Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Jahressonderzahlung aufgrund betrieblicher Übung
Leitsatz (redaktionell)
Zahlt der Arbeitgeber an seine Beschäftigten und Betriebsrentner über Jahrzehnte eine jährliche Sonderzahlung in Höhe eines Monatsgehalts, kann der Arbeitnehmer auf einen entsprechenden Verpflichtungswillen des Arbeitgebers schließen, die Leistung auf zukünftig zu erbringen.
Normenkette
BGB §§ 151, 242, 611a, 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 08.05.2015; Aktenzeichen 31 Ca 17550/14) |
ArbG Berlin (Entscheidung vom 08.05.2015; Aktenzeichen WK 31 Ca 17633/14) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 08. Mai 2015 - 31 Ca 17550/14, WK 31 Ca 17633/14 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über wechselseitige Zahlungsansprüche.
Der Beklagte stand in einem Arbeitsverhältnis zum Kläger. Mit Schreiben vom 13.08.1980 wurde dem Beklagten, wie auch einer Vielzahl von anderen Arbeitnehmern, eine betriebliche Altersversorgung zugesagt. Das Schreiben enthielt auszugsweise folgenden Wortlaut:
"Sehr geehrter ...
nach Anstellung bei der VdTÜV haben Sie die Mitteilung erhalten, daß Sie Anspruch auf eine Alters- und Hinterbliebenenversorgung in Anlehnung an die Regelung für Bundesbeamte haben. Um eine Deckung hinsichtlich der späteren Versorgungsbezüge zu erreichen, führen wir Sie bei der Alters- und Hinterbliebenen-Versorgungsstelle der TÜV (AHV) als Versorgungsanwärter. Zur Klarstellung künftiger Versorgungsansprüche teilen wir Ihnen mit, daß die Grundlage bei Berechnung späterer Versorgungsbezüge die Bundesbesoldungsgruppe (B.Bes.O.) ist, nach der sich Ihr Gehalt anlehnt und zum Zeitpunkt des Leistungsfalles bemißt. Mit Ende der Wartezeit am 01.10.1978 ist ein Anspruch von 35 % erreicht. Ohne Ansatz bei der Berechnung der späteren Versorgungsbezüge bleiben eventuell gezahlte Zulagen.
Die zugesagten Versorgungsleistungen umfassen:
1. ein Ruhegehalt nach Vollendung des 65. Lebensjahres oder bei nachgewiesener dauernder Berufsunfähigkeit;
2. ...
3. ...
Andere als die hier zugesagten laufenden Versorgungsleistungen werden nicht gewährt. Auch bezieht die Anlehnung an die Grundsätze der Beamtenbesoldung sich nicht auf gesetzliche Anrechnungszeiten oder irgendwelche anderen Berechnungsfaktoren oder Ansprüche, die nicht ausdrücklich zur Grundlage dieser Zusage gemacht worden sind"
Wegen des weiteren Inhalts der Zusage wird auf die in der Akte befindliche Ablichtung (Bl. 35 - 37 d. A.) verwiesen.
Am 12. Januar 1984 vereinbarten der Kläger und der Betriebsrat die "Versorgungsordnung zur Regelung der Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenen-Versorgung bei der Vereinigung der Technischen Überwachungs-Vereine e.V. (VdTÜV)" (im Folgenden: VdTÜV 84). Die VdTÜV 84 trat zum 1. Januar 1984 in Kraft. Sie lautet auszugsweise:
"...
§ 12
Höhe des Weihnachtsgeldes
Die Höhe des Weihnachtsgeldes entspricht den für den Monat November gezahlten Versorgungsleistungen.
....
Der Kläger zahlte seit Jahrzehnten den Betriebsrentnern jährlich im Monat November eine Sonderzuwendung in Höhe des jeweiligen monatlichen Ruhegeldes für den Monat November.
Der Kläger trat im Jahre 1978 der Tarifgemeinschaft Technischer Überwachungsvereine bei. Der Kläger erhöhte entsprechend dem Vergütungstarifvertrag die Gehälter und Betriebsrenten in gleicher Höhe wie die Bezüge der Beamten. Eine in den Jahren 1997/1998 vorgenommene Änderung des Besoldungsrechts der Beamten vollzog die Tarifgemeinschaft Technischer Überwachungsvereine nicht nach. In der Summe entsprach allerdings die Tarifvergütung bis zum 31.12.2007 der Summe der Beamtenbesoldung. Ab dem Jahr 2008 kam es zu einer wachsenden Inkongruenz zwischen der Entwicklung der Gehälter der aktiven Beschäftigten des Klägers gemäß den tariflichen Regelungen der Tarifgemeinschaft technischer Überwachungsvereine und der Beamtenbesoldung nach der Beamtenbesoldungsordnung. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 19.10.2009 (17 Sa 1035/09) entschieden, dass ein Festhalten an der Gehaltsentwicklung der Beschäftigten des Klägers gemäß Vergütungstarifvertrag der Tarifgemeinschaft technischer Überwachungsvereine als nicht mit einer wie hier verwandten Einzelzusage konform ist. Das Landesarbeitsgericht auch festgestellt, dass sowohl bei der Festsetzung der Betriebsrente als auch bei den regelmäßigen Betriebsrentenanpassungen nach dem Eintritt des Versorgungsfalls die Werte der Besoldungsgruppe A und B der Bundesbesoldungsordnung heranzuziehen sind. Diese Ausführungen hat der Kläger zum Anlass genommen, der Betriebsrentenberechnung die jeweiligen Werte aus den Besoldungsgruppen A und B der Bundesbesoldungsordnung zugrunde zu legen und ist von einer statischen zu einer dynamischen Interpretation der Einzelzusage übergegangen. Gleichzeitig hat Kläger die durch das Dienstrechtsneuordnungsgesetz vom 5. Februar 2009 vo...