Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustimmungsersetzung zur Einstellung von Leiharbeitnehmern. vorläufige personelle Maßnahme. Bestreiten der Dringlichkeit. Billigung
Leitsatz (redaktionell)
Genügt eine Ausschreibung nicht der mit dem Betriebsrat getroffenen Betriebsvereinbarung über interne Stellenausschreibungen, kann der Betriebsrat die Zustimmung zur Einstellung verweigern.
Normenkette
BetrVG §§ 99-100
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Beschluss vom 23.06.2010; Aktenzeichen 44 BV 5078/10) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird – unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde des Betriebsrats im Übrigen – der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 23. Juni 2010 – 44 BV 5078/10 – abgeändert und neu gefasst:
Der Antrag der Arbeitgeberin, gerichtet auf Ersetzung der Zustimmung zur Einstellung der Leiharbeitnehmerinnen A. S. und I. H. wird zurückgewiesen.
Es wird festgestellt, dass die vorläufige Beschäftigung der Leiharbeitnehmerinnen A. S. und I. H. als gebilligt gilt.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur befristeten Einstellung zweier Arbeitnehmerinnen als Sterilisationsassistenten im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung für die Zeit vom 15. März 2010 bis zum 14. März 2011 und die dringende Erforderlichkeit der einstweiligen Durchführung dieser Maßnahme.
Die Arbeitgeberin erbringt als Tochterunternehmen für die C. U. Berlin sämtliche Dienstleistungen im technischen, kaufmännischen und infrastrukturellen Facility Management. Der vormalige Antragsgegner und Beschwerdeführer ist der bei ihr gebildete Betriebsrat.
Die Beteiligten schlossen am 21. September 2009 eine Betriebsvereinbarung über Auswahlrichtlinien und Stellenausschreibungen, die u. a. Regelungen zu innerbetrieblichen Stellenausschreibungen, die bei geplanten Einstellungen dem Betriebsrat vorzulegenden Unterlagen sowie Kriterien der Bewerberauswahl. Danach sind frei werdende Stellen innerbetrieblich auszuschreiben. Die Stellenausschreibungen sind im Intranet und /oder der Internetseite der Antragstellerin zu veröffentlichen sowie zusätzlich auf den Campi der CCM, CVK, CBF in verschließbaren Glasschaukästen auszuhängen. Dabei hat die Stellenausschreibung einer Musterausschreibung (Anlage 2 zur Betriebsvereinbarung, Bl. 121 d. A.) zu entsprechen und Angaben zum Unternehmen, zur Stelle, zu den Hauptaufgaben, zu den fachlichen Anforderungen sowie zum Bewerbungsverfahren zu enthalten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Betriebsvereinbarung vom 21. September 2009 (Anlage Ast 6, Bl. 65 – 71 d. A.) ergänzend Bezug genommen.
Mit Stellenausschreibung vom 06. Januar 2010 (Anlage Ast 1, Bl. 23 d. A.) schrieb die Arbeitgeberin insgesamt sieben Stellen für Sterilisationsassistenten aus. Die Arbeitgeberin informierte den Betriebsrat über die Stellenausschreibung und wandte sich außerdem an die Bundesagentur für Arbeit mit der Bitte um Vermittlungsvorschläge schwerbehinderter arbeitsloser oder arbeitssuchender Menschen. Eine Antwort von der Bundesagentur erfolgte nicht.
Am 08. März 2010 beantragt die Arbeitgeberin beim Betriebsrat die Zustimmung zur Einstellung der Arbeitnehmerinnen S. und H. für den Zeitraum vom 15. März 2010 bis zum 14. März 2011 auf dem mit dem Betriebsrat in der Betriebsvereinbarung vom 21. September 2009 vereinbarten Formular. Bei diesen Arbeitnehmerinnen handelt es sich um Arbeitnehmerinnen der Fa. Cl. F. M.-Z. GmbH, die über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung verfügt und an der die Arbeitgeberin nicht beteiligt ist. Der Betriebsrat meldete mit Schreiben vom 11. März 2010 weiteren Informationsbedarf an und verweigerte die Zustimmung zur Einstellung. Der Betriebsrat hat seine Zustimmungsverweigerung zunächst darauf gestützt, dass ihm nicht alle notwendigen Informationen vorgelegen hätten. Unter anderem heißt es:
„(…) – Die innerbetriebliche Ausschreibung ist unterblieben, so dass insoweit dasZustimmungsverweigerungsrecht auf § 99 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG gestützt wird. (…)”
In der Folge äußert der Betriebsrat, dass die Einstellungen Nachteile für die Belegschaft mit sich brächten, sie gegen die Europäische Sozialcharta verstießen, es sich um eine konzerninterne Leiharbeit und deshalb um eine unzulässige Umgehungskonstruktion handele. Außerdem moniert der Betriebsrat, dass Bewerbungsunterlagen nicht vorgelegt worden seien und ein Einsatz von Leiharbeitnehmern nach der Betriebsvereinbarung nur für eine Höchstdauer von drei Monaten zulässig wäre.
Mit Schreiben vom 22. März 2010 unterrichtete die Arbeitgeberin den Betriebsrat über die vorläufige Beschäftigung der beiden Leiharbeitnehmerinnen nach § 100 BetrVG. Hierauf meldete der Betriebsrat erneut weiteren Informationsbedarf an und teilte mit, dass er der vorläufigen Maßnahme nicht zustimme.
Mit ihrem am 29. März 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag hat die vormalige Antragstellerin die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung der Leiharbeitnehmerinnen S. und H. ...