Entscheidungsstichwort (Thema)
betriebliche Übung. Gesamtzusage. Freiwilligkeitsvorbehalt. Kenntnisnahme eines Aushangs
Leitsatz (redaktionell)
Erklärt der Arbeitgeber durch „Hausmitteilung” eine jährliche Gesamtzusage für Sonderleistungen, kann eine betriebliche Übung nicht entstehen.
Normenkette
BGB §§ 611, 305 ff.
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 21.07.2010; Aktenzeichen 39 Ca 1064/10) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 21. Juli 2010 – 39 Ca 1064/10 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung einer weiteren Sonderzuwendung für das Jahr 2009.
Die Klägerin ist seit dem 05. Februar 1990 bei der Beklagten als Etagenreinigerin, zuletzt als Spül- und Küchenhilfe in Vollzeit gegen eine monatliche Bruttovergütung in Höhe von zuletzt 1.292,– EUR beschäftigt. Die Klägerin ist Mitglied der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG).
In der Vergangenheit wurde an die Mitarbeiter der Beklagten mit der Novemberabrechnung eine jährliche Sonderzuwendung in Höhe der aktuellen Bruttomonatsvergütung gezahlt. Diese Sonderzuwendung wurde als Weihnachtsgeld auf den jeweiligen Abrechnungen ausgewiesen. Die Klägerin erhielt diese Sonderzahlungen bis einschließlich 2008. Mit der Abrechnung für November 2009 wies die Beklagte für die Klägerin u. a. eine Bruttomonatsvergütung in Höhe von 1.292,– EUR sowie ein Weihnachtsgeld in Höhe von 435,– EUR aus und zahlte den sich ergebenden Nettobetrag an die Klägerin aus.
In der Mitabeiterkantine des Hotels der Beklagten befindet sich ein sog. Schwarzes Brett, an welchem verschiedene Mitarbeiterinformationen (u. a. die aushangpflichtigen Gesetze, aktuelle Stellenangebote, eine Geburtstagsliste etc.) ausgehängt werden. Von 1999 bis zum Jahr 2005 erstellte die Beklagte Hausmitteilungen mit dem Betreff „Sondervergütung-Weihnachtsgeld” für das jeweilige Jahr, die im Wesentlichen inhaltsgleich waren und auszugsweise folgenden Wortlaut hatten:
„(…)
1. Allgemeines
Die Sonderzuwendung ist eine freiwillige, soziale Leistung. Sofern tarifvertragliche oder gesetzliche Regelungen zur Zahlung von Sondervergütungen (Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld und dergleichen) getroffen werden, die in ihrer Art oder in ihrer Höhe den jetzigen Stand verändern, können solche Leistungen auf die freiwillige Sondervergütung angerechnet werden.
1.1 Die im MTV § 23 geregelte Sonderzahlung wird in vollem Umfang auf die hier näher beschriebene Weihnachtsgratifikation angerechnet. (…)
8. Freiwilligkeit der Leistung
Die Weihnachtsgratifikation ist eine einmalige, freiwillige und jederzeit widerrufliche soziale Leistung, die auf das Weihnachtsfest 2005 beschränkt ist. Die Zahlung für die Zukunft daher weder dem Grunde, noch der Höhe nach, auch nicht bezüglich der Auszahlungsmodalitäten, des Personenkreises, der Bezugsberechtigten, sowie der Ermittlung der Gratifikation, einen Rechtsanspruch begründet. (…)”
Ob entsprechende Hausmitteilungen auch in den Jahren 2006 bis 2008 dort ausgehängt waren, ist zwischen den Parteien streitig. Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Hausmitteilungen wird auf die Hausmitteilungen der Jahre 1999 bis 2008 (Anlage B2 (Bl. 25 – 46 d. A.) verwiesen.
Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung hat die Klägerin mit der am 20. Januar 2010 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen Klage die Beklagte auf Zahlung eines weitergehenden Weihnachtsgeldes für das Jahr 2009, nämlich in Höhe der Differenz zwischen ihrem regelmäßigen Bruttomonatsentgelt in Höhe von 1.292,– EUR und dem als Weihnachtsgeld ausgewiesenen und gezahlten Betrag in Höhe von 435,– EUR in Anspruch genommen. Sie meint, diese Sonderzuwendung sei in den letzten drei Jahren ohne Vorbehalt an sie gezahlt worden, so dass ihr ein Weihnachtsgeld in Höhe einer Bruttomonatsvergütung aus betrieblicher Übung zustehe. Aushänge am schwarzen Brett bzgl. des Weihnachtsgeldes habe sie seit dem Umzug der Küche im Jahr 2006 nicht mehr bemerkt. Sie bestreite diese Aushänge deshalb mit Nichtwissen. Dies habe im Übrigen auch nicht der bei der Beklagten praktizierten Üblichkeit entsprochen. Wichtige Mitteilungen seien nicht am Schwarzen Brett veröffentlicht worden. Schließlich sei der Vorbehalt der Nr. 8 in den Hausmitteilungen als unklare Regelung unwirksam. Die Beklagte habe lediglich ein Weihnachtsgeld in Höhe von 435,– EUR gezahlt. Die Differenz in Höhe von 857,– EUR könne sie noch von der Beklagten verlangen.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 857,– EUR brutto nebst 5 % Zinsen auf den sich ergebenden Nettobetrag ab dem 01. Dezember 2009 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags vorgetragen, die Klägerin habe lediglich einen tariflichen Anspruch auf Zahlung eines Weihnachtsgeldes nach Maßgabe des § 23 des Manteltarifvertrages für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Berlin (im Folgenden: MTV) in Höhe von 435,– EUR....