Entscheidungsstichwort (Thema)
Konkludente Umwandlung eines Provisionsvorschusses in eine Garantieprovision
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Willenserklärung kann auch in einem konkludenten Verhalten liegen. Dies setzt einen konkreten Geschehenszusammenhang voraus, der unter Beachtung der Verkehrssitte und unter Berücksichtigung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls einen Erklärungswert für die Handlung ergibt. Für die konkludente Willenserklärung ist entscheidend, wie sie vom Erklärungsempfänger unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände nach Treu und Glauben verstanden werden durfte und musste. Selbst wenn der Handelnde an die Möglichkeit einer solchen Wertung nicht gedacht hat, kann sein schlüssiges Verhalten trotzdem als Willenserklärung gewertet werden.
2. Die konkludente Änderung des Arbeitsvertrags scheitert nicht an einer in einem Formulararbeitsvertrag vorgesehenen doppelten Schriftformklausel. Derartige allgemeine Geschäftsbedingungen sind unwirksam.
Normenkette
HGB §§ 65, 87; BGB §§ 133, 157
Verfahrensgang
LAG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 07.01.2009) |
ArbG Berlin (Entscheidung vom 21.05.2008; Aktenzeichen 35 Ca 6067/07) |
Tenor
I. Das Versäumnisurteil des Landsarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vom 07.01.2009 wird aufrechterhalten.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten nunmehr noch darüber, ob der Kläger im Wege der Widerklage verpflichtet ist, an die Beklagte 7.239,98 EUR zurückzuzahlen. Mit Ausnahme von 180,00 EUR setzt sich der Betrag zusammen aus geleisteten Provisionsvorauszahlungen.
Hinsichtlich des übrigen Sachverhalts und des Vortrags der Parteien in der ersten Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Mit Schlussurteil vom 21. Mai 2008 hat das Arbeitsgericht Berlin den Kläger verurteilt, an die Beklagte 180,00 EUR nebst Zinsen zu zahlen und im Übrigen die Widerklage abgewiesen. Bezüglich der Provisionsvorauszahlungen könne die Beklagte schon deswegen eine Rückzahlung nicht verlangen, weil die Provisionen nie ordnungsgemäß abgerechnet worden seien.
Dieses Urteil ist der Beklagten am 19. Juni 2008 zugestellt worden. Am 21. Juli 2008 (Montag) ging die Berufung beim Landesarbeitsgericht ein. Nach Verlängerung bis zum 16. September 2008 erfolgte die Berufungsbegründung am gleichen Tag.
Die Beklagte legt nunmehr rückdatierte Abrechnungen für den Zeitraum vom 30. April 2005 bis 19. Juli 2006 vor (Kopien Bl. 323 ff. d. A.). Im Hinblick auf diese Abrechnungen behauptet sie, der Kläger hätte nur einen Provisionsanspruch in Höhe von 745,45 EUR erworben. Daher müsse er die weiteren Provisionsvorauszahlungen zurückzahlen. Hilfsweise ist die Beklagte der Ansicht, der Kläger habe keinerlei Anspruch auf Abrechnung der Provisionen mehr, da er jeweils spätestens am 20. des Folgemonats hätte geltend machen müssen, dass keine Provisionsabrechnungen erfolgt seien. Ein entsprechender Abrechnungsanspruch sei nunmehr verwirkt.
Aufgrund ihrer Säumnis im Verhandlungstermin vom 7. Januar 2009 ist die Berufung der Beklagten auf ihre Kosten zurückgewiesen worden. Der Einspruch gegen dieses Versäumnisurteil ging am 14. Januar 2009 beim Landesarbeitsgericht ein.
Die Beklagte beantragt nunmehr,
das Versäumnisurteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 07.01.2009 aufzuheben und unter Aufhebung des Schlussurteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 21.05.2008 den Kläger zu verurteilen, an sie 7.239,98 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 12.07.2007 zu zahlen.
Der Kläger beantragt,
Das Versäumnisurteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 07.01.2009 aufrechtzuerhalten.
Das Recht der Beklagten auf eine mögliche Rückforderung sei verwirkt, da er nach so langer Zeit nicht mehr vortragen könne, welche Provisionsansprüche ihm zustünden.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat keinerlei Erfolg.
1.
Der Rechtsstreit ist durch den fristgemäß und formgerecht eingelegten Einspruch der Beklagten in die Lage vor Eintritt ihrer Säumnis zurückversetzt worden (§§ 342, 539 Abs. 3 ZPO, §§ 59 Satz 1 und 2, 64 Abs. 6 und 7 ArbGG).
2.
Die Entscheidung aus dem Versäumnisurteil war gemäß § 343 Satz 1 ZPO aufrechtzuerhalten, weil sie mit der aufgrund der neuen Verhandlung zu erlassenen Entscheidung übereinstimmt.
2.1
Die Berufung ist in Höhe von 180,00 EUR unzulässig. Das Arbeitsgericht Berlin hat im Schlussurteil vom 21. Mai 2008 den Kläger verurteilt, diesen Betrag an die Beklagte zu zahlen.
In Höhe des weiteren Betrags von 7.059,98 EUR brutto ist die Berufung jedoch zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
2.2
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Beklagten steht ein Rückforderungsanspruch in Höhe von 7.059,98 EUR nebst Zinsen nicht zu. Sie hat schon deswegen keinen Anspruch auf Rückzahlung der erfolgten Provisionsvorauszahlungen, weil die Regelungen zu § 4 des Arbeitsvertrages einvernehmlich in eine Garantieprovision in Höhe von 1.250,00 EUR monatlich umgeändert wurden. Die einvernehmliche Regel...