Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerruf und Teilkündigung einer betrieblichen Datenschutzbeauftragten

 

Leitsatz (amtlich)

Wirtschaftliche oder betriebsorganisatorische Gründe können nur im Ausnahmefall den Widerruf der Bestellung eines Datenschutzbeauftragten im Sinne von § 4 f Abs. 3 Satz 4 BDSG begründen. Die Absicht einer konzernweit einheitlichen Betreuung des Datenschutzes durch einen externen Beauftragten ist kein wichtiger Grund im Sinne dieser Vorschrift.

 

Normenkette

BDSG § 4f Abs. 3 S. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Cottbus (Urteil vom 07.01.2009; Aktenzeichen 2 Ca 1165/08)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Cottbus vom 07.01.2009 – 2 Ca 1165/08 – teilweise abgeändert:

Es wird festgestellt, dass der Widerruf der Beklagten zu 2. und der Widerruf und die Teilkündigung der Beklagten zu 1. vom 10.07.2008 rechtsunwirksam sind.

II. Die Berufung der Beklagten zu 1. wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 1/3 und haben die Beklagten gesamtschuldnerisch 2/3 zu tragen.

IV. Für die Beklagten wird die Revision zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des Widerrufs der Bestellung der Klägerin zur Datenschutzbeauftragten in den Unternehmen beider Beklagter und um die Teilkündigung dieser Aufgabe der Klägerin durch die Beklagte zu 1.

Die seit 1981 bei der Beklagten zu 1. und deren Rechtsvorgängerin als Mitarbeiterin Fluggastabfertigung beschäftigte Klägerin wurde mit Schreiben vom 24.02.1992 (Bl. 7 und 8 d. A.) von der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1. und von der Beklagten zu 2. zur Datenschutzbeauftragten bestellt.

Die Beklagte zu 2. ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1 bzw. ihrer Rechtsvorgängerin (Unternehmensvertrag vom 01.10.1990 Bl. 66/ 67 d. A.). Für die weitere Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1., GSI G. S. International GmbH (künftig: GSI), mit der die Beklagte zu 1. einen gemeinsamen Betrieb bildet, wurde ein externer Datenschutzbeauftragter bestellt. Streitig ist, ob auch die weitere Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1., GSD G. S. D. GmbH (künftig: GSD) in der Vergangenheit einen Datenschutzbeauftragten hatte.

Die Klägerin benötigte zur Erfüllung der Aufgaben als Datenschutzbeauftragte, für die sie der Geschäftsleitung Administration der Beklagten jeweils unmittelbar unterstellt war, etwa 30 % ihrer Arbeitszeit und war dabei für etwa 1600 Beschäftigte zuständig. Im Übrigen arbeitete sie weiter in der Fluggastabfertigung.

Seit 1994 ist die Klägerin Mitglied des Betriebsrates der Beklagten zu 1. Sie ist Mitglied des EDV-Ausschusses des Betriebsrates. Für das Kalenderjahr 2009 ist sie von ihrer beruflichen Tätigkeit gemäß § 38 BetrVG freigestellt.

Die Geschäftsleitung der Beklagten zu 1. beschloss in der Sitzung am 12.02.2008, dass der Datenschutz für sie und ihre Tochtergesellschaften einheitlich durch einen außen stehenden Dritten, Herrn S., betreut werden solle, der ab 01.08.2008 als einheitlicher konzernweiter betrieblicher Datenschutzbeauftragter fungieren solle. Mit Beschluss vom gleichen Tage entschied die Geschäftsführung der Beklagten zu 2., den Datenschutz ab dem 01.08.2008 nicht mehr durch die Klägerin, sondern durch Herrn S. betreuen zu lassen.

Mit Schreiben vom 10.07.2008 (Bl. 12 bis 14 d. A.), übergeben am 16.07.2008, widerriefen die Beklagten zu 1. und 2. die Bestellung der Klägerin zur Datenschutzbeauftragten zum 31.07.2008, und sprach die Beklagte zu 1. der Klägerin eine Teilkündigung dieser Aufgabe zum 31.07.2008 aus. Am gleichen Tage erhielt der Betriebsrat ein vom 10.07.2007 datiertes Schreiben der Beklagten zu 1. (Bl. 17/ 18 d. A.), mit dem er über den Widerruf und die beabsichtigte Teilkündigung informiert wurde. Der Betriebsrat widersprach den Maßnahmen mit Schreiben vom 23.07.2008 (Bl. 22 d. A.) „gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG in Verbindung mit § 4f Abs. 3 letzter Satz BDSG”.

Gegen die Widerrufserklärungen beider Beklagter und die Teilkündigung der Beklagten zu 1. hat sich die am 28.07.2008 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangene Klage gerichtet, die mit Beschluss vom 07.08.2006 (Bl. 28 d. A.) an das Arbeitsgericht Cottbus verwiesen worden ist.

Ab dem 01.08.2008 fungiert Herr S. als externer Datenschutzbeauftragter bei den Beklagten, der auch den Datenschutz bei den Tochtergesellschaften der Beklagten zu 1., GSI und GSD, betreut.

Mit Urteil vom 07.01.2009, auf dessen Tatbestand (Bl. 86 bis 89 d. A.) wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrags der Parteien Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht Cottbus – 2 Ca 1165/08 – festgestellt, dass die Klägerin ungeachtet des Widerrufs und der Teilkündigung der Beklagten zu 1. vom 10.07.2008 weiterhin die Funktion einer Datenschutzbeauftragten bei der Beklagten zu 1. innehat, und die Beklagte zu 1. verurteilt, die Klägerin bis zur rechtskräftigen Entscheidung ihr Amt als Datenschutzbeauftragte ausüben zu lassen. Die Klage gegen die Beklagte zu 2. hat das Arbeitsgericht abgewiesen.

Zur Begründung hat das Arbeitsgerich...

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