Entscheidungsstichwort (Thema)
Errichtung von Reinräumen
Leitsatz (amtlich)
Die Errichtung von Reinräumen in Krankenhäusern und Forschungseinrichtungen ist „Trocken- und Montagebau” im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 37 VTV-Bau, jedenfalls aber bauliche Leistung im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV-Bau.
Normenkette
VTV Bau § 1 Abs. 2 Abschn. II, Abschn. V Nr. 37
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 25.11.2004; Aktenzeichen 62 Ca 73154/04) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 25. November 2004 – 62 Ca 73154/04 – geändert:
Der Vollstreckungsbescheid vom 27. Januar 2004 wird aufrechterhalten.
II. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Beklagten zu Beitragszahlungen für gewerbliche Arbeitnehmer nach dem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) auf der Grundlage eigener Meldungen des Beklagten für den Zeitraum März 1999 bis Mai 2003 in rechnerisch unstreitiger Höhe (40.357,47 EUR).
Die Klägerin ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes.
Der Beklagte betreibt einen Montagebetrieb. Er montiert aus vorgefertigten pulverbeschichteten Stahlblechteilen, Edelstahlelementen oder Aluminiumbauteilen sogenannte Reinraumanlagen. Solche Anlagen dienen dem Schutz und der Sicherheit der darin produzierten Teile; sie stellen eine bestimmte Reinheitsklasse in einem Labor her oder gewährleisten bestimmte Reinheitsklassen bei Produktionen. Es handelt sich um mobile Räume unterschiedlicher Größe; diese reicht von von Menschen begehbar bis Kastengröße (vgl. Fotos Bl. 42, 43 d.A.). Diese Anlagen werden von Forschungszentren, Krankenhäusern, der Pharmaindustrie benötigt.
Vor dem Arbeitsgericht Berlin hat die Klägerin einen Vollstreckungsbescheid vom 27. Januar 2004 mit der Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung von 40.357,47 EUR an die Klägerin erwirkt, gegen den der Beklagte form- und fristgerecht Einspruch eingelegt hat.
Durch Urteil vom 25. November 2004, auf dessen Tatbestand wegen des weiteren Sach- und Streitstandes in erster Instanz Bezug genommen wird (Bl. 51 f. d.A.) hat das Arbeitsgericht
den Vollstreckungsbescheid vom 27. Januar 2004 aufgehoben und die Klage abgewiesen,
im Wesentlichen mit der Begründung, die vom Beklagten durchgeführte Installierung von Reinraumanlagen in Krankenhäusern und Forschungseinrichtungen diene nicht der Erstellung von Bauwerken gemäß § 1 Abs. 2 VTV. Sie sei insbesondere nicht vergleichbar mit der Montage von Fenstern, Türen, Balkonen und ähnlichem in Gebäuden. Bei den Reinraumanlagen handele es sich um spezifische technische Einrichtungen, die nicht dem Gebäude dienten, sondern – wie Maschinen und Geräte – die besonderen Arbeitsabläufe in einem Krankenhaus oder in einer Forschungseinrichtung unterstützten. Auf die weiteren Einzelheiten der Begründung wird verwiesen (Bl. 53 d.A.).
Gegen dieses am 13. Dezember 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 13. Januar 2005 eingegangene und am 14. Februar 2005 (Montag) begründete Berufung der Klägerin.
Sie macht geltend, die durch den Betrieb des Beklagten verrichteten Arbeiten seien sehr wohl bauliche Leistungen im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV. Zur Erstellung eines Bauwerks gehörten der vollständige Ausbau, wie er vom Bauherrn in Auftrag gegeben worden sei, wozu alle Leistungen gehörten, die irgendwie, wenn auch nur auf einem kleinen und speziellen Gebiet, zur Vollendung des Bauwerks bestimmt seien. Bei den vom Beklagten ausgeübten Tätigkeiten handele es sich außerdem um Trockenbauarbeiten im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 37 VTV. Auf eine feste Verbindung mit schon vorhandenen Decken, Wänden oder Böden komme es nicht an.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin zu ändern und den Vollstreckungsbescheid vom 27. Januar 2004 aufrechtzuerhalten.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er macht sich die Urteilsbegründung zu Eigen und vertieft seine Auffassung, die Errichtung von Reinraumanlagen diene nicht der Erstellung von Bauwerken. So habe der Beklagte etwa im Blutspendezentrum Ch. in zwei Räumen, die bauseits bereits komplett fertig gestellt gewesen seien, Reinräume installiert. Ein Reinraum werde in einen vollständig fertig errichteten Raum eingebaut und diene dann bestimmten Arbeiten, wie zum Beispiel Labortätigkeiten, Operationstätigkeiten, der Abfüllung von medizinischen Seren oder der keimfreien Nutzung in einer Blutbank. Nach Abbau des Reinraumes könne der Raum wieder so genutzt werden wie zuvor. Reinräume seien eher mit Großwaschanlagen, Großwaschmaschinen oder Großreinigungsmaschinen vergleichbar. Sie würden in bauseits komplett fertig gestellte Räume eingebaut wie die Blase in einen Fußball und ...