Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütungspflicht für fünfminütige Umkleidezeit. An- und Ablegezeiten auffälliger Dienstkleidung als vergütungspflichtige Arbeitszeit. An- und Ablegezeiten der Dienstwaffe als vergütungspflichtige Arbeitszeit. Unzulässiges Bestreiten mit Nichtwissen bei Einlassungspflicht
Leitsatz (amtlich)
1. Das An- und Ablegen einer Dienstuniform zu Hause ist auch dann als fremdnützig und damit als Arbeitszeit anzusehen, wenn der Arbeitgeber es zwar freistellt, die Dienstuniform zu Hause an und abzulegen und auf dem Weg zur Arbeit zu tragen, er aber am Einsatzort keine zumutbaren Umkleidemöglichkeiten bereitstellt (So bereits LAG Berlin-Brandenburg vom 21.08.2019 - 15 Sa 575/19).
2. Das An- und Ablegen einer Dienstwaffe ist regelmäßig fremdnützig. Die dafür aufzuwendende Zeit ist daher auch dann vergütungspflichtige Arbeitszeit, wenn es der Arbeitgeber freistellt, ob die Dienstwaffe zu Hause in einem eigenen Waffenschließfach oder aber in einem Waffenschließfach auf einer nahegelegenen Polizeidienststelle verwahrt wird.
3. Der Weg von zu Hause zur Arbeitsstelle ist auch dann keine vergütungspflichtige Arbeitszeit, wenn dieser in Uniform zurückgelegt wird, weil am Einsatzort keine zumutbaren Umkleidemöglichkeiten bestehen.
Normenkette
BGB § 611a Abs. 2, § 611 Abs. 1; ZPO § 138
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 31.01.2019; Aktenzeichen 58 Ca 15361/17) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 31.01.2019 - 58 Ca 15361/17 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt gefasst:
1. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, die von dem Kläger in der Zeit vom 1. Juli 2016 bis 5. März 2018 an Tagen, an denen er tatsächlich gearbeitet hat, für das beklagte Land zusätzlich erbrachte Arbeitszeit für das An- und Ablegen der Dienstuniform (Umkleiden) und für das Auf- und Abrüsten mit den dem Kläger persönlich zugewiesenen Ausrüstungsgegenständen (Rüsten) im häuslichen Bereich im Umfang von 5 Minuten vor dem offiziellen Dienstbeginn und im Umfang von 5 Minuten nach dem offiziellen Dienstende nach Maßgabe der tariflichen Vorschriften nach der für den Kläger zutreffenden Entgeltgruppe zu vergüten.
2. Es wird festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet ist, die vom Kläger seit dem 6. März 2018 an den Tagen an denen er tatsächlich gearbeitet hat für das beklagte Land zusätzlich erbrachte Arbeitszeit für das An- und Ablegen der Dienstuniform (Umkleiden) und für das Auf- und Abrüsten mit den dem Kläger persönlich zugewiesenen Ausrüstungsgegenständen (Rüsten) in der A.straße 7 in 12203 Berlin im Umfang von 5 Minuten vor dem offiziellen Dienstbeginn und im Umfang von 5 Minuten nach dem offiziellen Dienstende nach Maßgabe der tariflichen Vorschriften nach der für den Kläger zutreffenden Entgeltgruppe zu vergüten.
3. Es wird festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet ist, in der Zeit vom 1.Mai 2017 bis 27.09.2018 an den Tagen, an denen er tatsächlich gearbeitet hat, für den Beklagten erbrachte zusätzliche Arbeitszeit für das Zurücklegen von zusätzlichen Wegezeiten für den Umweg zum dienstlichen Waffenschließfach im Umfang von insgesamt 3 Minuten reiner Fahrtzeit (bestehend aus 1,5 Minuten vor dem offiziellen Dienstbeginn und 1,5 Minute nach dem offiziellen Dienstende) sowie für das tatsächliche Aufsuchen des Waffenschließfach, das Laden und Entladen sowie das Anlegen und Ablegen der Dienstwaffe im Umfang von insgesamt 8 Minuten (bestehend aus 4 Minuten vor dem offiziellen Dienstbeginn und 4 Minuten nach dem offiziellen Dienstende), nach Maßgabe der tariflichen Vorschriften des TV-L nach der zutreffenden Entgeltgruppe des TV-L zu vergüten;
4. Es wird festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet ist, in der Zeit seit dem 28.09.2018 an den Tagen, an den Tagen, an denen er tatsächlich gearbeitet hat, für den Beklagten erbrachte zusätzliche Arbeitszeit für das Zurücklegen von zusätzlichen Wegezeiten für den Umweg zum dienstlichen Waffenschließfach im Umfang von insgesamt 7 Minuten reiner Fahrtzeit (bestehend aus 3,5 Minuten vor dem offiziellen Dienstbeginn und 3,5 Minuten nach dem offiziellen Dienstende) sowie für das tatsächliche Aufsuchen des Waffenschließfach, das Laden und Entladen sowie das Anlegen und Ablegen der Dienstwaffe im Umfang von insgesamt 8 Minuten (bestehend aus 4 Minuten vor dem offiziellen Dienstbeginn und 4 Minuten nach dem offiziellen Dienstende), nach Maßgabe der tariflichen Vorschriften des TV-L nach der zutreffenden Entgeltgruppe des TV-L zu vergüten;
5. Das beklagte Land wird verurteilt, dem Kläger auf seinem Zeitkonto 7,7 Arbeitsstunden für geleistete Mehrarbeit gutzuschreiben.
6. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits
III. Die Revision wird für den Kläger hinsichtlich der Abweisung des Antrags zu 2a bis 2 b sowie 8 (Wegezeiten) und für die Bek...