Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung Haustarifvertrag. dynamische Verweisung

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Verweisung in § 2 S. 1 des Tarifvertrags über die Fortgeltung des Tarifrechts der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) für ihre Angestellten ist dahingehend auszulegen, dass das Tarifrecht der Angestellten stets so geregelt sein sollte, als wären sie im Arbeitsverhältnis zum Land Berlin geblieben.

 

Normenkette

TVG § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 06.09.2007; Aktenzeichen 38 Ca 23444/06)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 06.09.2007 – 38 Ca 23444/06 – abgeändert.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um eine tarifliche Einmalzahlung.

Die Beklagte betreibt mehrere Kliniken, die ursprünglich Einrichtungen des Landes Berlin waren. Das Land Berlin ist am 30.6 1994 aus der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) ausgeschlossen worden, der es ebenso wie der Arbeitsrechtlichen Vereinigung (AV) angehört hatte. Im gleichen Jahr erfolgte der Ausschluss der AV aus der Vereinigung Kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA). Die AV wurde später in Kommunaler Arbeitgeberverband Berlin umbenannt und trat der VKA wieder bei. Wegen des Ausschlusses des Landes Berlin aus der TdL, wurde der Tarifvertrag zur Übernahme von Tarifverträgen im Öffentlichen Dienst vom 21.11.1994 (ÜbernahmeTV) zwischen dem von dem Land Berlin gebildeten Verband von Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes in Berlin (VAdöD) und unter anderem der ÖTV vereinbart, die später in der Gewerkschaft ver.di aufgegangen ist. § 3 ÜbernahmeTV sieht die weitere Anwendung des Tarifrechts der TdL vor.

Am 1. Januar 2001 gingen 9 Kliniken des Landes, darunter das Klinikum Friedrichshain, auf die N.-GE Kliniken für Berlin GmbH (N.-GE GmbH) über, die später in die Beklagte des vorliegenden Verfahrens umbenannt wurde. Grundlage waren das Gesetz zur Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen für die Errichtung eines Unternehmens der städtischen Krankenhäuser (KUG) vom 30.11.2000 und der zwischen dem Land Berlin und der N.-GE GmbH vereinbarte Personalüberleitungsvertrag (PÜV). Er regelt in § 3 Folgendes:

„§ 3 Besitzstandswahrung, Überleitung

(1) Auf die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die die GmbH vom Land Berlin übernommen hat, finden auch künftig die Tarifverträge, die bisher für die Arbeitsverhältnisse maßgebend waren, in ihrer jeweiligen Fassung Anwendung.

(2) ….

(3) Werden im Rahmen der Mitgliedschaft der Gesellschaft bei einem Arbeitgeberverband oder beiden Arbeitgeberverbänden des öffentlichen Dienstes in Berlin neue Tarifverträge mit Geltung für die GmbH geschlossen, treten diese an die Stelle der entsprechenden Tarifvorschriften nach Abs. 1„

Die N.-GE GmbH wurde Anfang 2001 Mitglied der AV Berlin. Die Mitgliedschaft hatte sie mit der Maßgabe beantragt, dass für die Angestellten weiterhin die Bestimmungen des Tarifrechts der TdL und nicht die des BAT-VKA Anwendung finden. Die AV schloss am 17.1.2001 mit der ÖTV und der DAG rückwirkend zum 1.1.2001 einen Tarifvertrag über die Fortgeltung des TdL – Tarifrechts für ihre Angestellten (FortgeltungsTV). In ihm heißt es u.a.:

„Präambel

Zur Umsetzung der im Gesetz zur Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen für die Errichtung eines Unternehmens der städtischen Krankenhäuser (Krankenhausunternehmensgesetz) vom 30.11.2000 und des zwischen dem Land Berlin und der Krankenhausgesellschaft unter Beteiligung der im Gesetz aufgeführten Gewerkschaften abgeschlossenen Personalüberleitungsvertrages genannten Zieles, die beim Land Berlin erworbenen Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in vollem Umfang zu garantieren, wird angesichts der Mitgliedschaft der N.-GE Kliniken für Berlin GmbH in der AV Berlin, Folgendes vereinbart:

§ 2 Geltung des TdL – Tarifrechts

Auf die unter diesen Tarifvertrag fallenden Arbeitnehmer, Auszubildenden, u.s.w. (§ 1) finden der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) vom 23 Februar 1961 bzw. der Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifrechtliche Vorschriften (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 und die diese ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den Bereich des Bundes und der Länder jeweils geltenden Fassung Anwendung. Dies gilt auch für die weitere Anwendung des Gesetzes zur Angleichung der Einkommensverhältnisse im öffentlichen Dienst Berlins (Einkommensangleichungsgesetz) vom 7. Juli 1994.”

§ 3 In-Kraft-Treten / Laufzeit

(1)…

(2) Die Tarifvertragsparteien verpflichten sich, bei unvorhergesehenen Entwicklungen in der N.-GE Kliniken für Berlin GmbH unverzüglich in Tarifverhandlungen einzutreten. Werden im Rahmen der Mitgliedschaft der N.-GE Kliniken für Berlin GmbH zur AB Berlin neue bezirkliche Tarifverträge abgeschlossen, treten diese an die Stelle der entsprechenden Tarifvorschriften nach § 2.

Protokollnotiz zu § 3

Die Tarifvertragsparteien stimmen darin überein, dass für den Fall der Kündigung dieses Tarifvertrage...

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