Entscheidungsstichwort (Thema)
Verjährung von Equal-Pay-Ansprüchen. Verjährung von Differenzlohnansprüchen eines Leiharbeitnehmers bei Nichtigkeit der von der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und Personalserviceagenturen abgeschlossenen Tarifverträge
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Anspruch auf Zahlung von Entgeltdifferenzen gemäß § 10 Abs. 4 AÜG unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren; soweit § 199 Abs. 1 BGB für den Beginn der Verjährungsfrist darauf abstellt, dass der Gläubiger von den seinen Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste, hat sich die Kenntnis allein auf die anspruchsbegründenden Umstände zu beziehen, die für den Differenzlohnanspruch nach § 10 Abs. 4 AÜG eine Tätigkeit als Leiharbeitnehmer und die Unwirksamkeit einer Vereinbarung nach § 9 Abs. 2 AÜG voraussetzen.
2. Haben die Parteien in ihren Arbeitsverträgen die Anwendbarkeit von Tarifverträgen vereinbart, hat der Arbeitnehmer Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen, ohne dass es auf eine etwaige fehlerhafte Bewertung der Wirksamkeit der im Arbeitsvertrag in Bezug genommenen Tarifverträge ankommt.
3. Hängt die Entscheidung eines Rechtsstreits davon ab, ob eine Vereinigung tariffähig oder ob die Tarifzuständigkeit einer Vereinigung gegeben ist, hat das Gericht gemäß § 97 Abs. 4 ArbGG das Verfahren bis zur Erledigung des Beschlussverfahrens nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG auszusetzen; damit ist sichergestellt, dass eine Zahlungsklage bis zum rechtskräftigen Abschluss des Beschlussverfahrens bereits vor der streitigen Verhandlung ausgesetzt werden kann und eine spätere Klagerücknahme die Gerichtsgebühr entfallen lässt.
4. Anders als in anderen Fällen unsicherer und zweifelhafter Rechtslage ist der Leiharbeitnehmer nicht verpflichtet, die Vorfrage der Tariffähigkeit in "seinem" Rechtsstreit (möglicherweise über mehrere Instanzen) klären zu lassen und trägt deshalb auch kein unzumutbares Kostenrisiko.
Normenkette
BGB §§ 199 ff.; AÜG § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4; BGB § 199 Abs. 1, § 214 Abs. 1, § 614
Verfahrensgang
ArbG Potsdam (Entscheidung vom 13.03.2012; Aktenzeichen 3 Ca 816/11) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 13.03.2012 - 3 Ca 816/11 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers auf Gewährung von Arbeitsbedingungen nach dem "Equal-Pay-Gebot" des § 10 Abs. 4 AÜG für die Zeit von Oktober 2004 bis zum 30. Juni 2005.
Der Kläger war in dieser Zeit auf der Grundlage der Arbeitsverträge vom 25. Oktober 2004 und vom 18. März 2005 (Bl. 136 ff. d. A.), jeweils unter Vereinbarung der "für den Arbeitgeber fachlich einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung" mit dem Zusatz, dass "... dies zur Zeit die zwischen der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA und der Mittelstandsvereinbarung Zeitarbeit e. V. abgeschlossenen Tarifverträge ..." seien, in verschiedenen Unternehmen als Lagermitarbeiter eingesetzt und erhielt von der Beklagten einen Bruttostundenlohn in Höhe von 5,60 EUR.
Mit der am 15. April 2011 bei dem Arbeitsgericht Potsdam eingegangenen Klage hat der Kläger die Beklagte zunächst auf Auskunftserteilung und Zahlung der sich aus der Auskunft ergebenden Differenz zwischen dem an Stammmitarbeiter der Einsatzbetriebe gezahlten und dem erhaltenden Lohn in Anspruch genommen, mit einem am 23. Dezember 2011 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz sein Begehren auf die Verteilung zur Zahlung von 2.438,88 EUR brutto nebst Zinsen gerichtet und den Zahlungsanspruch auf der Grundlage der ihm von den Einsatzbetrieben mitgeteilten Löhne der Stammmitarbeiter berechnet. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt, die Einrede der Verjährung erhoben und einzelne Angriffe gegen die Höhe der geltend gemachten Lohndifferenzen gerichtet.
Von der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird unter Bezugnahme auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils abgesehen.
Durch das Urteil vom 13. März 2012 hat das Arbeitsgericht Potsdam die Klage kostenpflichtig abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Zahlungsklage sei unbegründet, weil die Beklagte mit Erfolg die Einrede der Verjährung habe erheben können, insbesondere könne sich der Kläger nicht darauf berufen, dass die Differenzvergütungsansprüche erst mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Dezember 2010 zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP fällig geworden seien. Wegen der weitern Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 157 bis 162 d. A.) verwiesen.
Gegen das dem Kläger am 27. April 2012 zugestellte Urteil richtet sich die am 29. Mai 2012 (Dienstag nach Pfingsten) bei dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung, die der Kläger mit einem nach Verlängerung der Berufungsbegründungs...