Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Auskunft/Buchauszug. Klägerisches Interesse als Wertbestimmung für die Höhe an Anwaltsgebühren. § 23 Abs. 1 RVG als Bewertungsgrundlage für Rechtsanwaltsgebühren in Stufenklage. Pflicht zur Berücksichtigung der Kosten der Auskunftserteilung beim Gegenstandswert
Leitsatz (amtlich)
1. Die Bewertung des Gegenstandswerts einer Stufenklage hat für die Anwaltsgebühren nach § 23 Abs. 1 RVG iVm. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG (juris: GKG 2004), § 44 GKG (juris: GKG 2004), § 3 ZPO zu erfolgen. Nach § 44 GKG (juris: GKG 2004) ist im Falle einer Stufenklage für die Wertberechnung nur einer der verbundenen Ansprüche - und zwar der höhere - maßgebend.
2. Wertbestimmend für die Berechnung der erstinstanzlichen Gebühren ist das klägerische Interesse (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 14. Februar 2014 - 6012/14, Nr. 1), wobei es - da der Leistungsanspruch bei Einreichung der Stufenklage mangels Auskunft nicht exakt beziffert werden kann - einer Schätzung nach § 3 ZPO bedarf (vgl. BGH 4. Februar 2015 - III ZR 62/14, Rn. 2, mwN; TZA/Ziemann 1 A 487; Nissen/Elzer, MDR 2021, 1161).
3. Demgegenüber kommt es in der Rechtsmittelinstanz darauf an, inwieweit die das Rechtsmittel führende Partei durch die angefochtene Entscheidung beschwert ist. Ist eine Verurteilung zur Auskunftserteilung erfolgt und legt die beklagte Partei das Rechtsmittel ein, sind daher die Kosten der Auskunftserteilung zu berücksichtigen (TZA/Ziemann 1 A 492).
Normenkette
GKG (2004) § 48 Abs. 1 S. 1, § 44; RVG § 23 Abs. 1; ZPO § 3; RVG § 33 Abs. 9
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 16.12.2021; Aktenzeichen 34 Ca 3074/21) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 16. Dezember 2021 - 34 Ca 3074/21 - teilweise abgeändert und der Gegenstandswert für das Verfahren und den Vergleich auf 30.000 Euro festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführer haben den Kläger erstinstanzlich in einem Rechtsstreit vertreten, in dem dieser im Rahmen einer Stufenklage Auskunft/Buchauszug und Zahlung der sich daraus ergebenden Provisionen/Prämien beansprucht hat. Mit seiner Beschwerde macht der Klägervertreter die Festsetzung eines Gegenstandswerts in Höhe der erwarteten Kosten für die Erteilung der Auskunft (53.550 Euro) geltend.
Der Kläger hat in der Klageschrift seine Erwartung bezüglich des mit dem Leistungsantrag realisierbaren Betrags mit 30.000 Euro angegeben. Am 16. November 2021 schlossen die Parteien einen Vergleich, in dem sie sich nach beendetem Arbeitsverhältnis auf Zahlung einer restlichen Provision in Höhe von 10.000 Euro sowie eine Übernahme der Anwaltskosten des Klägers durch die Beklagte geeinigt haben.
Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert auf 5.000 Euro festgesetzt. Es hat der Beschwerde mit Beschluss vom 5. Januar 2022 nicht abgeholfen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und teilweise begründet. Das Interesse des Klägers - und damit der hier relevante Gegenstandswert - beträgt 30.000 Euro.
1) Die Bewertung des Gegenstandswerts einer Stufenklage hat für die Anwaltsgebühren nach § 23 Abs. 1 RVG iVm. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 44 GKG, § 3 ZPO zu erfolgen. Nach § 44 GKG ist im Falle einer Stufenklage für die Wertberechnung nur einer der verbundenen Ansprüche - und zwar der höhere - maßgebend.
Wertbestimmend für die Berechnung der erstinstanzlichen Gebühren ist das klägerische Interesse (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 14. Februar 2014 - 6012/14, Nr. 1), wobei es - da der Leistungsanspruch bei Einreichung der Stufenklage mangels Auskunft nicht exakt beziffert werden kann - einer Schätzung nach § 3 ZPO bedarf. Diese geschieht nach objektiven Anhaltspunkten, wobei anhand des Tatsachenvortrags des Klägers danach zu fragen ist, welche Vorstellungen er sich vom Wert des Leistungsanspruchs gemacht hat. Eine Grenze bilden nur nicht nachvollziehbare Wunschvorstellungen eines Klägers, die in seinem Tatsachenvortrag keine Grundlage finden (vgl. BGH 4. Februar 2015 - III ZR 62/14, Rn. 2, mwN; TZA/Ziemann 1 A 487; Nissen/Elzer, MDR 2021, 1161).
Demgegenüber kommt es in der Rechtsmittelinstanz darauf an, inwieweit die das Rechtsmittel führende Partei durch die angefochtene Entscheidung beschwert ist. Ist eine Verurteilung zur Auskunftserteilung erfolgt und legt die beklagte Partei das Rechtsmittel ein, sind daher die Kosten der Auskunftserteilung zu berücksichtigen (TZA/Ziemann 1 A 492).
2) Bei Zugrundelegung dieser Gesichtspunkte war hier ein Betrag in Höhe von 30.000 Euro für das Verfahren und den Vergleich anzusetzen.
Der Kläger hat in der Klageschrift hinsichtlich des Leistungsantrags seine potentiellen Erfolgsaussichten mit 30.000 Euro (4 x 7.500 Euro) errechnet. Im Rahmen des Vergleichs konnte er davon auch 10.000 Euro zzgl. seiner Anwaltskosten realisieren.
III.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 33 Abs. 9 RVG. Eine Gebühr ist angefallen.
IV.
Die Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstellen
Haufe-Index 15093846 |
FA 2022, 90 |