Entscheidungsstichwort (Thema)
Besitzstand nach § 71 BAT und nachfolgender Statuswechsel
Leitsatz (amtlich)
Erfüllt der Angestellte zwar zu den Stichtagen des Eingangssatzes des § 71 BAT dessen Voraussetzungen, wechselt er aber auf der Grundlage eines neuen Arbeitsvertrages in den Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrages – hier des BMT-G-O –, weil er als Arbeiter weiterbeschäftigt wird, so entfällt nach dem Sinn und Zweck der Übergangsregelung des § 71 BAT der Besitzstandsschutz. Ansprüche auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bestehen seit dem Wechsel allein nach Maßgabe des anderen Tarifvertrages, ohne dass der Schutz des § 71 BAT bei einem erneuten Wechsel zum Angestellten in der Folgezeit wieder aufleben kann.
Normenkette
BAT §§ 37, 71
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 05.09.2007; Aktenzeichen 60 Ca 5216/07) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 5. September 2007 – 60 Ca 5216/07 – abgeändert:
- Die Klage wird abgewiesen.
- Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Umfang der tariflichen Pflicht des beklagten Landes zur Fortzahlung der Bezüge des Klägers im Falle der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit.
Der Kläger trat am 1. Dezember 1992 auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom selben Tage in die Dienste des beklagten Landes. Er wurde zunächst als Krankenträger im Bereich des Bezirksamts Sp. von Berlin beschäftigt; und zwar als Angestellter unter einzelvertraglicher Bezugnahme auf die Geltung des BAT.
Ab dem 5. August 1998 wurde dem Kläger eine Tätigkeit als Gartenarbeiter im Bereich des Bezirksamts K. von Berlin zugewiesen; nach dem daraufhin geschlossenen Arbeitsvertrag vom 23. September 1998 war insoweit seine Weiterbeschäftigung vereinbart. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrags bestimmte sich das Beschäftigungsverhältnis nach dem BMT-G-O. Dem schloss sich sodann mit Wirkung zum 1. Dezember 1999 ein erneuter Wechsel des Klägers an; er wurde nunmehr – wieder im Bereich des Bezirksamts Sp. von Berlin – als Angestellter im Prüf- und Ermittlungsdienst weiterbeschäftigt. Gemäß § 1 des unter dem 27. Dezember 1999 geschlossenen Arbeitsvertrags sollte eine Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses nicht vorliegen, sondern die Weiterbeschäftigung des Klägers „mit anderen Ansprüchen” geregelt sein; es galten danach wieder die Regelungen des BAT.
Anlässlich des Eintritts einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit am 22. Februar 2007, der sich eine Reha-Maßnahme anschloss, wurde zwischen den Parteien die Frage streitig, für welchen Zeitraum für den Kläger Anspruch auf Zahlung von Krankenbezügen besteht. Während der Kläger sich auf den Standpunkt stellte, ihm stehe ein Krankenbezug für die Dauer von maximal 26 Wochen gemäß der Übergangsregelung des § 71 BAT zu, ist nach Auffassung des beklagten Landes die Regelung des § 37 BAT einschlägig, der eine Fortzahlung der Bezüge bis zu sechs Wochen vorsieht. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er erfülle die Voraussetzungen des § 71 BAT; denn sein Arbeitsverhältnis sei durch die Versetzung zum Bezirksamt K. von Berlin gemäß dem Arbeitsvertrag vom 23. September 1998, was mit einem Wechsel seines Status vom Angestellten zum Arbeiter verbunden gewesen sei, nicht unterbrochen worden. Dies hätten die Parteien dann auch anlässlich seiner Rückkehr zum Bezirksamt Sp. von Berlin und seinem erneuten Statuswechsel ausdrücklich vertraglich bestätigt.
Dem ist das beklagte Land entgegengetreten.
Hinsichtlich des weiteren Tatbestandes I. Instanz wird auf denjenigen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Durch ein am 5. September 2007 verkündetes Urteil hat das Arbeitsgericht der Klage mit dem Antrag,
festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger bis zum Ablauf der 26. Woche, gerechnet ab dem 22. Februar 2007, für die Dauer der Maßnahme einer medizinischen Rehabilitation oder sonstigen Arbeitsunfähigkeit Krankenbezüge gemäß § 71 Abs. 2 BAT unter Zugrundelegung einer Vergütung nach Vgr. VI b BAT zu zahlen,
stattgegeben. Die zulässige Feststellungsklage sei begründet. Das beklagte Land sei verpflichtet, wegen der seit dem 22. Februar 2007 eingetretenen krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit des Klägers für die Dauer von maximal 26 Wochen Krankenbezüge zu leisten, da der Kläger am 30. Juni 1994 als Angestellter in einem Arbeitsverhältnis zum beklagten Land gestanden habe, das am 1. Juli 1994 fortbestanden habe, und er nach § 71 Abs. 2 Unterabs. 1 BAT eine Dienstzeit von mehr zehn Jahren aufzuweisen habe; dieses Arbeitsverhältnis sei bisher nicht beendet worden. Der Kläger müsse sich daher nicht auf die Regelung des § 37 BAT verweisen lassen. Es werde zwar in der Literatur die Auffassung vertreten, dass ein Statuswechsel die Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses voraussetze; dem könne jedoch jedenfalls aufgrund der Vertragsgestaltung der Parteien für den Streitfall ...