Entscheidungsstichwort (Thema)
Abrechnung von Beihilfezahlungen. Ersatz von Steuernachteilen. Rechtswegzuständigkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Für Klagen auf Berichtigung unrichtiger Eintragungen in der Lohnsteuerbescheinigung sind nicht die Gerichte für Arbeitssachen, sondern die Finanzgerichte zuständig.
2. § 17 Nr. 6 der Tarifregelung für die Beschäftigten der Deutschen Postgewerkschaft (TV DPG) gebietet, dass der Arbeitnehmer so zu stellen ist, dass er in den Genuss einer steuerfreien Beihilfe kommt, damit keine Krankenkosten – im Rahmen des Beihilferechts – bei ihm verbleiben. Der Arbeitgeber kann nicht einwenden, er könne eine Nettohochrechnung nicht vornehmen, weil ihm evtl. Nebenverdienste des Arbeitnehmers nicht bekannt seien, denn Nebenverdienste, die die Bruttoversorgungsbezüge erhöhen würden, können sich nicht auf die Berechnung des Steueranteils der Beihilfe auswirken, weil diese allein aufgrund des TV DPG an die Versorgung des beendeten Arbeitsvertrags mit dem Arbeitgeber gebunden sind.
Normenkette
BGB § 611; TV DPG § 17
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 14.02.2007; Aktenzeichen 48 Ca 17086/06) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 14.02.2007 – 48 Ca 17086/06 – unter Zurückweisen der Berufung im Übrigen – abgeändert:
- Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die durch Beihilfezahlungen erhöhte jährliche Einkommenssteuer des Einkommens des Klägers aufgrund des zugesagten Versorgungsgrades von 75 % der zuletzt bezogenen Bruttobezüge zu ersetzen.
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 2.212,37 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf EUR 801,80 seit dem 01.01.2005, auf EUR 212,09 seit dem 01.01.2006, auf EUR 1.198,48 seit dem 01.01.2007 zu zahlen.
- Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Parteien je zur Hälfte.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über das Bestehen eines Anspruchs des Klägers auf Ersatz von Steueraufwendungen für geleistete Beihilfezahlungen an ihn.
Der am … 1938 geborene Kläger war in der Zeit vom 01.08.1961 bis zum 30.04.1998 bei der D. P. (DPG), deren Rechtsnachfolge die Beklagte angetreten hat, als Gewerkschaftssekretär beschäftigt. Seit November 1997 befindet er sich im Ruhestand.
Sein Arbeitsverhältnis richtete sich nach der Tarifregelung für die Beschäftigten der D. P. (TV DPG). Für die bis zum 31.08.1995 eingestellten Beschäftigten galten u. a. folgende Regelungen:
„§ 17 Beihilfe, Unterstützungen
1. Auf Antrag können Beihilfen und in besonderen Fällen Unterstützungen gewährt werden.
2. Die Behandlung der Anträge erfolgt unter Beachtung der im öffentlichen Dienst geltenden Beihilfevorschriften und Unterstützungsgrundsätze. …
…
6. Leistungen aus Beihilfen und Krankenkassen (privat oder gesetzlich) dürfen die tatsächlichen Aufwendungen nicht übersteigen. Der so errechnete Beihilfebetrag wird um den jeweils auf der Grundlage der Nettoberechnung infrage kommenden Steuerzuschlag erhöht.
…
§ 26 Versorgung der Beschäftigten
…
6. Die DPG leistet zur Gesamtversorgung der unter diese Versorgungsregelung fallenden Beschäftigten und ihrer Hinterbliebenen einen Zuschuss. …
7. Bei der Berechnung der Gesamtversorgung ist davon auszugehen, dass die Gesamtversorgung nach einer Beschäftigungszeit bei der DPG, einschließlich Ersatzzeiten gem. § 7 Abs. 2 von 10 Jahren 35 v. H. der Bruttobezüge beträgt und mit jedem weiter zurückgelegten Beschäftigungsjahr bis zum vollendeten 25. Beschäftigungsjahr um 2 v. H., von da ab um 1 v. H. bis zum Höchstsatz von 75 v. H. steigt. …
…
10. Die Gesamtversorgung besteht aus
- Rentenbezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung,
- Leistungen aus der Unterstützungskasse des DGB,
- Versorgungsleistungen aus dem Beamtenverhältnis oder sonstigen Betriebsrenten, soweit die dafür maßgeblichen Zeiten Anrechnung gemäß Ziff. 7. gefunden haben,
- anderen Renten- und/oder Versicherungsleistungen, zu denen die DPG, der DGB oder eine andere Gewerkschaft Beiträge in Höhe der gesetzlichen Rentenversicherungssätze gezahlt hat.
Soweit diese Leistungen die unter Ziff. 7. genannten Prozentsätze nicht erR.en, wird von der DPG der unter Ziff. 6. genannte Zuschuss in Höhe der Differenz zwischen den anzurechnenden Leistungen aus der Gesamtversorgung und den zu gewährenden vom Hundersatz gezahlt. …”
Der Kläger erhält neben einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung Leistungen der Unterstützungskasse des D. G. (DGB). Da diese als höchsten Versorgungsgrad 70 % des durchschnittlichen Endgehalts, die DPG – unter Anerkennung auch von Vorbeschäftigungszeiten – jedoch einen höheren Versorgungsgrad vorsieht, übersteigt die von der DPG zugesagte Gesamtforderung die der Unterstützungskasse des DGB. Die Differenz wurde ausgeglichen von der DPG durch einen Zuschuss (§ 26 Nr. 6 und 10 Abs. 2). Aufgrund der Rechtsnachfolge der Beklagten zahlte diese den Zuschuss. Die...