Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit einer Klage auf höhere Leistungsvergütung nach dem ERA-TV Berlin-Brandenburg. Darlegungs- und Beweislast für die Richtigkeit der Beurteilung durch den Arbeitgeber
Leitsatz (amtlich)
1. Das nach Ziffer 14.4 ERA-TV Berlin-Brandenburg vorgeschriebene außergerichtliche Verfahren vor der Entgeltkommission bzw. der tariflichen Gütestelle ist durchzuführen, bevor eine Klage auf eine höhere Leistungsvergütung zulässig ist.
2. Wenn der Arbeitgeber die von ihm vorgenommene Leistungsbeurteilung anhand von Tatsachen konkretisiert hat, liegt die Darlegungs- und Beweislast für eine überdurchschnittliche Beurteilung beim Arbeitnehmer, für eine unterdurchschnittliche beim Arbeitgeber.
Normenkette
ERA-TV BB Nr. 14.4
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 19.01.2018; Aktenzeichen 17 Ca 13541/17) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 19. Januar 2018 - 17 Ca 13541/17 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage derzeit unzulässig ist.
II. Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
III. Der Gebührenwert für das Berufungsverfahren wird auf 923,22 EUR festgesetzt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Leistungsbeurteilung des Klägers im April 2016 und die daraus resultierende Leistungszulage von Juli 2016 bis März 2017 in Höhe von insgesamt 923,22 EUR brutto sowie einen Verzugsschaden von 7x40 EUR.
Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 13. April 1992 in der Betriebseinheit H E-F als Fertigungsentwicklungsingenieur beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft beiderseitiger Tarifbindung die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg Anwendung. Dazu gehört auch der Entgeltrahmentarifvertrag (ERA-TV) vom 14. April 2005. Dieser sieht in Ziffer 8.2 grundsätzlich die Zahlung von Leistungszulagen vor, auch wenn ein Anspruch auf eine individuelle Leistungszulage nicht besteht. Nach Ziffer 8.5 ERA-TV sind etwaige Beurteilungsverfahren betrieblich zu vereinbaren. Dazu haben die Betriebsparteien am 30. November 2012 eine Betriebsvereinbarung "für die Ermittlung der Leistungszulagen im Zeitentgelt, gemäß ERA-Tarifvertrag Ziffer 8, für die Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg" (BV) vereinbart. Diese beinhaltet wie vom Arbeitsgericht zutreffend festgestellt und zwischen den Parteien unstreitig einen Wert von 50 Punkten für eine durchschnittliche Leistung.
Nach Ziffer 3 der BV erfolgt
"die Beurteilung der Leistung durch die unmittelbare disziplinarische Führungskraft auf der Grundlage von Vorschlägen der jeweiligen Schichtführer, Vorarbeiter bzw. Teamleiter. Die Durchführung der Leistungsbeurteilung erfolgt in der Regel einmal jährlich im Monat März im Rahmen der Mitarbeitergespräche. Die Punktwerte der bis dahin bestehenden Leistungsbeurteilungen werden dazu jeweils im Monat März auf null Punkte gesetzt, um bei der Neubewertung der Leistung den Bezug zum alten Jahr zu vermeiden. Daraus resultiert eine komplette Neubewertung der Leistung sowie eine Neuberechnung der Leistungszulage. Bis zur Ermittlung der neuen Leistungszulage gem. Punkt 6 dieser Vereinbarung wird die bisherige Leistungszulage unverändert weiter gewährt."
In Ziffer 9 der BV ist geregelt:
Beanstandet ein Beschäftigter im Zeitentgelt seine Leistungsbeurteilung und wird dem Einspruch durch den Arbeitgeber nicht stattgegeben, so ist dieser der Entgeltkommission vorzulegen, die den Einspruch unverzüglich - grundsätzlich aber innerhalb von längstens 4 Wochen - abschließend zu behandeln hat.
Kommt die Entgeltkommission wider Erwarten zu keinem Ergebnis, so ist eine Entscheidung durch die tarifliche Gütestelle unverzüglich herbeizuführen.
Nach Ziffer 14.1 des ERA-TV wird im Betrieb eine paritätische Entgeltkommission aus Betriebsangehörigen gebildet. Weiter ist dort geregelt, dass die Arbeitsweise der Entgeltkommission betrieblich abzustimmen sei. Sie behandelt u.a. "Beanstanden der Leistungsbeurteilung im Zeitentgelt".
Zu diesem Gegenstand regelt Ziffer 14.4 des ERA-TV:
Beanstandet ein Beschäftigter im Zeitentgelt seine Leistungsbeurteilung und wird dem Einspruch durch den Arbeitgeber nicht stattgegeben, so ist dieser der Entgeltkommission vorzulegen, die den Einspruch unverzüglich zu behandeln hat.
Kommt die Entgeltkommission zu keinem Ergebnis, so ist eine Entscheidung durch die tarifliche Gütestelle unverzüglich herbeizuführen.
Im April 2015 wurde der Kläger mit 64,5 Punkten beurteilt, was bei einem Punktwert von 9,40 EUR einer Leistungszulage von 606,30 EUR brutto entsprach. Am 15. April 2016 erhielt der Kläger von der Beklagten eine Leistungsbeurteilung vom 14. März 2016 für die Zeit ab Juli 2016 mit einer Gesamtpunktzahl von 54. Dieses führte zu einer Reduzierung der Leistungszulage um 102,58 EUR brutto/mtl.
Mit Schreiben vom 13. Mai 2016 widersprach der Kläger der Leistungsbeurteilung vom 15. April 2016. Er k...