Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütung tariflich bestimmter Arbeitsbereitschaft im Rettungsdienst des Landkreises Oder-Spree
Leitsatz (redaktionell)
1. Das monatliche Tabellenentgelt gemäß § 17 Abs. 1 des Tarifvertrages Rettungsdienst Landkreis Oder-Spree (TV-RD LOS) ist als Gegenleistung für die durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit geschuldet. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten hängt gemäß § 8 TV-RD LOS von der Intensität der Arbeit im Jahresdurchschnitt ab, wobei gemäß § 8 Abs. 2 und 3 TV-RD LOS 48 Stunden pro Woche geschuldet sind, soweit auch Arbeitsbereitschaft im Sinne des § 9 Abs. 3 TV-RD LOS zu leisten ist und der Anteil der Vollarbeit an der Gesamtarbeitszeit durchschnittlich 40 Prozent nicht überschreitet.
2. Aufgrund der Öffnungsklausel des § 8 Abs. 6 TV-RD LOS kann eine Betriebsvereinbarung in Abweichung von § 3 ArbZeitG eine Verlängerung der täglichen Arbeitszeit über acht Stunden hinaus auf 12 Stunden oder auf über 12 Stunden vorsehen (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ArbZeitG).
Normenkette
ArbZG § 7 Abs. 1 Nr. 1a; TVG § 4 Abs. 1, 3; BetrVG § 77 Abs. 4; ArbZeitG §§ 3, 7 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a); BetrVG § 76 Abs. 6 S. 1, § 77 Abs. 3, § 87 Abs. 1; TV-RD LOS § 8 Abs. 2; TV-RD LOS § 8 Abs. 3; TV-RD LOS § 8 Abs. 6; TV-RD LOS § 9 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt (Oder) (Entscheidung vom 16.06.2017; Aktenzeichen 6 Ca 654/16) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 16. Juni 2017 - 6 Ca 654/16 - teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin für die von ihr im Zeitraum von Januar 2015 bis einschließlich April 2016 geleisteten 24-Stunden-Dienste weitere Vergütung zusteht.
Die Klägerin ist seit 2010 Mitglied der komba Gewerkschaft, die ihrerseits der dbb tarifunion und seit Ende 2012 dem dbb beamtenbund und tarifunion angehört. Seit dem 14. Juli 2010 war die Klägerin beim DKR Kreisverband M. e.V. als Rettungsassistentin beschäftigt. Zum 1. Januar 2011 wurde das Arbeitsverhältnis von der Beklagten übernommen. Seit dem 1. Oktober 2012 ist die Klägerin im Bereich Beeskow als Rettungssanitäterin tätig und wird nach Entgeltgruppe 4 des zwischen der Beklagten und der dbb tarifunion abgeschlossenen Tarifvertrages Rettungsdienst Landkreis Oder-Spree (im Folgenden: TV RD LOS) vergütet.
Im zuletzt unter dem 30. August 2012 geschlossenen Arbeitsvertrag vereinbarten die Parteien u. a. Folgendes:
"2. Vertragsgrundlage
2.1 Auf das Arbeitsverhältnis findet der für die Rettungsdienst im Landkreis Oder-Spree GmbH jeweils gültige Tarifvertrag Anwendung, soweit einzelvertraglich nicht anderes vereinbart ist. Für die Zeit ab dem 1. Januar 2012 ist dies der Tarifvertrag Rettungsdienst Landkreis Oder-Spree vom 27. Juni 2012.
...
4. Arbeitszeit
4.1 Die regelmäßig vereinbarte Arbeitszeit beträgt 40,00 Stunden in der Woche.
4.2 Beginn, Ende, Lage und Verteilung der Täglichen Arbeitszeit sowie der Pausen werden durch Betriebsvereinbarungen und Dienstpläne im Einzelnen geregelt.
..."
Weiter enthält 14.1. des Arbeitsvertrages für Änderungen und Ergänzungen des Arbeitsvertrages eine doppelte Schriftformklausel. Wegen der Einzelheiten und des weiteren Inhalts des Arbeitsvertrages wird auf dessen Ablichtung (Bl. 5 ff. d. A.) verwiesen.
Der von der Beklagten und der dbb tarifunion am 27. Juni 2012 unterzeichnete und am 1. Januar 2012 in Kraft getretene TV RD LOS enthält - soweit hier von Bedeutung -auszugsweise folgende Regelungen:
"Abschnitt II - Arbeitszeit
§ 8 - Regelmäßige Arbeitszeit
(1) Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt durchschnittlich 40 Stunden wöchentlich,
...
b) einschließlich der Pausenzeiten für die Beschäftigten im Einsatzdienst auf Rettungswagen, Krankentransportwagen und Notarzteinsatzfahrzeugen
...
Die regelmäßige Arbeitszeit kann auf fünf Tage, aus notwendigen betrieblichen Gründen auch auf sechs Tage verteilt werden.
(2) Die Summe aus Vollarbeits- und Arbeitsbereitschaftszeiten nach § 9 Abs. 3 darf durchschnittlich 48 Stunden wöchentlich nicht überschreiten. Dabei darf der regelmäßige durchschnittliche Anteil der aktiven Arbeitszeitauslastung einen Anteil von 40 v. H. nicht überschreiten.
Protokollerklärung zu Absatz 2:
Das durchschnittliche Verhältnis von Arbeitsbereitschaft und aktiver Arbeitszeitauslastung ist von Arbeitgeber und Betriebsrat regelmäßig zu überwachen. Einer Betriebsvereinbarung nach Abs. 7 sind statistische Berechnungen eines 3-Monatszeitraumes über die durchschnittliche anfallende aktive Arbeitszeitauslastung zu Grunde zu legen.
(3) Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist ein Zeitraum von bis zu einem Jahr zu Grunde zu legen.
...
(6) Aus dringenden betrieblichen Gründen können in einer Betriebsvereinbarung auf der Grun...