Entscheidungsstichwort (Thema)

Parallelentscheidung zu LAG 7 Sa 795/18 v. 15.01.2019 sowie 9 Sa 799/18 v. 08.01.2019 u.a.

 

Leitsatz (amtlich)

Die Weiternutzung eines oder mehrerer Flugzeuge, die einen Teil der Flotte eines Luftverkehrsbetriebes ausmachen, durch ein anderes Luftverkehrsunternehmen stellt keinen Teilbetriebsübergang i. S. v. § 613 a BGB dar.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 2, § § 17 ff., § 24 Abs. 1-2; BGB § 613a

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 29.11.2018; Aktenzeichen 41 Ca 2670/18)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 29.11.2018 - 41 Ca 2670/18 - die Klage abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits bei unverändertem Streitwert.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in der II. Instanz nur noch um die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung eines Piloten im Rahmen einer Massenentlassung. Der Kläger war bei der Schuldnerin seit dem 17.04.2000 als Flugzeugführer gegen ein durchschnittliches Monatsentgelt i. H. v. zuletzt ..... EUR angestellt. Sein Stationsort war Leipzig. Der Beklagte ist der Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin, der ehemals zweitgrößten Fluggesellschaft in Deutschland.

Die Schuldnerin flog interkontinentale, innereuropäische und innerdeutsche Flugrouten. Als Luftfahrt-Drehkreuz ("Hub") dienten der Schuldnerin in Deutschland Berlin-Tegel und Düsseldorf. Von dort aus flog sie auch Langstreckenflüge. Vor dem Antrag auf Insolvenzeröffnung betrieb die Schuldnerin zuletzt nur geleaste Flugzeuge, insbesondere Flugzeuge der Kurz- und Mittelstreckenmuster der Airbus 320 Familie (A 319, A 320 und A 321) sowie Langstreckenflugzeuge des Musters Airbus A 330-200.

Mit Stand August 2017 hatte die Schuldnerin 6121 Arbeitnehmer, davon 1318 als Piloten und 3362 als Kabinenpersonal beschäftigt. Das fliegende Personal der Schuldnerin war in Deutschland an den Flughäfen Berlin-Tegel, Düsseldorf, München, Frankfurt, Nürnberg, Stuttgart, Leipzig, Köln, Hamburg und Paderborn stationiert. Für das Personal des Flugbetriebes war gem. § 117 BetrVG durch je einen "Tarifvertrag Personalvertretung" (TV PV) eine Personalvertretung (PV) für das Cockpitpersonal und für das Kabinenpersonal gebildet.

Ein Luftverkehrsunternehmen darf einen Passagierflugdienst nur mit einem "Flugverkehrsbetreiberzeugnis" (Air Opperate Certificate [AOC]) betreiben. Ein AOC wird nur erteilt, wenn die Fluggesellschaft technisches Führungspersonal ("nominated persons") benennen kann. Eine Luftfahrtgesellschaft benötigt bei den von ihr benutzten Flughäfen Start- und Landerechte für bestimmte, zeitlich aufeinander abgestimmte Zeitnischen ("slots"). Bei stark nachgefragten Flughäfen werden diese nach unionsrechtlichen Vorgaben als öffentlich-rechtliche Nutzungsrechte vergeben. Sie sind von hohem wirtschaftlichem Wert.

Ende 2016 schlossen Gesellschaften des L.konzerns und die Schuldnerin für sechs Jahre einen Wet-Lease Vertrag (Überlassung eines Flugzeugs mit Bedienungspersonal) für 38 von der Schuldnerin betriebenen Flugzeuge der A 320 - Familie ab ("Wet-Lease Rahmenvertrag").

Am 30.01.2017 genehmigte das Bundeskartellamt den Wet-Lease Rahmenvertrag.

Am 14.02.2017 schloss die Schuldnerin mit der PV Cockpit einen "Rahmen-Interessenausgleich zur Umstrukturierung der A. Berlin für das Cockpitpersonal". In der "Präambel" heißt es, dass die Schuldnerin die Organisationsstruktur des Flugbetriebs ändern müsse. Insbesondere erfolge "die Bereederung von Flugzeugen im Rahmen der mit der L. Group getroffenen Wet-Lease Vereinbarung und eine Neuausrichtung der verbleibenden Kapazitäten im Rahmen des Programms "new airberlin".

Gemäß dem Wet-Lease Rahmenvertrag flog die Schuldnerin auf ihrem AOC bis zum Insolvenzantrag 38 Flugzeuge im Wet-Lease für Gesellschaften der L. Group: 5 Flugzeuge für die L.tochter A. Airlines und 33 Flugzeuge für die L.tochter E. GmbH. Die Personalplanung für das fliegende Personal der im Wet-Lease geflogenen Maschinen erfolgte weiterhin durch die Schuldnerin. Die Flugplanung und die wirtschaftliche Verwertung der Flugkapazitäten gegenüber Flugpassagieren erfolgten durch E. bzw. durch die A. Airlines. Das für E. fliegende Kabinenpersonal sollte E. Uniformen erhalten. Wet-Lease Einsätze für E. erfolgten von den Stationen Hamburg, Düsseldorf, Köln, Stuttgart und München.

Im Mai/Juni 2017 kaufte die Komplementärin der Schuldnerin die "Luftfahrtgesellschaft W. mbH" (LGW), die zuletzt keine eigenen Flugstreckenrechte mehr hatte.

Am 15.08.2017 wurde über das Vermögen der Schuldnerin ein Insolvenzantragsverfahren in Eigenverwaltung eröffnet. Der Geschäftsbetrieb der Schuldnerin wurde vorerst weitergeführt.

Am 12.10.2017 gab die Schuldnerin u. a. folgende "Erklärung" ab (vgl. dazu die Erklärung Anlage B1 Bl. 98ff. d. A.):

...

Der vorläufige Gläubigerausschuss hat im Rahmen seiner 2. Sitzung am 21. September 2017 die Entscheidung getroffen, dass - vorbehaltlich einer abschließenden Entscheidung durch di...

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