Entscheidungsstichwort (Thema)
Chefarztvergütung. Auslegung einer individuellen Abrede zur Chefarztvergütung
Leitsatz (redaktionell)
Ist eine vorformulierte Vergütungsregelung im Chefarztvertrag objektiv unklar, ist sie gem. § 305 c Abs. 2 BGB durch die für den Chefarzt günstigste Auslegung zu ersetzen.
Normenkette
BGB § 305c Abs. 2, §§ 133, 157
Verfahrensgang
AG Bretten (Urteil vom 04.06.2009; Aktenzeichen 1 Ca 840/08) |
Tenor
I. Die Berufungen des Klägers und der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Brandenburg a. d. H. vom 04.06.2009 – 1 Ca 840/08 – werden zurückgewiesen.
II. Der Tenor zu I. des angefochtenen Urteils wird klarstellend wie folgt neu gefasst:
Unter Abweisung im Übrigen wird die Beklagte verurteilt, dem Kläger Vergütung gemäß § 4 Abs. 1 des Dienstvertrages ab dem 01.10.2008 nach der jeweiligen Entgeltgruppe IV des Tarifvertrages für die Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigungen der kommunalen Arbeitgeberverbände (TV-Ärzte/VkA) zu zahlen.
III. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte zu 2/3, der Kläger zu 1/3.
IV. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Vergütungsdifferenzansprüche des Klägers für Juni 2007 bis einschließlich September 2008 sowie einen weiteren 15 %igen Zuschlag und die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger ab Oktober 2008 nach der jeweiligen Entgeltgruppe IV des Tarifvertrages für die Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigungen der kommunalen Arbeitgeberverbände Vergütung zzgl. 15 %igem Zuschlag zu zahlen.
Der Kläger, Mitglied im Marburger Bund und aus den Alten Bundesländern stammend, ist seit 01.06.1994 auf der Basis des Arbeitsvertrages, der Mitte 1994 ohne Datum abgeschlossen worden ist, für den Beklagten als Chefarzt der Radiologie mit einer Vergütung entsprechend Vergütungsgruppe I des BAT-W tätig. Die Vergütung ist seit Beginn des Arbeitsverhältnisses dynamisiert bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht gezahlt worden. Das Krankenhaus N., in dem der Kläger tätig war, war ein Eigenbetrieb des Landkreises H. und wurde später durch die H. Kliniken GmbH übernommen. Seit dem 01.07.2006 ist das Arbeitsverhältnis des Klägers im Wege des Betriebsüberganges auf den Beklagten, der nie tarifgebunden war und nicht tarifgebunden ist, übergegangen, nachdem die Radiologie der verschiedenen Standorte auf das medizinische Dienstleistungszentrum vereinigt worden ist.
Im Arbeitsvertrag von 1994 heißt es u. a.:
„§ 2
Das Dienstverhältnis richtet sich, soweit nachstehend nichts anderes bestimmt ist, nach den Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT-O) vom 10.12.1990 und der diesen Tarifvertrag ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge sowie den vom Krankenhausträger erlassenen Satzungen, Dienstanweisungen und Hausordnungen in der jeweils gültigen Fassung.”
sowie
„§ 4
Der Arzt erhält für seine Tätigkeit im dienstlichen Aufgabenbereich eine Vergütung entsprechend der Vergütungsgruppe I BAT-West der Anlage 1 a zum BAT-West, d. h., Grundvergütung nach § 27 BAT-West, Ortszuschlag nach Maßgabe des § 29 BAT-West sowie eine Zuwendung und ein Urlaubsgeld entsprechend den tariflichen Regelungen zum BAT-West in der jeweils gültigen Fassung.
…”
Daneben haben die Parteien ein Liquidationsrecht des Klägers vereinbart sowie die Zahlung eines Nutzungsentgeltes durch den Kläger. Im Übrigen erhält der Kläger eine übertarifliche Garantiezahlung, soweit die Einkünfte aus den Liquidationsrechten einen monatlichen Fixbetrag nicht erreichen. Im Übrigen wird auf den Inhalt des Arbeitsvertrages (vgl. Bl. 11 – 18 d. A.) Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 03. bzw. 06.01.2008 (vgl. Bl. 61 und 63 d. A.), auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, machte der Kläger Vergütungsansprüche rückwirkend geltend; erneut machte er diese mit Schreiben vom 30.05.2008 geltend. Dem trat der Beklagte entgegen.
Mit seiner beim Arbeitsgericht Brandenburg am 11.08.2008 eingegangenen Klage begehrte der Kläger Vergütungsdifferenzansprüche ab 01.01.2008 und die Feststellung der Anwendbarkeit des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte nebst einer Zulage von 15 %. Mit beim Arbeitsgericht am 17.10.2008 eingegangenem Schriftsatz erweiterte er seine Vergütungsdifferenzansprüche auf die Zeit von Juni bis Dezember 2007. Er meinte, die geltende arbeitsvertragliche Regelung sei lückenhaft, jedenfalls sei die Regelung der Vergütungszahlung durch eine Zahlung nach Entgeltgruppe IV gem. § 16 TV-Ärzte/VKA ersetzt worden. Die Erhöhung um weitere 15 % resultiere aus der vertraglichen Abstandssicherung zwischen einem Chefarzt und einem Leitenden Oberarzt, die weiterhin für den Kläger gelte. Die Beklagte meinte demgegenüber, der Vertrag sei nicht lückenhaft, daher sei der Kläger weiter nach Vergütungsgruppe I des BAT-W zu vergüten.
Mit Urteil vom 04.06.2009 hat das Arbeitsgericht Brandenburg an der Havel festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger ab 01.10.2008 eine Vergütung nach der je...