeberin beschäftigten Arbeitnehmer erfolgt nach den Regelungen der Betriebsvereinbarung zur Dienstplangestaltung vom 01.07.2010 (Anlage BF 3, Bl. 377 ff. d. A.). Ferner setzte die Arbeitgeberin im Zeitraum vom 21.01.2013 bis 08.11.2013 insgesamt sechs Leiharbeitnehmer ein, darunter Frau S. vom 21.01.2013 bis 16.02.2013, Frau H. vom 18.02.2013 bis 14.06.2013 und Frau G. vom 03.06.2013 bis 08.11.2013, die nur zeitweise in die Dienstpläne mit aufgenommen wurden. Schließlich beschäftigte die Arbeitgeberin im Zeitraum September 2012 bis März 2014 in unterschiedlichen Zeiträumen von wenigen Wochen bis zu mehreren Monaten bis zu 16 Personen als Filmvorführer, Techniker und Servicekräfte, die ihre Leistungen gegenüber der Arbeitgeberin als Selbständige abrechneten. Dazu gehörten der Techniker Herr L., der seine Leistungen gegenüber der Arbeitgeberin unter dem Briefkopf der Firma S. GmbH abrechnete, deren Geschäftsführer er war (s. beispielhaft die Rechnung vom 08.10.2012, Anlage A 8, Bl. 242 d. A.), für die Arbeitgeberin in den Monaten September 2012 bis Februar 2013 und Mai 2013 bis März 2014 die Kinotechnik überholte und die bauaufsichtliche Abnahme übernahm sowie in den Monaten Oktober 2012 bis August 2013 und November 2013 bis März 2014 der in einem Jugendtheater fest angestellte und auch in anderen Bereichen selbständig tätige Techniker Herr M. mit monatlichen Arbeitszeiten von 4,00 bis 107,50 Stunden, der die Leitung von Abenddiensten übernahm, besondere Veranstaltungen abwickelte und die Datenpflege des Kassensystems ausführte. Zudem hatten die Techniker nach Weisung des Theaterleiters, dessen Assistentin oder des Abenddienstleiters die Bedienung, Wartung, Kontrolle und Problembeseitigung der DCP Digitalanlagen und weiteren technischen Geräte durchzuführen, waren für Auf- und Abbau von Bühnen und Equipment zuständig und wurden mitunter im Gastro- und Servicebereich, am Einlass und im Saaldienst eingesetzt. Den Einsatz der selbständig beschäftigten Mitarbeiter legte Herr H. für die Arbeitgeberin in einem Organisationsplan fest, den er nach in Einzelgesprächen erfolgter Abstimmung mit diesen erstellte, oder er teilte die Einsatzzeiten unmittelbar den selbständig Beschäftigten mit. Diese fragte er, ob sie Zeit und Lust hätten, für die Arbeitgeberin zu arbeiten. Wurde die Anfrage verneint, bemühte er sich darum, den jeweiligen Dienst mit einer anderen Person zu besetzen.
Dem im vereinfachten Wahlverfahren gebildeten Wahlvorstand übermittelte die Arbeitgeberin eine Wählerliste mit 18 Personen (s. Anlage A 2, Bl. 18 d. A.). Sie teilte dem Wahlvorstand zudem in dessen letzter Sitzung mündlich mit, dass im Hinblick auf Investitionen in digitale Filmvorführtechnik Personal reduziert werden solle. Der Wahlvorstand veröffentlichte am 22.04.2014 ein Wahlausschreiben, in dem er u. a. mitteilte, dass drei Betriebsratsmitglieder zu wählen seien und dass die Betriebsratswahl in einer Wahlversammlung am 07.05.2014 stattfinde. Hiergegen richtete sich ein schriftlicher Einspruch der Assistentin der Geschäftsführung vom 23.04.2014 (Anlage A 3, Bl. 19 d. A.). Am 07.05.2014 wurde der Beteiligte zu 2) mit drei Mitgliedern gewählt, ...