Entscheidungsstichwort (Thema)
vertragliche Höchstarbeitszeit. Vertragsauslegung
Leitsatz (amtlich)
Eine vertragliche Arbeitszeit von bis zu 260 Stunden monatlich ist nicht gesetzwidrig.
Normenkette
BGB §§ 139, 305; ArbZG § 21a Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Eberswalde (Urteil vom 22.02.2011; Aktenzeichen 2 Ca 866/10) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Eberswalde vom 22. Februar 2011 – 2 Ca 866/10 – wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.
III. Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 937,16 EUR festgesetzt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Vergütungsdifferenzen in den Monaten August bis November 2010 und dabei um die Frage, ob der Arbeitsvertrag der Parteien eine nicht erfüllbare Arbeitszeitverpflichtung des Klägers beinhaltet und die Arbeitgeberin deshalb berechtigt ist, einseitig die vertraglich vereinbarte Vergütung nach unten anzupassen.
Der Kläger ist 54 Jahre alt, geschieden und keinen Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Er ist seit dem 21. Dezember 1998 bei der Beklagten beschäftigt. Der Arbeitsvertrag wurde zwischen dem Kläger und der Niederlassung Magdeburg der Beklagten geschlossen. der Standort des vom Kläger genutzten Fahrzeugs war allerdings seit jeher Schwedt/Oder. Nach Ziffer 6 des von der Beklagten vorformulierten Arbeitsvertrages vom 21. Dezember 1998 ist zur „Tätigkeit” folgendes vereinbart:
„Herr F. wird als Kraftfahrer für alle Verkehre der R. GmbH eingestellt, das schließt auch eine flexible Arbeitszeit ein.
Herr F. ist verpflichtet, auch andere – betriebsbedingte – Arbeiten durchzuführen.”
In Ziffer 7 des Arbeitsvertrages haben die Parteien zum „Arbeitsentgeld” vereinbart:
- „für eine monatliche Arbeitszeit bis zu 260 Stunden, exklusive gesetzlicher Pause
- der monatliche Brutto-Lohn beträgt DM 3.600,00
- Einsatzstunden (ab 261) werden mit gesetzlichen und/oder tariflichen Zuschlägen vergütet
- Sonderzeiten (z.B. Sonn- oder Feiertage von 0 bis 22 Uhr) werden gesondert bezahlt mit den gesetzlichen und/oder tariflichen Aufschlägen”
In Ziffer 1 des Arbeitsvertrages haben die Parteien vereinbart:
„Vertragsgrundlagen sind die jeweils zwischen den Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Organisationen gültigen Lohn- und Manteltarifverträge”
Zuletzt mit Schreiben vom 3. April 2001 hat die Beklagte dem Kläger mitgeteilt, dass sie mit Wirkung ab 1. April 2001 den Brutto-Monatslohn auf DM 4.000,00 = 2.045,17 EUR festgesetzt habe.
Im Zusammenhang mit der Tätigkeit einer neuen Geschäftsführung, einer Analyse der wirtschaftlichen Lage der Beklagten sowie einer Überprüfung der bei der Beklagten abgeschlossenen Arbeitsverträge bot die Beklagte dem Kläger unter dem 6. Juli 2010 einen neuen Arbeitsvertrag (Bl. 4-12 d.A.) mit einer Bezugnahme auf die Tarifverträge des privaten Verkehrsgewerbes im Lande Sachsen-Anhalt und einem monatlichen Festgehalt von 1.363,08 EUR an. Nach § 4 Abs. 1 des von der Beklagten eingereichten Manteltarifvertrages für die Beschäftigten des privaten Verkehrsgewerbes im Lande Sachsen-Anhalt (MTV) vom 23. September 1991 in der Fassung vom 16. Dezember 1996 beträgt die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ohne Pausen 40 Stunden. Das Vertragsangebot der Beklagten nahm der Kläger nicht an. Dennoch berechnete die Beklagte die Vergütung seit August 2010 nach diesen Bedingungen. Dieses führt zu reduzierten Vergütungszahlungen an den Kläger.
Im August 2010 wurde die Vergütung um 237,95 EUR brutto reduziert, im September 2010 um 107,23 EUR brutto, im Oktober um 374,71 EUR brutto und im November um 217,27 EUR brutto
Der Kläger begehrt diese Vergütungsdifferenz und meint, dass mit ihm ein monatlicher Festlohn unabhängig von der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit vereinbart sei. Eine bestimmte Stundenzahl sei im Arbeitsvertrag nicht vereinbart worden. Deshalb könne er seine bisherige Vergütung nebst den bisherigen Zuschlägen auch über den 1. August 2010 hinaus verlangen.
Die Beklagte meint, dass das Festgehalt im Arbeitsvertrag für 260 Stunden monatlich vereinbart sei. Der Kläger sei nach der arbeitsvertraglichen Regelung verpflichtet, jeden Monat 260 Stunden zu leisten. Dieses sei gesetzwidrig. Deshalb müsse der Vertrag gesetzeskonform angepasst werden. Da aufgrund der Bezugnahme in Ziffer 1 des Arbeitsvertrages die Tarifverträge des privaten Verkehrsgewerbes im Lande Sachsen-Anhalt Anwendung finden würden, müsse der vereinbarte Monatslohn des Klägers durch 260 dividiert werden. Dieses ergebe einen Stundenlohn von 7,87 EUR. Mit der tariflichen Arbeitszeit von monatlich 173 Stunden multipliziert ergebe sich der angebotene neue Monatslohn.
Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 22. Februar 2011 stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Arbeitsvertrag weder nichtig noch teilnichtig sei. Vielmehr habe der Kläger nur „bis zu” 260 Stunden monatlich zu leisten. Das sei nicht gesetzwidrig. Diese Arbeitszeit sei mit dem Brutto-Lohn abge...