Entscheidungsstichwort (Thema)
Minderheitsliste. Sachmittel. Minderheitenschutz
Leitsatz (amtlich)
1. Einer Vorschlagsliste zur Betriebsratswahl („Minderheitsliste”) stehen nach der Wahl im Zusammenhang mit der Geschäftsführung des neu gewählten Betriebsrats keine „eigenen” Aufgaben und Befugnisse zu. Sie kann daher nicht aus eigenem Recht vom Arbeitgeber oder von dem „Betriebsrat”, dem ihre Mitglieder selbst angehören, die Bereitstellung von Sachmitteln zur alleinigen Verfügung verlangen.
2. Die Mitglieder einer solchen Minderheitsliste haben gegenüber dem Betriebsratsgremium keinen Anspruch auf Bereitstellung eines Raums sowie entsprechender Büromittel wie Computer, Schreibtisch etc. zur alleinigen Verfügung. Das Betriebsratsgremium entscheidet in eigener Autonomie darüber, wie es seine personellen und sachlichen Ressourcen für seine Betriebsratsarbeit am besten nutzt.
Normenkette
ArbGG §§ 10, 81; BetrVG § 40
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Beschluss vom 07.02.2011; Aktenzeichen 17 BV 14806/10) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) bis 5) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 07. Februar 2011 – 17 BV 14806/10 – wird ebenso wie die Anträge der Beteiligten zu 6) zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
1. Die Beteiligten streiten darüber, ob der Betriebsrat einer bei der Wahl angetretenen Liste bzw. deren in den Betriebsrat gewählten Mitgliedern Räumlichkeiten und Sachmittel zur alleinigen Nutzung überlassen muss.
Die Beteiligte zu 8 (im folgenden Arbeitgeberin) ist ein international tätiges Unternehmen der Automobilindustrie, das unter anderem ein Werk in Berlin unterhält. Der Beteiligte zu 7 ist der dort nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählte Betriebsrat (im folgenden Betriebsrat) mit 21 Mitgliedern, von denen 6 Mitglieder freigestellt sind. Die Beteiligten zu 1 bis 5 sind Mitglieder dieses Betriebsrats. Sie kandidierten bei den Betriebsratswahlen 2010 für die Vorschlagsliste „Alternative”. Die Beteiligte zu 6 ist die Vorschlagsliste „Alternative”.
Bei den Betriebsratswahlen im März 2010 standen 3 Vorschlagslisten zur Wahl. Es entfielen mit 1.403 Stimmen 15 Betriebsratssitze auf die Vorschlagsliste der IG-Metall, mit 526 Wählerstimmen 5 Sitze auf die Vorschlagsliste „Alternative” und 1 Sitz auf die Liste „Faire Basis”. Fünf der freigestellten Betriebsratsmitglieder stammen aus der Vorschlagsliste der IG-Metall, ein freigestelltes Betriebsratsmitglied aus der Vorschlagsliste „Alternative”. Dabei handelte es sich zuletzt um den Antragssteller zu 3.
Die Arbeitgeberin stellte dem Betriebsrat auf dem Betriebsgelände ein eigenes Gebäude mit einem Sekretariat, 7 Büroräumen sowie zwei Besprechungszimmer zur Verfügung. Drei der Büroräume sind mit einem Arbeitsplatz sowie Besprechungsmöglichkeiten ausgestattet, 3 Büroräume mit jeweils zwei Arbeitsplätzen und 1 Raum mit vier Arbeitsplätzen. Die Arbeitsplätze sind mit Schreibtischen, Computern, Telefonen und Schränken eingerichtet. Die Besprechungszimmer sind jeweils mit einem PC ausgestattet. Zu ihrer Nutzung bedarf es der vorherigen Anmeldung im Sekretariat des Betriebsrats.
Die Verteilung der Büroräume erfolgte dergestalt, dass der Betriebsratsvorsitzenden und ihrem Stellvertreter (beide freigestellt und von der IG-Metall-Liste) einer der Büroräume mit einem Arbeitsplatz und Besprechungsmöglichkeiten zugewiesen wurde, den drei weiteren freigestellten Betriebsratsmitglieder, die aus der IG-Metall-Liste stammen, zwei der Büroräume mit jeweils zwei Arbeitsplätzen und dem freigestellten Betriebsratsmitglied der Liste „Alternative” einer der Büroräume mit zwei Arbeitsplätzen, den sich dieser mit einem nicht freigestellten Betriebsratsmitglied aus der IG-Metall-Liste, der in den Betriebsausschuss gewählt wurde, teilen muss. Der dritte Büroraum mit nur einem Arbeitsplatz wird von dem Schwerbehindertenvertreter genutzt. Der Büroraum mit vier Arbeitsplätzen ist für die nicht freigestellten Mitglieder vorgesehen. Diese Verteilung wurde mit einem Beschluss des Betriebsrats vom 21. Januar 2011 bestätigt.
Mit Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 21.05.2010 (Bl. 22 und 23 d.A.) forderten die Antragsteller die Arbeitgeberin auf, dem damals noch freigestellten Antragssteller zu 1 einen eigenen abschließbaren Büroraum mit entsprechendem PC, Telefon-, Fax- und Internetanschluss für die Betriebsratsarbeit zur Verfügung zu stellen. Diesem Schreiben war eine Gebühren-Berechnung ihres Verfahrensbevollmächtigten über 402,82 EUR beigefügt (Bl. 24 d.A.). Mit Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 25. Mai 2011 (Bl. 25 d.A.) wandten sie sich zugleich an den Betriebsrat und forderten diesen auf, sich bei der Arbeitgeberin für die Bereitstellung eines eigenen Büroraums einzusetzen.
Da die Arbeitgeberin die Bereitstellung weiterer Räumlichkeiten für den Betriebsrat ablehnte und auch die Gebührenrechnung nicht beglich, verfolgen die aus der Vorschlagsliste Alternative stammenden Betriebsratsmitglieder ihre Ansprüche in Bezug auf di...