Entscheidungsstichwort (Thema)
Bezugnahme auf Tarifvertrag. persönlicher Geltungsbereich des VersTV DFS 2009. Anpassung einer Betriebsrente
Leitsatz (redaktionell)
Tarifvertragliche Vereinbarungen über die Anpassung einer Betriebsrente können durch zeitlich nachfolgende Tarifverträge hinsichtlich der Steigerungsrate geändert werden.
Normenkette
BGB § 157; VersTV DFS (2009)
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 10.11.2011; Aktenzeichen 42 Ca 16541/10) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 10.11.2011 - 42 Ca 16541/10 und WK 42 Ca 4020/11 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der am ....1945 geborene Kläger stand im Anschluss an seine Tätigkeit bei der Bundesanstalt für F. auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags vom 30.08./07.09.1993 (ArbV; Bl. 7 - 8 GA) bis zum 31.10.2008 in den Diensten der Beklagten als deren Rechtsnachfolgerin. Seit dem 01.11.2008 bezieht der Kläger neben seiner gesetzlichen eine betriebliche Altersrente von anfangs 1.899,89 € brutto.
Gemäß § 1 Nr. 2 ArbV bestimmte sich das Arbeitsverhältnis des Klägers nach dem Manteltarifvertrag für die Mitarbeiter der Beklagten vom 07.07.1993 und den diesen ergänzenden, ändernden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung. In § 5 ArbV hieß es: "Es gilt der Versorgungstarifvertrag vom 20.08.1993."
§ 16 dieses Versorgungstarifvertrags (VersTV 1993; Abl. Bl. 9 - 22 GA) sah eine jährliche Anpassung der Betriebsrente von 2 % erstmals zum 01.01. des übernächsten Jahres nach Rentenbeginn vor. Unter Hinweis auf den Versorgungstarifvertrag vom 21.08.2009 (VersTV 2009; Abl. Bl. 222 - 230 GA) passte die Beklagte die Betriebsrente des Klägers zum 01.01.2010 um lediglich 1,25 % auf 1.923,64 € und zum 01.01.2011 auf 1.947,69 € an.
Neben aufgelaufenen Rückständen hat der Kläger zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn ab Februar 2011 monatlich 1.996,65 € statt 1.947,69 € brutto zu zahlen, und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, seine Betriebsrente nach Maßgabe des § 16 VersTV 1993 anzupassen.
Die Beklagte hat im Wege der Hilfswiderklage Rückzahlung von 8.597,38 € mit der Begründung verlangt, dass der Kläger im Falle einer statischen Verweisung auf den VersTV 1993 seine Betriebsrente auch nur auf der Grundlage der Vergütungsentwicklung bis November 2004, dem Zeitpunkt des Wechsels des Tarifpartners ver.di zur GdF, verlangen könne.
Das Arbeitsgericht Berlin hat die Klage abgewiesen und den Streitwert auf 70.497,69 € festgesetzt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, § 5 ArbV enthalte keine statische Verweisung, sondern lediglich einen deklaratorischen Hinweis, da es sich beim VersTV 1993 um einen den MTV i. S. d. § 1 Nr. 2 ergänzenden Tarifvertrag gehandelt habe. Gemäß § 305c Abs. 2 BGB gingen Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zwar zu Lasten des Verwenders, die hier jedoch nicht bestünden.
Ein Anspruch des Klägers ergebe sich auch nicht aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Dass die Beklagte Mitarbeitern, die bereits vor dem 18.11.2004 Betriebsrente oder eine Übergangsversorgung bezogen hätten, weiterhin eine jährliche Anpassung von 2 % gewähre, sei sachlich gerechtfertigt, weil diese keinen Einfluss mehr auf die Tarifverträge mit der GdF hätten ausüben können.
Gegen dieses ihm am 07.12.2011 zugestellte Urteil richtet sich die am 06.01.2012 eingelegte und am 06.03.2012 nach entsprechender Verlängerung der Begründungsfrist begründete Berufung des Klägers. Er sieht in § 5 ArbV nach dessen Wortlaut eine Ausnahme zu § 1 Nr. 2 ArbV. Dies ergebe sich auch daraus, dass eine Mitarbeiterbroschüre "Transparent" aus Juni 1993 (Abl. Bl. 324 GA) auch nach Abschluss seines Arbeitsvertrags weiterhin verwendet worden sei. Nach dieser hätte die Beklagte Leistungen aus dem seinerzeit angekündigten VersTV nicht einmal mit Zustimmung der Gewerkschaften kündigen können. Dementsprechend habe es in einem Informationsblatt vom 23.06.1993 (Abl. Bl. 23 GA) geheißen, dass eine Anpassung der Zusatzrente um 2 % pro Jahr garantiert werde. Dementsprechend habe der Leiter der Abteilung Personal- und Arbeitsrecht einem ehemaligen Mitarbeiter in der ersten Jahreshälfte 2010 bestätigt, in der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel eine statische Verweisung zu sehen.
Der VersTV 2009 sei ohnehin nicht auf ihn anwendbar, weil der einschlägige Teil A nach dessen § 1 Abs. 2 lit. a nicht für Beschäftigte gelte, die gesetzliche Alterrente bezögen.
Jedenfalls bestehe für die getroffene Stichtagsregelung kein sachlicher Grund. Ein Betriebsrentner habe nicht weniger Einflussmöglichkeiten auf die Versorgungstarifverträge als ein noch beschäftigter Mitarbeiter.
Der Kläger beantragt,
unter Änderung des angefochtenen Urteils
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 199,95 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus je 14,25 € für jeden ...