Revision
Leitsatz (amtlich)
1. Nach dem TV zur Überleitung des Rahmen-TV für die technischen und kaufmännischen Angestellten des Baugewerbes auf das Gebiet der fünf neuen Länder und des Ostteils des Landes Berlin (Überleitungs-TV RTV-Angestellte) vom 11.2.1991 richten sich die Kündigungsfristen nach den geltenden gesetzlichen Vorschriften in den neuen Bundesländern.
2. Die Vorschriften des AngKSchG finden keine Anwendung.
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 27.08.1991; Aktenzeichen 74 Ca 7026/91) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das am 27. August 1991 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Berlin – 74 Ca 7026/91 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der 1942 geborene Kläger war seit Mai 1979 bei dem Rechtsvorgänger der Beklagten, später bei dieser als Angestellter, zuletzt als Finanzplanungsleiter gegen ein Gehalt vor 3.748,– DM brutto monatlich beschäftigt.
Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 7. März zum 30. Juni 1991 gekündigt. Die Parteien streiten darüber, welche Kündigungsfrist der Kläger zu beanspruchen hat.
Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Tarifvertrag zur Überleitung des Rahmentarifvertrages für die technischen und kaufmännischen Angestellten des Baugewerbes auf das Gebiet der fünf neuen Länder und des Ostteils des Landes Berlin (Überleitungstarifvertrag RTV Angestellte) vom 11. Februar 1991 Anwendung. Dort heißt es unter § 2:
Grundsatzregelung
Der Rahmentarifvertrag für die technischen und kaufmännischen Angestellten des Baugewerbes im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und des Landes Berlin vom 12. Juni 1978 in der Fassung vom 27. April 1990 (RTV Angestellte), der als Anlage beigefügt wird und Bestandteil dieses Vertrages wird, gilt in den Ländern Brandenburg. Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie in dem Teil des Landes Berlin, in dem der Rahmentarifvertrag bisher nicht galt, soweit in diesem Tarifvertrag nicht abweichende Regelungen getroffen werden. Eine besondere Regelung hinsichtlich der Kündigungsfristen ist im Überleitungstarifvertrag nicht enthalten.
Im übergeleiteten RTV Angestellte heißt es unter § 11 Ziff. 1.1:
… Die Kündigungsfristen richten sich nach den gesetzlichen Vorschriften.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die in seinem Falle anzuwendenden gesetzlichen Vorschriften seien diejenigen, die in den alten Bundesländern Geltung hätten. Dazu gehörte das Gesetz über die Fristen für die Kündigung von Angestellten (AngKSchG), nach dem ihm erst zum 30. September 1991 gekündigt werden könne. Der Kläger hat das für die Monate Juli bis September 1991 nach dem Vertrag geschuldete Gehalt geltend und beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn DM 11.244,– brutto abzüglich DM 5.082,– netto zu zahlen (Monatslohn von 3.748,– brutto abzüglich Unterhaltsgeld von DM 414,– für die Monate Juli bis September 1991.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, die nach dem RTV Angestellten für die Kündigungsfristen maßgebenden „gesetzlichen Vorschriften” seien die in den neuen Bundesländern geltenden Vorschriften. Nach diesen sei die Kündigung zu Recht zum 30. Juni 1991 ausgesprochen werden.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf die von ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Durch am 27. August 1991 verkündetes Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.
Auf die Entscheidungsgründe wird ebenfalls Bezug genommen.
Gegen das ihm am 17. Oktober 1991 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. November 1991 Berufung eingelegt und diese in einem am 19. Dezember 1991 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
Er bleibt bei der schon in erster Instanz vertretenen Ansicht, die Regelung im RTV Angestellte, daß die Kündigungsfristen sich nach den gesetzlichen Vorschriften richteten, könne nur die gesetzlichen Vorschriften betreffen, die bei Anschluß des RTV Angestellte Geltung hatten. Auf die gesetzlichen Bestimmungen der früheren DDR und damit § 55 Abs. 2 AGB könne ein vor deren Beitritt für die alten Bundesländer abgeschlossener Tarifvertrag nicht Bezug nehmen.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an ihn 11.244,– DM brutto abzüglich 5.382,– DM netto zuzüglich 4, 5 Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag der Fälligkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie selbst bei der schon in erster Instanz vertretenen Ansicht, die gesetzlichen Bestimmungen über Kündigungsfristen, auf die durch den RTV Angestellte Bezug genommen werde, sei für Arbeitnehmer der neuen Bundesländer die dort geltende gesetzliche Regelung, im vorliegenden Fall § 55 Abs. 2 AGB. Diese Vorschrift gelte nach den Bestimmungen des Einigungsvertrages fort. Das Angestelltenkündigungsschutzgesetz finde nach dem Einigungsvertrag ...