Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit des generellen Ausschlusses freigestellter Personalräte von einer Leistungsprämie durch Dienstvereinbarung
Leitsatz (amtlich)
Der generelle Ausschluss freigestellter Personalräte von einer Leistungsprämie ist auch in einer Dienstvereinbarung unzulässig. Gewährt der Arbeitgeber Leistungsprämien, bedarf es einer fiktiven Nachzeichnung des beruflichen Werdegangs des freigestellten Personalrats, um beurteilen zu können, ob er zum Kreis der prämienberechtigten Arbeitnehmer gehört.
Normenkette
TVöD § 18; Leistungs-TV Bund; BPersVG §§ 8, 46
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 16.11.2017; Aktenzeichen 58 Ca 15168/16) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des beklagten Landes sowie den zweitinstanzlichen Hilfsantrag des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 16. November 2017 - 58 Ca 15168/16 - teilweise abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen, soweit das Arbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung und Auskunft verurteilt und mehr als den unzulässigen Ausschluss des Klägers von der "Dienstvereinbarung über das übertarifliche Leistungsprämien- und Leistungszulagensystem für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer" vom 16.09.2015 aufgrund der Freistellung des Klägers als Personalratsmitglied festgestellt hat.
Demgemäß wird der Tenor klarstellend wie folgt neu gefasst:
1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte den Kläger nicht von der Anwendung der "Dienstvereinbarung über das übertarifliche Leistungsprämien- und Leistungszulagensystem für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer" vom 16.09.2015, abgeschlossen zwischen dem Bundesministerium der Verteidigung und dem HPR beim Bundesministerium der Verteidigung, durch Verweis auf die Freistellung des Klägers als Personalratsmitglied und § 2 Abs. 4 der DV ausschließen darf.
2. die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen, an wie viele Rechnungsführer der Entgeltgruppe 8 die Beklagte im Bundeswehr-Dienstleistungszentrum Berlin in welcher durchschnittlichen Höhe für das Jahr 2017 ein Leistungsentgelt gewährt hat,
3. es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den sich aus der Auskunft ergebenden Betrag als Leistungsentgelt für das Jahr 2017 an den Kläger zu zahlen, falls mehr als 9 Rechnungsführer ein Leistungsentgelt für das Jahr 2017 erhalten haben.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Parteien je zur Hälfte.
III. Der Gebührenwert des Berufungsverfahrens wird auf 3.623,34 EUR festgesetzt.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Feststellung der Unwirksamkeit eine Regelung in einer Dienstvereinbarung, nach der freigestellte Personalräte von dem übertariflichen Leistungsprämien- und Leistungszulagensystem ausgeschlossen sind. Sie streiten weiter über die Leistungsvergütung für das Jahr 2016 für den Kläger und eine entsprechende Auskunft und Zahlungsverpflichtung für das Jahr 2017.
Der Kläger ist 50 Jahre alt (geboren am .... 1967) und steht mindestens seit dem 3. Oktober 1990 bei der Beklagten in einem Arbeitsverhältnis. Seit Mai 1992 ist der Kläger aufgrund der Freistellung als Personalrat im Bundeswehr-Dienstleistungszentrum mit Ausnahme des Zeitraums einer zwischenzeitlichen Ausbildung zum Bezügerechner von August 2012 bis Januar 2013 und Rechnungsführer von Januar 2013 bis Juni 2013 vollständig von der Arbeitsleistung freigestellt. Er ist seit dem 1. Mai 2014 in die Entgeltgruppe 8 TVöD eingruppiert. Vor seiner Freistellung war der Kläger als Tischler beschäftigt, seit dem 17. April 2015 ist er - fiktiv - auf dem Dienstposten "Bürosachbearbeiter Nebengebührnisse (Rechnungsführer)". Die übrigen Rechnungsführer sind ebenfalls in die Entgeltgruppe 8 TVöD eingruppiert.
Die Beklagte (B. D., B. der V.) und der dort gebildete Hauptpersonalrat haben auf der Grundlage der ursprünglich nur für Beamte geltenden Verordnung des Bundes über leistungsbezogene Besoldungsinstrumente (BLBV) unter dem 16. September 2015 eine Dienstvereinbarung über die Einführung und Umsetzung eines übertariflichen Leistungsprämien- und Leistungszulagensystems für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (DV) abgeschlossen.
Nach § 2 Abs. 4 der DV gilt hinsichtlich der Gewährung von leistungsbezogenen Elementen des Entgelts für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (LBE) ein Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern (BMI) vom 12. März 2002. In diesem Rundschreiben ist ausgeführt, dass es bei den LBE um eine Leistungsbewertung gehe. Da freigestellte Personalräte insoweit keine fachliche Leistung erbringen würden und sich die Personalratstätigkeit einer Leistungsbewertung entziehe, entfalle abgesehen von der Beginnzeit der Freistellung eine Leistungsbeurteilung und damit eine Leistungsvergütung.
In der vorhergehenden Dienstvereinbarung vom 9. Januar 2013 war in Verbindung mit einem Rundschreiben des BMI vereinbart, dass freigestellte Personalräte einen Durchschnittsbetrag entsprechend den Zahlungen an die Bes...