Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsrente. Anpassungsentscheidung. Anpassungsstichtag. Rechtzeitigkeit der Klage gegen Anpassungsentscheidung zur Betriebsrente bei alsbaldiger Zustellung der Klageschrift

 

Leitsatz (amtlich)

Wenn der Versorgungsempfänger eine ausdrückliche Anpassungsentscheidung des Arbeitgebers nach § 16 BetrAVG für unrichtig hält, muss er dies grundsätzlich vor dem nächsten Anpassungsstichtag dem Arbeitgeber gegenüber wenigstens außergerichtlich geltend machen. Mit dem nächsten Anpassungsstichtag erlischt der Anspruch auf Korrektur einer früheren Anpassungsentscheidung (BAG Urteil vom 10.02.2009 - 3 AZR 627/07 - AP Nr. 69 zu § 16 BetrAVG).

Geht eine Klage, mit der der Versorgungsempfänger eine Anpassungsentscheidung angreift, vor dem nächsten Anpassungsstichtag bei Gericht ein und wird dem Arbeitgeber (alsbald) nach dem Anpassungsstichtag zugestellt, hat der Versorgungsempfänger seinen Anspruch gem. § 167 ZPO rechtzeitig geltend gemacht (entsprechend LAG Berlin-Brandenburg vom 04.04.2012 - 23 Sa 2228/11).

 

Normenkette

BGB § 315 Abs. 2; BetrAVG § 16 Abs. 1, 2 Nr. 1; ZPO § 167

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 16.08.2011; Aktenzeichen 8 Ca 9113/11)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 16.08.2011 - 8 Ca 9773/11 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der gem. dem Tenor zu 1. ausgeurteilte Zahlungsbetrag ab Rechtskraft des vorliegenden Urteils mit Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen ist.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagte 73,5 % und der Kläger 26,5 % zu tragen.

III. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, in welchem Umfang die Betriebsrente des Klägers zum 01.07.2008 anzupassen ist.

Der Kläger war bei der Beklagten als Arbeitnehmer beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete zum 30.11.1987, seit dem 01.12.1987 erhält der Kläger von der Beklagten betriebliche Altersversorgungsleistungen. Die monatliche Betriebsrente betrug zum damaligen Zeitpunkt umgerechnet 1.110,01 Euro brutto.

Die Beklagte passte die Betriebsrente laufend in Abständen von drei Jahren an. Die Anpassung erfolgte entsprechend der Steigerungen der Lebenshaltungskosten in den jeweils vorangegangenen drei Jahren. Erstmals zum Anpassungsstichtag 01.07.2008 nahm die Beklagte eine Erhöhung vor, die sie nach der durchschnittlichen Nettolohnentwicklung der Arbeitnehmer des I.-Konzerns in Deutschland im Zeitraum von Ende 2004 bis Ende 2007 ermittelte, wobei eine Gruppenbildung vorgenommen wurde. Im Ergebnis erhöhte die Beklagte die Betriebsrente des Klägers um 1,57 % und zahlte an den Kläger nunmehr eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 1.541,61 Euro brutto.

Mit einer am 27.06.2011 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen, der Beklagten am 06.07.2011 zugestellten Klage hatte der Kläger von der Beklagten zunächst die Zahlung von 5.668,92 Euro brutto nebst Zinsen beginnend mit dem jeweiligen 1. Tag des Folgemonats der Fälligkeit für die Zeit vom 01.07.2008 bis zum 01.04.2011 verlangt. Weiter hat er verlangt, an den Kläger ab dem 01.04.2011 eine gegenüber der gezahlten Rente von 1.541,61 Euro um 157,47 Euro höhere monatliche Betriebsrente zu zahlen.

Mit einer am 03.08.2011 bei Gericht eingegangenen, der Beklagten am 08.08.2011 zugestellten Klageerweiterung hat der Kläger die Zahlung von Juli 2008 bis einschließlich 31.08.2011 die Zahlung von 5.983,86 Euro brutto nebst Zinsen verlangt und eine Zahlung für die Zukunft ab 01.09.2011 in Höhe von 1.699,08 Euro brutto.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhaltes sowie des streitigen Vorbringens der Parteien I. Instanz und der erstinstanzlichen Antragstellung wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen. Ferner wird auf die erstinstanzlich eingereichten Schriftsätze der Parteien nebst den Anlagen Bezug genommen. Über das in einer Vielzahl von gleich gelagerten Verfahren hinaus im wesentlichen gleich lautend vorgebrachte Verteidigungsvorbringen hat die Beklagte weiter die Ansicht vertreten, dass der Kläger bereits deshalb keinen Anspruch auf die geltend gemachte Zahlung habe, da ein Anspruch auf Korrektur einer Anpassungsentscheidung mit dem nächst folgenden Anpassungsstichtag erlösche. Da die Klage am 06.07.2011 zugestellt worden sei, bestehe bereits aus diesem Grund kein Anspruch des Klägers auf Anpassung seiner Betriebsrente.

Mit Urteil vom 16.08.2011 hat das Arbeitsgericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger 5.983,86 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 121,00 Euro brutto seit dem 01.07.2008 sowie aus jeweils weiteren 157,47,00 Euro brutto seit dem 1. der Folgemonate bis einschließlich 01.08.2011 zu zahlen. Weiter hat es die Beklagte verurteilt, ab dem 01.09.2011 eine Betriebsrente in Höhe von 1.699,08 Euro brutto zu zahlen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die zulet...

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