Entscheidungsstichwort (Thema)

sachgrundlose Befristung. Anschlussverbot

 

Leitsatz (amtlich)

Das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG enthält anders als die Vorgängerregelung des § 1 Abs. 3 BeschFG 1996 keine zeitliche Begrenzung.

Dies gilt auch für den Öffentlichen Dienst. § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ist im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG nicht dahingehend verfassungskonform auszulegen, dass im Bereich des Öffentlichen Dienstes auf das Anschlussverbot verzichtet werden muss, wenn sich der oder die Beste bei der Bewerbung durchsetzt, der oder diejenige zuvor aber bereits bei diesem Arbeitgeber beschäftigt war.

 

Normenkette

TzBfG § 14 Abs. 2 S. 2; GG Art. 33 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 19.09.2008; Aktenzeichen 58 Ca 7476/08)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 19.09.2008 – 58 Ca 7476/08 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die wirksame Befristung ihres Arbeitsvertrages sowie um die Weiterbeschäftigung der Klägerin.

Die Klägerin war bei der Beklagten, der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium für G., bereits in der Zeit vom 01. März 1995 bis einschließlich 29. Februar 1996 befristet beschäftigt (vgl. den Arbeitsvertrag vom 01. März 1995 in Kopie Bl. 2 – 3 d. A.). Unter dem Datum 12.09./18.09.2006 schlossen die Parteien erneut einen befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 01. Oktober 2006 bis zum 30. September 2008. Einen sachlichen Grund für die Befristung hat die Beklagte weder im Vertrag noch während des gesamten Rechtsstreits angegeben.

Mit der beim Arbeitsgericht Berlin am 06. Mai 2008 eingegangenen Klage hat die Klägerin zuletzt beantragt,

  1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien kraft Befristungsabrede zum 12./18.09.2006 nicht zum 30. September beendet wird;
  2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu 1) zu den im Arbeitsvertrag vom 12./18.09.2006 geregelten Arbeitsbedingungen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung gewesen, dass entgegen der herrschenden Meinung im Schrifttum die Befristung des Arbeitsvertrages vom 12./18.09.2006 trotz § 14 Abs. 2 S. 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG („Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von 2 Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von 2 Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach S. 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat …”) wirksam sei. Sie folgert dies aus dem Wortlaut, der Systematik und der Entstehungsgeschichte von § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG und hält die Auslegung der herrschenden Meinung für verfassungsrechtlich bedenklich.

Das Arbeitsgericht Berlin hat mit Urteil vom 19. September 2008 der Klage stattgegeben. Es hat die Befristung für unwirksam gehalten, da eine Befristung mit Sachgrund unstreitig nicht vorliege und die Beklagte wegen des Anschlussverbots des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG einen sachgrundlosen befristeten Vertrag mit der Klägerin nicht abschließen konnte, weil sie „bereits zuvor” im Sinne von § 14 Abs. 2 S 2 TzBfG mit der Klägerin einen (befristeten) Vertrag abgeschlossen hatte. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG weder nach dem Wortlaut, der Entstehungsgeschichte, der Systematik innerhalb des § 14 TzBfG noch im Hinblick auf die Verfassung einschränkend dahin gehend auszulegen, dass nur ein Arbeitsverhältnis „in zeitlicher Nähe” zum letzten befristeten Arbeitsvertrag das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG auslöse.

Wegen der ausführlichen konkreten Begründung des Arbeitsgerichts und des Parteivortrags erster Instanz wird auf das arbeitsgerichtliche Urteil Bl. 90 – 99 d. A. verwiesen.

Gegen dieses ihr am 07. November 2008 zugestellte Urteil richtet sich die beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am 03. November 2008 eingegangene und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 07. Februar 2009 am 19. Januar 2009 begründete Berufung der Beklagten.

Sie wiederholt und vertieft noch ihre Rechtsauffassung, dass gerade im Öffentlichen Dienst unter anderem wegen des Anspruchs nach Art. 33 Abs. 2 GG ein Anschlussverbot nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG einschränkend auszulegen sei und vorliegend das mehr als zehn Jahre zurückliegende Arbeitsverhältnis der Parteien vom 01. März 1995 nicht erfasse.

Die Beklagte beantragt,

das am 19. September 2008 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Berlin – 58 Ca 7476/08 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil ebenfalls mit Rechtsausführungen der herrschenden Meinu...

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