Entscheidungsstichwort (Thema)

Einmalige Geltendmachung des Differenzbetrages zur tariflichen Zuwendung bei Grundvergütung aus höchster Lebensaltersstufe. Feststellungsklage der Arbeitnehmerin bei unbegründetem Einwand des Anspruchsverfalls

 

Leitsatz (amtlich)

1. Hat eine Arbeitnehmerin, deren Arbeitsverhältnis dem BAT (i.d.F. d. Anwendungstarifvertrages Berlin) unterlag, die Grundvergütung aus der höchsten Lebensaltersstufe geltend gemacht, bedarf es für den sich hieraus ergebenden Differenzbetrag der Zuwendung nach dem TV Zuwendung keiner besonderen Geltendmachung.

2. Es handelt sich um "denselben Sachverhalt" i.S.d. § 70 Abs. 2 BAT, für den die einmalige Geltendmachung auch für später fällig werdende Leistungen ausreicht.

3. Dem steht nach Auffassung der Kammer nicht entgegen, dass sich der Anspruch auf Zuwendung im Jahr 2008 noch aus einem gesonderten Tarifvertrag ergab, da der Zuwendungsanspruch als solcher zwischen den Parteien nicht streitig war (a.A. LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.01.2013 - 13 Sa 2024/12).

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157, 611 Abs. 1; TV-Zuwendung §§ 1, 2 Abs. 1; BAT § 47 Abs. 2 S. 1, § 70 Abs. 2; ZPO § 256 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 23.08.2012; Aktenzeichen 58 Ca 20404/11)

 

Tenor

I. Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 23.08.2012 - 58 Ca 20404/11 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz zuletzt lediglich über die Frage der wirksamen Geltendmachung des Anspruchs der Klägerin auf Zahlung der Differenz auf die Zuwendung 2008, die sich bei Zugrundelegung der höchsten Lebensaltersstufe für die Berechnung der maßgeblichen Vergütung ergibt.

Die am ......1971 geborene Klägerin ist seit dem 14.07.1989 als Justizangestellte beim beklagten Land beschäftigt auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom gleichen Tag, in dem auf die jeweils geltenden Tarifverträge Bezug genommen wird, beschäftigt. Im Jahr 2008 erhielt sie Vergütung nach der Vergütungsgruppe VI b BAT, Lebensaltersstufe 37, woraus sich eine Grundvergütung in Höhe von 1.589,01 € ergab.

Mit Schreiben vom 02.10.2008 machte die Klägerin die Grundvergütung nach der höchsten Lebensaltersstufe geltend. In diesem Schreiben heißt es:

"nach dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 11.09.2008 (Az 20 Sa 2244/07) stellt die monatliche Vergütung aus einer niedrigeren als der höchsten Lebensaltersstufe der jeweiligen Vergütungsgruppe einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot wegen Alters nach dem AGG dar.

Ich erhalte gegenwärtig nach Maßgabe des Anwendungs-TV Land Berlin in Vergütungsgruppe VI b Grundvergütung aus der 37. Lebensaltersstufe. Ich verlange hiermit ab September 2008 Grundvergütung aus der höchsten ... 43. (in Vergütungsgruppen VI b, VII) ... Lebensaltersstufe. Im Rahmen der Ausschlussfrist mache ich außerdem die Nachzahlung des Differenzbetrages zwischen der bisherigen und der ab September 2008 beanspruchten Grundvergütung geltend."

Die Senatsverwaltung für I. und S. informierte die übrigen Senatsverwaltungen mit dem Rundschreiben vom 28.11.2011 (Rundschreiben I Nr. 124/2011) über die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 10.11.2011 - 6 AZR 148/09 - und wies darauf hin, dass nach Vorliegen der Entscheidungsgründe über etwaige Konsequenzen für die Beschäftigten entschieden werde, womit bis Jahresende jedoch nicht zu rechnen sei. Es bestünden jedoch im Einvernehmen mit der Senatsverwaltung für F. keine Bedenken, wenn zur Vermeidung einer Klageflut wegen drohender Verjährung von Ansprüchen aus dem Jahr 2008 der Verzicht auf die Einrede der Verjährung erklärt werde, soweit im Jahr 2008 wirksam geltend gemachte Ansprüche gem. § 70 BAT/BAT-O bzw. § 37 TV-L auf die Zahlung der Grundvergütung nach der höchsten Lebensaltersstufe gerichtet sind. Innerhalb ihres Geschäftsbereichs gab die Senatsverwaltung für J. und V. diese Information an die Dienststellen mit Rundschreiben vom 01.12.2011 weiter.

Mit ihrer am 27.12.2011 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen und dem Beklagten am 10.01.2012 zugestellten Klage hat die Klägerin 1. die Feststellung beantragt, dass der Beklagte im Zeitraum vom 01.04.2008 bis 31.12.2008 zur Zahlung des Differenzbetrages zwischen den ihr monatlich gezahlten Vergütungen der Vergütungsgruppe VI b Lebensaltersstufe 37 und der Lebensaltersstufe 43 nebst jeweils Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus der jeweiligen Nachforderung ab dem 01.02.2009 zu zahlen, sowie 2. die Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr den Differenzbetrag zwischen der ihr für die im Jahr 2008 gezahlte Sonderzuwendung und der ihr unter Berücksichtigung der höchsten Lebensaltersstufe zustehenden Sonderzuwendung nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2008 zu zahlen.

Das beklagte Land hat den Feststellungsantrag zu 1) mit der Einschränkung einer Zinsverpflichtung erst ab Rechtshängigkeit anerkannt, wora...

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