Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen Vortäuschung von Arbeitsunfähigkeit und wegen Verletzung der Arbeitspflicht
Leitsatz (redaktionell)
Eine Verletzung der Arbeitspflicht kommt grundsätzlich nach vorheriger Abmahnung zunächst nur als Grund für eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht (BAG - 2 AZR 182/06 - 07.12.2006). Ein Grund für eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses besteht darüber hinaus nur, wenn die Voraussetzungen einer sogenannten beharrlichen Arbeitsverweigerung vorliegen, die eine Nachhaltigkeit im Willen voraussetzt (hier: verneint).
Normenkette
BGB §§ 626, 626 Abs. 1, § 275
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 13.11.2014; Aktenzeichen 38 Ca 10407/14) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 13.11.2014 - 38 Ca 10407/14 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.
Der Kläger ist bei der Beklagten, einem Kleinbetrieb mit weniger als zehn Arbeitnehmern, seit dem 02. Oktober 2013 zunächst mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 16,5 Stunden und ab dem 05. Mai 2014 mit einer Wochenarbeitszeit von 35 Stunden gegen ein Gehalt in Höhe 1.100,- Euro als Fahrer mit Möbelträger-Tätigkeiten beschäftigt. Grundlage der Vertragsbeziehungen ist zuletzt der die Parteien verbindende Arbeitsvertrag vom 03. Mai 2014 (Anlage K 1, Bl. 5 - 10 d. A.), auf den wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird.
In der Zeit vom 30. Juni bis 04. Juli 2014 erschien der Kläger jeweils morgens zur Arbeit und erklärte, er könne aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeiten. Nach diesen Erklärungen verließ er sodann den Betriebssitz; einen Arzt suchte der Kläger nicht auf und legte für diese Tage auch keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor.
Am 05. Juli 2014 montierte der Kläger bei einer Kundin eine Küche. Den dafür vereinbarten Betrag kassierte der Kläger nicht. Die Gründe dafür sind zwischen den Parteien streitig. Am 07. Juli 2014 erschien der Kläger nicht zur Arbeit. Ob er sich an diesem Tag telefonisch krank meldete ist zwischen den Parteien streitig.
In der Zeit vom 07. bis 18. Juli 2014 war der Kläger - ärztlich attestiert - arbeitsunfähig erkrankt, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ging der Beklagten später zu einem nicht näher bezeichneten Zeitpunkt zu.
Mit Schreiben vom 07. Juli 2014, dem Kläger zugegangen am 10. Juli 2014, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum Kläger außerordentlich fristlos.
Dagegen hat sich der Kläger mit dem am 23. Juli 2014 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 22. Juli 2014 gewandt und die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung und den Bestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 15. August 2014 geltend gemacht.
Er hat die Auffassung vertreten, ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung läge nicht vor, so dass die Beklagte die Kündigungsfrist einzuhalten habe. Er sei ab dem 30. Juni 2014 krank gewesen und habe sich kaum bewegen können. Gleichwohl sei er zur Arbeit erschienen. Am 05. Juli 2014 habe er gearbeitet und eine Küche montiert. Das Kassieren des dafür vereinbarten Entgelts sei daran gescheitert, dass die Kundin auf einer Rechnung bestanden habe und nicht ohne Rechnung habe zahlen wollen. Im Anschluss sei er vom 07. bis zum 18. Juli 2014 krank geschrieben gewesen. Hierüber habe er die Beklagte telefonisch unterrichtet und die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung postalisch übersandt. Vor diesem Hintergrund könne ihm der Vorwurf der Arbeitsverweigerung nicht gemacht werden. Im Übrigen habe er nie eine Abmahnung erhalten. Vorwürfe, Leistungsrügen oder andere Unstimmigkeiten habe es ebenfalls nie gegeben.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die Kündigung der Beklagten vom 07. Juli 2014 nicht mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden ist, sondern bis zum 15. August 2014 fortbestanden hat.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags vorgetragen, der Kläger lege erklärtermaßen keinen Wert auf eine Beschäftigung bei der Beklagten. Er sei im Juni auf sie zugekommen, habe eine Krankheit behauptet und um einen Aufhebungsvertrag gebeten. Dieses Ansinnen habe sie abgelehnt und auf die Möglichkeit der Eigenkündigung verwiesen. Selbst zu kündigen, habe der Kläger nicht gewollt. Er sei dann in der Folge jeden Tag um 07:00 Uhr erschienen, habe behauptet krank zu sein und sei dann wieder gegangen. Einen Arzt habe der Kläger jedoch nicht aufgesucht, so dass das Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit gegeben sei. Durch dieses Verhalten habe er die Firma gefährdet, weil so keine Personalplanung möglich sei und Aufträge nicht hätten ausgeführt werden können. Am 04. Juli 2014 sei der Kläger ohne Krankmeldung nicht zur Arbeit erschienen. Hinzu kämen weitere Pflichtverl...