Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung Arbeitnehmer/freier Mitarbeiter nach Grad der persönlichen Abhängigkeit. Grundsatz der Entgeltgleichheit

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ob es sich im Rahmen der Prüfung des Rechtsverhältnisses um einen Arbeitnehmer oder einen freien Mitarbeiter handelt, bestimmt sich vor allem nach dem Grad der persönlichen Abhängigkeit. Dies auch beim Beruf des Online-Redakteurs, der in beiden Formen erbracht werden kann.

2. Der Arbeitnehmer muss die geschlechtsspezifische Diskriminierung bei der Entgeltzahlung darlegen.

 

Normenkette

BGB § 611a; EntgTranspG § 5 Abs. 2 Nr. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 01.02.2017; Aktenzeichen 56 Ca 5356/15)

 

Nachgehend

BVerfG (Nichtannahmebeschluss vom 01.06.2022; Aktenzeichen 1 BvR 75/20)

BAG (Urteil vom 25.06.2020; Aktenzeichen 8 AZR 145/19)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 1. Februar 2017 - 56 Ca 5356/15 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird für die Klägerin hinsichtlich des Auskunftsanspruchs gemäß § 10 Entgelttransparenzgesetz (Anträge zu VI.) zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rechtsnatur ihres Vertragsverhältnisses, im Rahmen einer Stufenklage über Auskunftsansprüche der Klägerin bezüglich des Entgelts von männlichen Kollegen und in der Folge um Entgeltansprüche aus dem Gesichtspunkt der Entgeltgleichheit, über die Höhe künftiger Entgeltansprüche sowie um Entschädigungs- und hilfsweise Schadensersatzansprüche.

Die 1971 geborene Klägerin studierte an der Universität der K. B. Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation (1991 - 1992) sowie an der FU B. Nordamerikastudien, Publizistik und Neuere Geschichte (1993 - 1998). Sie war als Redakteurin tätig, unter anderem 2005 bis 2007 für S.. Wegen der Einzelheiten des Lebenslaufs der Klägerin wird auf die als Anlage K44 R eingereichte Kopie (Bl. 1027 f. d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin führte mit dem seinerzeitigen Redaktionsleiter Dr. R. vor dem 23. März 2007 ein Einstellungsgespräch.

Die Klägerin war für die Beklagte, eine Anstalt öffentlichen Rechts, zunächst auf der Grundlage eines am 23. März 2007 geschlossenen Vertrages als Online-Redakteurin in der Redaktion F. in der Zeit von Mitte März 2007 bis 30. März 2007 tätig.

Der Vertrag vom 23. März 2007 enthält auszugsweise Folgendes:

Für den Vertrag gelten die Bestimmungen des Tarifvertrages für die auf Produktionsdauer Beschäftigten des Z in der ab 1. Oktober 2004 geltenden Fassung und zwar auch für solche Vertragspartner, bei denen der unter Nr. 1 des Tarifvertrages geregelte Geltungsbereich nicht eröffnet ist.

Titel der Produktion/Sendung: F. - 07/2007

Art der Mitwirkung: Online-Redakteurin

Termin der Produktion:

Beschäftigungszeiten 15.(19.)03. - 30.03.2007 (Montag bis Freitag) - 10 Tage

Ort der Produktion: B.

Pauschal für die festgelegte Vertragszeit gegen ein Honorar in Höhe von ... EUR

......

Besondere Vereinbarungen: ......

Wegen des vollständigen Inhaltes des Vertrages wird auf die als Anlage K 263 zur Akte gereichte Kopie (Bl. 3205 d. A.) Bezug genommen.

In einem weiteren Vertrag vom 23. März 2007 vereinbarten die Parteien eine Tätigkeit der Klägerin als Online-Redakteurin für die Redaktion F. in der Zeit vom 2. bis 30. April 2007 gegen ein Honorar in Höhe von ... EUR. Wegen der Einzelheiten des Vertrages wird auf die als Anlage K 264 zur Akte gereichte Kopie (Bl. 3204 d. A.) Bezug genommen.

Der Tarifvertrag für die auf Produktionsdauer Beschäftigten des Z in der ab 1. Oktober 2004 geltenden Fassung regelt unter anderem Folgendes:

1. Geltungsbereich

1.1 Dieser Tarifvertrag gilt für Verträge, die abgeschlossen werden zwischen dem Z und solchen Personen, die in oder bei Produktionen des Fernsehens unmittelbar und persönlich, datumsmäßig bestimmt oder durch die Dauer einer Produktion begrenzt, mitwirken. Er enthält tarifvertragliche Mindestbedingungen.

1.2 Dieser Tarifvertrag gilt nicht für Verträge, die zwischen dem Z und Arbeitnehmern im Sinne des § 1 MTV/Z abgeschlossen werden.

Für arbeitnehmerähnliche Personen im Sinne der Nr. 1.1 des Urhebertarifvertrages des Z gilt dieser Tarifvertrag nur, wenn und soweit dies im Vertrag ausdrücklich vereinbart ist.

1.3 ...

...

5. Beschäftigung

5.1 Die Tätigkeit des Mitwirkenden und ihr Umfang werden durch den Beschäftigungsvertrag bestimmt.

5.2 Die Beschäftigung erfolgt an den vereinbarten Orten. Sie kann auch an andere Orte verlegt werden, es sei denn, dass dies für den Mitwirkenden unzumutbar ist.

5.3 Der Mitwirkende hat zu den Zeiten und an den Orten, die ihm einzeln in Dienst-/Produktionsplänen oder in mündlichen Dispositionsabsprachen mitgeteilt worden sind, zu erscheinen oder sich zu den festgelegten Abrufzeiten erreichbar zur Verfügung zu halten.

5.4 Der Mitwirkende hat auf Wunsch des Z

a) die von ihm vertraglich übernommene Tätigkeit in der Vertragszeit auch für eine andere Produktion zu erbringen oder

b) eine andere gleichartige Tätigkeit in derselben Produktion zu übernehmen,

es sei denn, dass dies für ihn (z.B. aus küns...

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