Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenhaftung nach gerichtlicher Entscheidung. Kein Wegfall der Gerichtsgebühren wegen Erledigung nach ergangenem Versäumnisurteil
Leitsatz (amtlich)
Die Gerichtsgebühren entfallen bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Teilvergleich und Teilklagerücknahme nicht, wenn zuvor ein Versäumnisurteil ergangen ist.
Normenkette
GKG-KV Vorbem. Nr. 8; GKG-KV Nr. 8210 Abs. 2; GKG § 29 Nr. 2
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 23.01.2020; Aktenzeichen 46 AR 99009/19) |
Tenor
Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 23.01.2020 - 46 AR 99009/19 und 54 Ca 13605/18 - wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Kläger hat sich mit seiner Klage gegen zwei Kündigungen seines Arbeitsverhältnisses gewandt, die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet und einen Zahlungsantrag angekündigt. Er hat in der mündlichen Verhandlung vom 04.03.2019 unter Klagerücknahme im Übrigen sich gegen die schriftliche Kündigung vom 28.09.2018 gewandt, für den Fall des Erfolges mit der Bestandsstreitigkeit die Verurteilung der Beklagten zur vorläufigen Beschäftigung verlangt sowie den angekündigten Zahlungsantrag gestellt. Das Arbeitsgericht hat diesen Klageanträgen durch Versäumnisurteil entsprochen. Nachdem die Beklagte gegen das Versäumnisurteil Einspruch eingelegt hatte, haben die Parteien den Rechtsstreit durch gerichtlich festgestellten Vergleich, der keine Kostenregelung enthält, beigelegt.
Der Beklagten wurden durch Kostenrechnung vom 21.05.2019 Gerichtskosten in Höhe von 906,00 EUR in Rechnung gestellt. Die hiergegen eingelegte Erinnerung der Beklagten wies das Arbeitsgericht durch Beschluss vom 23.01.2020 zurück.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 05.02.2020 eingelegte Beschwerde der Beklagten. Sie ist der Auffassung, dass Gerichtsgebühren bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch eine Teilklagerücknahme und einen gerichtlichen Vergleich nicht in Ansatz gebracht werden könnten, was sich aus einer entsprechenden Anwendung der Vorbemerkung 8 zu Teil 8 der Anlage 1 zum GKG (KV GKG) und der Nr. 8210 Abs. 2 KV GKG ergebe; der Erlass des Versäumnisurteils sei dabei ohne Belang.
II.
Die gemäß § 66 Abs. 2 GKG statthafte Beschwerde ist unbegründet.
Das Arbeitsgericht hat die Erinnerung der Beklagten gegen den Kostenansatz der Kostenrechnung vom 21.05.2019 zu Recht zurückgewiesen.
1. Die Beklagte haftet gemäß § 29 Nr. 2 GKG für die Hälfte der entstandenen Gerichtskosten. Die Kosten des Rechtsstreits sind als gegeneinander aufgehoben anzusehen, weil der gerichtlich festgestellte Vergleich keine Kostenregelung enthält (§ 98 ZPO). Eine vollständige Kostenhaftung des Klägers besteht bei dieser Sachlage gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 GKG nicht.
2. Mit der Einreichung der Klageanträge ist gemäß Nr. 8210 KV GKG eine 2,0 Verfahrensgebühr entstanden, die sich nach einem Gebührenstreitwert von insgesamt 85.666,64 EUR bestimmt. Die Bestandsstreitigkeiten sind mit dem Vierteljahresverdienst des Klägers in Höhe von 61.249,98 EUR (§ 42 Abs. 2 GKG) und der Zahlungsantrag mit 4.000,00 EUR zu bewerten. Ferner kommt dem als unechter Hilfsantrag anzusehende Antrag auf vorläufige Beschäftigung ein Wert in Höhe eines Bruttomonatsverdienstes in Höhe von 20.416,66 EUR zu, weil über ihn durch das Versäumnisurteil vom 04.03.2019 eine gerichtliche Entscheidung ergangen ist (§ 45 Abs. 1 Satz 2 GKG). Dass die Beklagte gegen das Versäumnisurteil Einspruch eingelegt hat, lässt diesen Wertansatz nicht entfallen. Dies führt zu einer Verfahrensgebühr in Höhe von 1.812,00 EUR und einem von der Beklagten zu tragenden Kostenanteil von 906,00 EUR (§ 34 Abs. 1 GKG).
3. Die Verfahrensgebühr ist nicht nach der Vorbemerkung 8 zu Teil 8 KV GKG entfallen. Die Parteien haben durch den gerichtlich festgestellten Vergleich nicht den gesamten Rechtsstreit erledigt, weil der Kläger zuvor einen Teil seiner Klage zurückgenommen hatte; es liegt deshalb lediglich ein Teilvergleich i.S.d. Vorbemerkung 8, Satz 2 zu Teil 8 KV GKG vor. Die Verfahrensgebühr ist auch nicht gemäß Nr. 8210 Abs. 2 Satz 1 KV GKG entfallen, weil vor der Erledigung des Verfahrens ein Versäumnisurteil ergangen ist.
4. Ob ein Wegfall der Gebühren bei einer Teilklagerücknahme und einem Teilvergleich durch eine Kombination der Vorbemerkung 8 zu Teil 8 und der Nr. 8210 Abs. 2 KV GKG eintritt (so LAG Düsseldorf, Beschluss vom 22.05.2017 - 13 Ta 584/16 - juris; LAG Hessen, Beschluss vom 18.07.2016 - 2 Ta 597/14 - juris; LAG Köln, Beschluss vom 28.08.2017 - 3 Ta 122/17 - NZA 2018, 1023), kann im vorliegenden Fall dahinstehen, weil Nr. 8210 Abs. 2 KV GKG infolge des am 04.03.2019 erlassenen Versäumnisurteils nicht einschlägig ist. Dass danach - wie der Kläger meint - eine Kostenprivilegierung nur ausgeschlossen ist, wenn der Rechtsstreit durch Versäumnisurteil erledigt wurde, trifft nicht zu. Vielmehr soll es bei einer Kostenhaftung verbleiben, wenn das Gericht eine Entscheidung treffen musste; selbst eine Gebühre...