Entscheidungsstichwort (Thema)
Wechselschichtzulage
Leitsatz (amtlich)
Auch kürzere Zeiten von allgemeinem Bereitschaftsdienst in einem Arbeitsbereich schließen anders als Bereitschaftszeiten während der regelmäßigen Arbeitszeit eine ununterbrochene Arbeitsleistung im Sinne des mit § 7 Abs. 1 Satz 2 TVÖD wortgleichen § 7 Abs. 1 Satz 2 TV Charité aus (ergänzend zu BAG Urteil vom 24.09.2008 – 10 AZR 669/07 – Pressemitteilung Nr. 75/08).
Normenkette
TV Charité § 7 Abs. 1 S. 2, § 8 Abs. 5 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 09.07.2008; Aktenzeichen 56 Ca 1756/08) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 09.07.2008 – 56 Ca 1756/08 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin steht seit dem 01. Oktober 2002 als Krankenschwester in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten, auf das deren Haustarifvertrag kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung findet.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin Zahlung der Differenz zwischen Schicht- und Wechselschichtzulage für die Monate Februar bis November 2007 in Höhe von insgesamt 650,00 EUR brutto. In dieser Zeit wurde die Klägerin im Zentralchirurgischen OP im Bereich der Anästhesiologie/Intensivmedizin der Klinik für Allgemein-, Visceral- und Transplantationschirurgie nach einem Schichtplan in verschiedenen Schichten beschäftigt, wo für Wochenenden und Feiertage von 15:30 Uhr bis 18:30 Uhr und 2:50 Uhr bis 7:15 Uhr allgemein Bereitschaftsdienst vorgesehen war.
Das Arbeitsgericht Berlin hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 2 TV Charité seien nicht erfüllt gewesen, weil im Arbeitsbereich der Klägerin nicht ununterbrochen gearbeitet worden sei. Darin, dass die Unterbrechungszeiten nur wenige Stunden betragen hätten, sei kein Wertungswiderspruch zu sehen. Der besonderen Belastung der Klägerin durch Schichtarbeit sei schon dadurch Genüge getan, dass dafür Unterbrechungen unschädlich seien.
Gegen dieses ihr am 25. Juli 2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 25. August 2008 eingelegte und am 04. September 2008 begründete Berufung der Klägerin. Sie meint, dass nur kurze Unterbrechungen der Arbeitszeit durch Bereitschaftsdienst unschädlich seien, weil der Begriff „ununterbrochen” ebenso wie der Begriff „ständig” im Sinne von „fast ausschließlich” zu verstehen sei. Anderenfalls hätte es der Arbeitgeber durch eine als missbräuchlich zu bewertende Arbeitszeitgestaltung in der Hand, die Voraussetzungen der Vergütungspflicht für Wechselschichtarbeit durch eine entsprechende Zulage zu verhindern.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Änderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an sie 650,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2007 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie tritt den Angriffen der Berufung mit Rechtsausführungen entgegen und ist der Ansicht, die Tarifvertragsparteien hätten es mit derselben Wortwahl zum Ausdruck gebracht, wenn sie mit den Begriffen „ständig” und „ununterbrochen” inhaltlich dasselbe gemeint hätten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
1. Die Berufung ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Wechselschichtzulage für die Zeit von Februar bis November 2007 gem. § 8 Abs. 5 Satz 1 TV Charité vom 01. Januar 2007.
1.1. Die Klägerin hatte nicht ständige Wechselschichtarbeit zu leisten.
1.1.1 Wechselschichten sind gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 TV Charité wechselnde Arbeitsschichten, in denen ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird. Dies erfordert, dass für den gesamten Arbeitsbereich an allen sieben Tagen einer Woche über 24 Stunden Vollarbeit vorgesehen ist. Dies ist nicht der Fall, wenn zu bestimmten Zeiten ausschließlich Bereitschaftsdienst geleistet werden muss (vgl. BAG, Urteil vom 05.02.1997 – 10 AZR 639/06 – AP BAT § 33a zu II 1 b der Gründe; LAG Niedersachsen, Urteil vom 10.09.2007 – 12 Sa 62/07 – ZTR 2008, 42 zu 2 b der Gründe; Martens, in: Sponer/Steinherr, TVöD, Stand April 2008, § 7 R 18). Anders verhält es sich erst, wenn in die regelmäßige Arbeitszeit Bereitschaftszeiten fallen, die nicht im voraus festgelegt sind, während Bereitschaftsdienst gerade außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit zu leisten ist (vgl. LAG Niedersachsen, Urteil vom 13.11.2007 – 13 Sa 549/07 – ZTR 2008, 258 zu 1.3 der Gründe; BAG, Urteil vom 24.09.2008 – 10 AZR 669/07 – Pressemitteilung Nr. 75/08).
1.1.2 Entgegen der Ansicht der Klägerin kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Parteien des TV Charité die Begriffe „ständig” und „ununterbrochen” synonym verwendet haben. Dagegen spricht bereits, dass sie die Regelungen der früheren §...