Entscheidungsstichwort (Thema)

Begriff des Arbeitnehmerentleihers bei Kettenleihe

 

Leitsatz (amtlich)

Kommt es zur Zwischenschaltung Dritter und damit zu einer sogenannten "Kettenleihe", so ist als Entleiher allein derjenige anzusehen, bei dem der Arbeitnehmer tatsächlich beschäftigt wird. Denn nur dieser übt für den konkreten Einsatz das ihm übertragene arbeitsbezogene Weisungsrecht aus.

 

Normenkette

BGB § 611; AÜG §§ 9-10

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 11.02.2015; Aktenzeichen 54 Ca 8951/14)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 11. Februar 2015 - 54 Ca 8951/14 - wird auch insoweit zurückgewiesen, als sie sich gegen die Feststellung eines Arbeitsverhältnisses seit dem 01. September 2006 richtet.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Hinsichtlich des Schlussurteils wird die Revision für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen nach Maßgabe der §§ 9, 10 AÜG seit dem 01.09.2006 ein Arbeitsverhältnis besteht.

Die Klägerin stand zunächst in vertraglichen Beziehungen zur "RF S.-M. und S. GmbH", später schloss sie einen als "Subunternehmervertrages" bezeichneten Vertrag mit der "CBS M. D." (Bl. 16 d. A.). Zuletzt vereinbarte sie mit Datum vom 21.08.2013 (Bl. 10 - 15 d. A.) mit der "P. S. GmbH" (im Folgenden PTB) einen "Kooperationsvertrag über Dienstleistungen auf Abruf" zur Durchführung von Aufgaben der PTB im Rahmen von Servicetätigkeiten für die Beklagte. Für die Einzelheiten dieses Vertrages wird auf Bl. 10 - 15 d. A. Bezug genommen. Keiner dieser Vertragspartner der Klägerin verfügte über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung.

Bei der Beklagten handelt es sich um ein Unternehmen der Automobilindustrie. Sie unterhält in Berlin u. a. eine Niederlassung am Salzufer sowie seit 2010 eine Niederlassung Unter den Linden (im folgenden MB G.), in der von der Beklagten vertriebene Fahrzeuge ausgestellt sowie sonstige Produkte der Beklagten präsentiert werden. In beiden Niederlassungen sind Mitarbeiter anderer Unternehmen als Hostessen tätig. Dazu nahm die Beklagte auf entsprechenden Formularen zunächst monatliche Bestellungen von Dienstleistungen bei der "G. S. GmbH" (im Folgenden GSG) vor. Diesen Bestellungen lag eine Vereinbarung zwischen der Beklagten und G. über die (widerrufliche) Erbringung von Hostessen- und Wagenmeisterdienste aus dem Jahr 2000 zugrunde. Wegen der Einzelheiten des Angebots von G. wird auf Bl. 988 - 989 d.A. Bezug genommen. Wegen der Einzelheiten dieser Bestellungen wird auf das Anlagenkonvolut B4 zum Schriftsatz der Beklagten vom 26.11.2014 (Bl. 262 - 269 d. A.) sowie auf die Anlage B 11 zum Schriftsatz vom 6.10.2015 Bezug genommen.

Ab September 2009 vereinbarte die Beklagte mit der GSG als "Einkaufsabschluss" bezeichnete Rahmenverträge über "Hostessen/Personaldienstleistungen für die Niederlassung Berlin". Dort heißt es u. a. unter der Überschrift "Auftragsausführung und Arbeitnehmerüberlassung":

1. Eine Weitervergabe eines Gesamtauftrages durch den Auftragnehmer an Nachunternehmer (Subunternehmer) ist ausgeschlossen. Die Weitervergabe von Teilen eines Auftrages an Nachunternehmer bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Auftraggebers.

2. Dem Auftragnehmer ist es untersagt, auf dem Betriebsgelände des Auftraggebers Erfüllungsgehilfen einzusetzen, die dem Auftragnehmer von Dritten kraft behördlicher Erlaubnis gem. § 1 Abs. 2 AÜG oder unter Missachtung gesetzlicher Vorschriften zur Arbeitsleistung überlassen worden sind.

3. Der Auftragnehmer führt die ihm übertragenen Aufträge in eigener Regie und Verantwortung aus. Für die Durchführung von Leistungen auf dem Betriebsgelände des Auftraggebers hat der Auftragnehmer nach Vereinbarung mit dem Auftraggeber einen oder mehrere, jedoch mindestens einen Repräsentanten einzusetzen. Repräsentanten müssen hinreichend fachlich qualifiziert sein und jederzeit die fachliche wie personelle Führung und unmittelbare Betreuung der vom Auftragnehmer eingesetzten Erfüllungsgehilfen sicherstellen.

4. Neben dem Auftragnehmer fungieren die Repräsentanten als ausschließliche Kontaktpersonen zum Auftraggeber und sind vom Auftragnehmer mit den erforderlichen Vertretungsbefugnissen auszustatten. Die Repräsentanten müssen für den Auftraggeber jederzeit - im Rahmen ihrer Tätigkeit - erreichbar sein.

5. Der Auftragnehmer verpflichtet sich für eine ausreichende Präsenz vom Repräsentanten während der Durchführung der übertragenen Aufträge Sorge zu tragen. Der Auftragnehmer hat dem Auftraggeber den zur Erfüllung des jeweiligen Auftrages eingesetzten Repräsentanten und deren Stellvertreter vorab zu benennen. Änderung der Repräsentanten sind dem Auftraggeber vor deren Wirksamwerden mitzuteilen." ...

Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Einkaufsabschlüsse wird auf das Anlagenkonvolut B1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 22. September 2014 (Bl. 113 - 126 d. A.) sowie auf das Anlagenkonvolut B 10 zum Schriftsatz der Beklagten vom 6.10.2015 Bezug genomm...

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