Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostentragung trotz Obsiegens. Kostentragung durch obsiegende Partei im Berufungsverfahren. Ausschluss der Sozialkassenpflicht im Baugewerbe bei baugewerblicher Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
Wer einen Rechtsstreit in der zweiten Instanz nach verlorener erster Instanz nur deshalb gewinnt, weil er Tatsachen vorträgt, die er auch schon in erster Instanz hätte vortragen können, hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Normenkette
ZPO § 97 Abs. 2, § 91 Abs. 1; VTV Bau § 1
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 10.05.2012; Aktenzeichen 65 Ca 60536/11) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 10. Mai 2012 - 65 Ca 60536/11 - abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt der Kläger. Die Kosten der Berufung trägt der Beklagte.
III. Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 44.700,00 EUR festgesetzt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch um Mindestbeiträge nach dem Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) für die Zeit von Januar 2008 bis Dezember 2009.
In einer Neuanmeldung bei der Soka-Bau (Bl. 27-28 d.A.) hatte der Beklagte, der bereits zuvor als Fa. UBL firmierte, für eine UBL-U. GmbH am 9. Dezember 2009 angegeben, dass diese Straßenbauarbeiten erledige.
In einer Mitteilung der AOK P. Ch. vom 17. Januar 2012 (Bl. 29 d.A.) hatte diese angegeben, dass durch die Firma des Beklagten zu unterschiedlichen Zeitpunkten in der Zeit vom 20. Juli 2007 bis 15. Dezember 2010 insgesamt 10 Arbeitnehmer angemeldet gewesen seien. Vier dieser Arbeitnehmer sowie ein weiterer Arbeitnehmer waren nach einer Auskunft der IKK C. D. vom 26. Januar 2012 (Bl. 30 d.A.) zu unterschiedlichen Zeitpunkten in den Jahren 2008 und 2009 vom Beklagten als Arbeitnehmer angemeldet. Nach der unbestrittenen Behauptung der Klägerin sind die Beschäftigten des Betriebes bei der Bau-Berufsgenossenschaft versichert.
Der Kläger als die tarifvertraglich bestimmte Einzugsstelle der Sozialkassen des Baugewerbes behauptet, dass im Betrieb des Beklagten in den Kalenderjahren 2008 und 2009 arbeitszeitlich überwiegend Pflasterarbeiten und Tiefbauarbeiten verrichtet worden seien.
Der Beklagte hatte sich erstinstanzlich inhaltlich zur Klage nicht geäußert und lediglich im Termin darauf verwiesen, dass er - allerdings nicht für den streitigen Zeitraum - Beiträge an die Einzugsstelle des Garten- und Landschaftsbaus Beiträge leiste.
Mit Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 10. Mai 2012 wurde der Beklagte - soweit für die Berufung relevant - verurteilt, für die Kalenderjahre an die Klägerin Beiträge in Höhe von 44.700,-- EUR zu zahlen.
Zur Begründung führte das Arbeitsgericht aus, dass Pflaster- und Tiefbauarbeiten nach § 1 Abs. 2 Abschnitt V Ziffern 32 und 36 VTV zu den von den Sozialkassentarifverträgen erfassten Tätigkeiten gehören würden. Für die Frage, ob in einem Betrieb vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfasste Tätigkeiten verrichtet würden, sei auf die arbeitszeitlich überwiegende Tätigkeit der Arbeitnehmer abzustellen, nicht hingegen auf wirtschaftliche Gesichtspunkte wie Umsatz und Verdienst oder auf handels- und gewerberechtliche Kriterien. Für eine schlüssige Klage sei es ausreichend und erforderlich, dass der Kläger Tätigkeiten darlege, die vom Geltungsbereich des VTV erfasst würden und diese Tätigkeiten arbeitszeitlich überwiegen würden. Dazu könne er sich mangels Einblick in der Regel auf vermutete Tatsachen berufen und diese unter Beweis stellen. Erst wenn der Arbeitgeber Tatsachen vortrage, die gegen ein arbeitszeitliches Überwiegen von baugewerblichen Tätigkeiten sprechen würden, werde der Vortrag des Klägers dadurch nicht unschlüssig, unklar oder widersprüchlich. Es sei durch eine Beweisaufnahme festzustellen, ob die von dem Kläger behaupteten baugewerblichen Tätigkeiten arbeitszeitlich überwiegend erbracht worden seien.
Der Kläger habe die Mindestbeiträge für fünf Arbeitnehmer verlangen können, da man mangels anderer Anhaltspunkte von tariflichen Vergütungen als übliche Vergütungen ausgehen könne. Auch die geschätzten fünf Arbeitnehmer seien nicht zu beanstanden. Ein substantiiertes Bestreiten setze die Angabe der konkreten Anzahl der Arbeitnehmer, deren Beschäftigungszeiträume und die monatlichen Bruttolohnsummen voraus. Dieses habe der Beklagte unterlassen.
Gegen dieses dem Beklagten am 21. Juni 2012 zugestellte Urteil legte dieser Berufung ein und begründete diese mit der Behauptung, dass der Betrieb Bauleistungen nur im untergeordneten Umfang erbringe. Die Anmeldung als Neukunde habe sich lediglich auf die Absicht einer entsprechenden Firmengründung bezogen. Diese Absicht sei jedoch wieder eingestellt worden. Sie habe sich nicht auf den Betrieb des Beklagten bezogen. Stattdessen seien weiter im Einzelunternehmen überwiegend Arbeiten landschaftspflegerischer Art erbracht worden. Tiefbauarbeiten seien zu keinem Zeitpunkt vorgenommen ...