Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung zur Vertretung eines abgeordneten Mitarbeiters
Leitsatz (amtlich)
1. Teil des Sachgrundes der Vertretung ist eine Prognose des Arbeitgebers über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs durch die Rückkehr des zu vertretenden Mitarbeiters.
2. Im Falle wiederholter vorübergehender Übertragung höherwertiger Tätigkeiten im Rahmen von Abordnungen ist es nicht auszuschließen, dass der entsprechend
3. Solange der befristet abgeordnete Mitarbeiter nicht mitgeteilt hat, dass er
Normenkette
TzBfG § 14
Verfahrensgang
ArbG Eberswalde (Urteil vom 09.12.2010; Aktenzeichen 4 Ca 617/10) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts E. vom 09.12.2010 – 4 Ca 617/10 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Befristung.
Die Parteien vereinbarten mehrfach befristete Arbeitsverhältnisse, zunächst für die Zeit vom 1. September 2006 bis zum 31. Dezember 2007, sodann für die Zeiträume vom 1. Januar 2008 bis zum 31. August 2008, danach vom 1. Dezember 2009 bis zum 31. Dezember 2009 und vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Mai 2010, zuletzt im Mai 2010 für die Zeit vom 1. Juni 2010 bis zum 30. September 2010.
Dem letzten Arbeitsvertrag war ein „Vermerk zum befristeten Arbeitsvertrag” beigefügt, in dem es u.a. heißt:
„Einstellung von Herrn M. E., geb. …1984, als Fachassistent in der Eingangszone in der Arbeitsgemeinschaft (SGB II) mit befristetem Arbeitsvertrag nach dem TzBfG für den Zeitraum vom 01.06.2010 bis 30.09.2010 bei der Agentur für Arbeit E., JobCenter B..
Befristungsgrund:
§ 14 Abs. 1 Nr. 3 TzBfG (Vertretung) – für Herrn H. (Abordnung zur RD Berlin/Brandenburg)”
In dem Arbeitsvertrag sind die bei der Beklagten geltenden Tarifverträge in Bezug genommen worden.
Herr H. absolvierte bei der Beklagten eine Berufsausbildung als „Fachangestellter für Arbeitsförderung”. Die Ausbildung ist mit der zum Sozialversicherungsfachangestellten vergleichbar. Entsprechend wurde er eingesetzt. Die Tätigkeit entsprach im Wesentlichen der Tätigkeitsebene V. Im Bereich der Arbeitsvermittlung umfasste sie lediglich in geringem Umfang Assistenztätigkeiten. Sie war beschränkt auf die bürotechnische Zuarbeit für den Arbeitsvermittler. Er war seit dem 1. Januar 2007 bei der Beklagten als Fachassistent in der Eingangszone im Job Center in B., Beschäftigungsort B., eingesetzt mit einer Vergütung wiederum nach Tätigkeitsebene V. Die Beklagte übertrug Herrn H. sodann zunächst für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2009 die Tätigkeit eines Arbeitsvermittlers in der A. B., Standort B., verbunden mit dem Hinweis, dass damit ein Anspruch auf eine dauerhafte Höhergruppierung nicht verbunden sei. Die vorübergehende Übertragung der Vermittlungstätigkeit im Jahr 2009 erfolgte zum Zwecke der Erprobung als Personalentwicklungsmaßnahme. Die Agentur für Arbeit E. ordnete Herrn H. später mit Schreiben vom 4. November 2009 für die Zeit vom 1. Dezember 2009 bis zum 31. Mai 2010 – ebenfalls im Rahmen einer Personalentwicklungsmaßnahme – zur Regionaldirektion Berlin-Brandenburg ab, nachdem er hierfür als geeigneter Kandidat ausgewählt worden war. Dort wurde er als Sachbearbeiter für Vertragswesen im Regionalen Einkaufszentrum eingesetzt. Die Abordnung wurde bis zum 31. Dezember 2010 verlängert. Die Stelle des Fachassistenten im Eingangsbereich ist nach dem Ausscheiden des Klägers mit einem Herrn S. besetzt worden. Streitig ist unter den Parteien in der Berufungsinstanz, ob Herr H. für die Zeit ab dem 1. Januar bis zum 23. Januar 2011 vorübergehend auf die Stelle zurückgekehrt ist. Seitdem ist die Stelle mangels Haushaltsmitteln für den Abschluss weiterer befristeter Verträge nicht mehr besetzt worden.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Befristung sei mangels eines Befristungsgrundes unwirksam. Es liege kein Fall einer unmittelbaren Vertretung vor. Auch unterschieden sich die Arbeitsaufgaben von denen des angeblich vertretenen Mitarbeiters. Ein sachlicher Zusammenhang bestehe nicht. Nachdem Herrn H. für einen so langen Zeitraum höherwertige Tätigkeiten übertragen worden seien, sei nicht ersichtlich, dass die Beklagte noch ernsthaft mit der Rückkehr auf seinen Arbeitsplatz als Arbeitsvermittler gerechnet habe. Die tarifrechtliche Zuordnung des Herrn H. sei fehlerhaft.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch Befristung zum 30. September 2010 geendet hat,
- die Beklagte zu verurteilen, ihn über den 30. September 2010 zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Fachassistenten bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Kläger sei zur unmittelbaren Vertretung des Mitarbeiters H. befristet eingestellt worden. Die Beklagte habe grundsätzlich davon ausgehen müssen, dass die zu vertretende Stammkraft auf ihren Arbeitsplatz zurückkehren werde. Davon habe sie ausgehen dürfen, solange die ...