Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksamkeit einer Ausschlussklausel für Vergütung von Überstunden. Annahme vertraglich geschuldeter Leistungen bei Erbringung von Mehrarbeit. Darlegungslast bei der Geltendmachung von Überstunden. Überstunden wegen Erbringung "alltäglicher Aufgaben" zu unbestimmt. Unwirksamkeit einer Ausschlussfrist wegen fehlender Transparenz
Leitsatz (redaktionell)
1. Aus der Formulierung "in vertretbarem Volumen anfallende Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten" ergibt sich kein Ausschluss der Vergütung von Überstunden. Denn diese Regelung ist als Allgemeine Geschäftsbedingung nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB mangels Transparenz unwirksam.
2. Der Vortrag, zu bestimmten Zeiten mehr gearbeitet zu haben, beinhaltet die Behauptung, dabei vertraglich geschuldete Leistungen erbracht zu haben.
3. Der Hinweis auf Mehrarbeit wegen der Erbringung "alltäglicher Aufgaben" ist zu unbestimmt.
4. Eine Klausel mit Ausschlussfrist ist wegen fehlender Transparenz unwirksam.
Normenkette
BGB §§ 612, 305 Abs. 1 S. 1, § 307 Abs. 1 S. 2, § 310 Abs. 3 Nr. 2
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt (Oder) (Entscheidung vom 04.06.2020; Aktenzeichen 8 Ca 990/19) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 4. Juni 2020 - 8 Ca 990/19 - teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 147,97 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 40,38 Euro seit dem 3. Mai 2017, aus 60,57 Euro seit dem 1. Juni 2017 und aus 47,02 Euro seit dem 2. Mai 2018 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Von den Kosten der Berufung hat der Kläger 96,7 % und die Beklagte 3,3 % zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Vergütung von Überstunden.
Der 1982 geborene Kläger, der bei der Beklagten von 2006 bis 2009 eine Ausbildung zum Automobilkaufmann absolviert hatte, war bei der Beklagten auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 7./20. März 2016 in der Zeit vom 2. Mai 2016 bis 30. November 2018 als Leiter Innendienst/Assistent der Geschäftsleitung mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden und einer Bruttovergütung von 3.500 € monatlich beschäftigt.
Die Beklagte ist ein Unternehmen, welches Kommunaltechnik zur Verfügung stellt. Hierbei handelt es sich um Gartentechnik, die rund um die Garten- und Außenanlagenpflege sowie Sauberhaltung von Wegen benötigt wird. Die Geräte, Maschinen und Fahrzeuge werden verkauft oder vermietet, gewartet und repariert.
Im Arbeitsvertrag der Parteien ist auszugsweise Folgendes geregelt:
§ 2 Tätigkeit/Probezeit/Kündigung
...
Bei Beendigung des Anstellungsverhältnisses verfallen gegenseitige Ansprüche, wenn sie nicht binnen drei Monaten geltend gemacht werden.
§ 3 Gehalt/Arbeitszeit
...
In vertretbarem Volumen anfallende Überstunden sind im Gehalt abgegolten.
... Mehrarbeit kann durch freie Tage ausgeglichen werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird auf die als Anlage K1 zur Akte gereichte Kopie (Bl. 23 f. d. A.) Bezug genommen.
Im Innendienst waren neben dem Kläger Dirk K (Kundendienst, Mitarbeiter Service Kleingeräte, Meister), Steffi R (Teile und Zubehör) und Hans-Jürgen M (als Meister im Bereich Service Großgeräte, Winterdienstgeräte) beschäftigt.
Im Innendienst wurde in zwei Schichten von 07:30 Uhr bis 16:00 Uhr und von 09:30 Uhr bis 18:00 Uhr gearbeitet. Bis Juli 2017 war der Betrieb der Beklagten auch am Samstag von 09:00 Uhr bis 12.00 Uhr geöffnet und der Kläger von der Beklagten regelmäßig einmal monatlich zur Samstagsarbeit eingeteilt.
Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete durch Eigenkündigung des Klägers zum 30. November 2018.
In dem Arbeitszeugnis vom 30. November 2018 wird die Tätigkeit des Klägers wie folgt beschrieben:
Verkauf von Motorgeräten im Innendienst, Führung des Ladengeschäftes, Urlaubs- und Krankheitsvertretung leitender Mitarbeiter im Bereiche Ersatzteilbeschaffung und Werkstattservice bei deren Abwesenheit. Abwicklung von Garantieansprüchen, Führung von sonstiger Korrespondenz mit Kunden und verschiedenen Lieferanten, im Auftrag der Geschäftsleitung.
Wegen des vollständigen Inhalts des Zeugnisses wird auf die als Anlage K5 zur Akte gereichte Kopie (Bl. 123 d. A.) Bezug genommen.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 29. August 2019 begehrte der Kläger die Vergütung von 251,92 im Zeitraum Mai 2016 bis November 2018 geleisteter Überstunden.
Mit seiner beim Arbeitsgericht Frankfurt (Oder) am 26. September 2019 eingegangenen, der Beklagten am 8. Oktober 2019 zugestellten Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt.
Er hat behauptet, im Zeitraum Mai 2016 bis November 2018 insgesamt 251,92 Überstunden, die er in der Klageschrift tabellarisch aufgelistet hat, auf Anweisung der Beklagten geleistet zu haben. Die Überstunden seien in Vertretung der weiteren Mitarbeiter des Innendienstes bei deren Abwesenheit entstanden. Die Vertretung sei so organisiert gewesen, d...