Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe. Auslegung eines Bewilligungsbeschlusses

 

Leitsatz (amtlich)

Vergleichsmehrwert, ausdrücklicher Antrag, stillschweigender Antrag, Hinweispflicht des Gerichts

 

Normenkette

ZPO §§ 114, 117, 139

 

Verfahrensgang

ArbG Potsdam (Beschluss vom 23.09.2010; Aktenzeichen 5 Ca 502/10)

 

Tenor

1.) Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Potsdam vom 23. September 2010 – 5 Ca 502/10 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2.) Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Der beschwerdeführende Kläger begehrt die Erstreckung der bereits bewilligten Prozesskostenhilfe auf den Mehrwert eines geschlossenen Vergleichs.

Der Kläger hat sich mit seiner am 10. März 2010 beim Arbeitsgericht Potsdam eingegangenen Kündigungsschutzklage gegen eine außerordentliche fristlose Kündigung vom 26. Februar 2010 gewandt und die Feststellung ihrer Unwirksamkeit begehrt sowie einen Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits geltend gemacht. Gleichzeitig hat er in der Klageschrift die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Frau Rechtsanwältin W. beantragt.

Mit dem am 23. März 2010 beim Arbeitsgericht Potsdam eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag hat der Kläger die Klage gegen eine weitere Kündigung vom 02. März 2010 erweitert und auch hiefür die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten beantragt.

Durch schriftliche Annahme eines gerichtlichen Vergleichsvorschlages vom 15. Juni 2010 schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich, dessen Zustandekommen durch das Arbeitsgericht Potsdam mit seinem Beschluss vom 30. Juni 2010 festgestellt wurde. Neben der Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zum 30. Juni 2010 verglichen sich die Parteien darin über eine bezahlte Freistellung bis zur Beendigung, über Abrechnungsansprüche für die Monate Februar bis Juni 2010 auf Basis einer Bruttovergütung in Höhe von 2.695,– EUR zuzüglich einer im Mai 2010 abzurechnenden Sonderzahlung in Höhe von 1.347,– EUR, über die Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses sowie die Erteilung verschiedener weiterer Arbeitspapiere.

Nachdem der Kläger die von ihm mit gerichtlicher Verfügung vom 01. Juli 2010 geforderten Belege zu seinem Prozesskostenhilfegesuch zur Akte gereicht hatte, hat das Arbeitsgericht Potsdam dem Kläger mit Beschluss vom 15. Juli 2010 für die Anträge aus der Klageschrift und aus der Klageerweiterung vom 23. März 2010 ratenlose Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten bewilligt.

Mit Beschluss vom 20. Juli 2010 hat das Arbeitsgerichts Potsdam den Gegenstandswert für die anwaltliche Gebührenberechnung für das Verfahren auf 13.500,– EUR und für den Vergleich auf 16.600,– EUR festgesetzt. Auf den Vergütungsfestsetzungsantrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 05. August 2010 teilte der Rechtspfleger dem Prozessbevollmächtigten mit, dass die aus dem Mehrwert beantragten Rechtsanwaltsgebühren nicht erstattungsfähig seien, weil eine Bewilligung hierfür nicht erfolgt sei.

Weil das Arbeitsgericht bei der Berechnung der PKH-Vergütung den Vergleichsmehrwert nicht berücksichtigen wollte, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 07. September 2010, eingegangen beim Arbeitsgericht Potsdam am 10. September 2010 beantragt, ihm Prozesskostenhilfe auch für den im Vergleich enthaltenen Mehrwert zu bewilligen. Diesen Antrag hat das Arbeitsgericht Potsdam mit Beschluss vom 23. September 2010 zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, ein Vergleichsmehrwert des Vergleichs sei von der Bewilligung nicht erfasst. Insoweit bedürfe es eines ausdrücklichen Antrags, der nicht gestellt sei.

Gegen diesen Beschluss hat der Kläger mit dem am 28. September 2010 beim Arbeitsgericht Potsdam eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt.

Der Kläger macht geltend, ihm sei Prozesskostenhilfe für die 1. Instanz mit Wirkung vom 10. März 2010 und für die Klageerweiterung mit Wirkung ab dem 23. März 2010 bewilligt worden. Das Gericht habe erst nach der Feststellung des Zustandekommens des Vergleichs durch Beschluss vom 30. Juni 2010 über den Prozesskostenhilfeantrag entschieden. Der Kläger habe deshalb davon ausgehen dürfen, dass der Mehrwert des Vergleichs, der durch den vorhergehenden Beschluss festgestellt worden sei, von der Bewilligung erfasst sei. Das Arbeitsgericht habe umfassend Prozesskostenhilfe bewilligt; dies umfasse auch den Mehrwert des abgeschlossenen Vergleichs.

Das Arbeitsgericht Potsdam hat der Beschwerde mit Beschluss vom 15. Oktober 2010 nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt ergänzend Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige Beschwerde des Klägers ist gemäß § 11 a Abs. 3 ArbGG i. V. m. §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567 Abs....

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