Entscheidungsstichwort (Thema)

Angemessene Eigenkapitalverzinsung als Voraussetzung einer Betriebsrentenanpassung

 

Leitsatz (amtlich)

I. Bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Arbeitgebers im Rahmen der Prüfung einer Betriebsrentenanpassung ist – neben anderen Gesichtspunkten – maßgebend, ob das Eigenkapital des Arbeitgebers vor dem Anpassungsstichtag angemessen verzinst wurde.

II. „Eigenkapital” in vorstehendem Sinne ist nicht nur das Stammkapital, sondern auch eine eventuelle Kapitalrücklage.

III. Als billigenswerter Zinssatz für die Eigenkapitalverzinsung ist die erzielbare Verzinsung bei festverzinslichen Wertpapieren anzuerkennen, zuzüglich eines Zuschlages für das höhere Risiko.

IV. Die Zahlung von Dividenden stellt keine angemessene Eigenkapitalverzinsung dar. Derartige „Eigenkapitalzinsen in Form einer Dividende” ermöglichen keinen zwingenden Schluß auf die wirtschaftliche Situation eines Unternehmens.

 

Leitsatz (redaktionell)

Hinweis der Geschäftsstelle

Das Bundesarbeitsgericht bittet, sämtliche Schriftsätze in 7facher Ausfertigung bei dem Bundesarbeitsgericht einzureichen.

 

Normenkette

BetrAVG § 16 Hs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 12.01.1998; Aktenzeichen 27 Ca 6043/96)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 23.05.2000; Aktenzeichen 3 AZR 146/99)

 

Tenor

I.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 12. Januar 1998 – 27 Ca 6043/96 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

II.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten, die Betriebsrente des Klägers für die Zeit ab 1. Januar 1995 um 11,9 % auf monatlich insgesamt 2.171,98 DM im Wege der Anpassung nach § 16 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) zu erhöhen.

Der im Jahre 1927 geborene Kläger war seit dem 20. Juni 1949 bei der Beklagten tätig. Er bezieht von der Beklagten seit dem 1. Januar 1992 eine betriebliche Altersrente in Höhe von 1.941,– DM.

Ursprünglich existierte für den Betrieb der Beklagten ein Sozialfonds, geregelt in einem sogenannten Anhang zum Manteltarifvertrag vom 2. Januar 1956. Danach wurde für die Zeit ab 1. Januar 1956 von der Beklagten ein monatlicher Rentenzuschuß von 50,– DM gezahlt. Der sogenannte Anhang zum Manteltarifvertrag wurde am 20. April 1967 hinsichtlich des Sozialfonds unter anderem dahin abgeändert, daß der von der Beklagten gezahlte monatliche Rentenzuschuß ab 1. Januar 1968 nach einer Betriebszugehörigkeit von zehn Jahren monatlich 50,– DM betrug und für das 11. bis zum 35. Jahr der Betriebszugehörigkeit ein Steigerungsbetrag von 2,– DM pro Jahr gewährt wurde. Am 21. Dezember 1967 erließ die Beklagte eine Versorgungsordnung. Zur Höhe der betrieblichen Altersrente ist in ihr unter anderem geregelt, daß die Bemessensgrundlage für die Altersrente die Hälfte des rentenfähigen Arbeitsverdienstes abzüglich der anrechnungsfähigen Sozialrenten ist, wobei für jedes rentenfähige Dienstjahr 2 %, insgesamt jedoch höchstens 50 % als betriebliche Altersrente gewährt werden. Auf den Wortlaut des Anhanges zum Manteltarifvertrag vom 2. Januar 1956, des Anhanges zum Manteltarifvertrag vom 20. April 1967, der Versorgungsordnung vom 21. Dezember 1967 und der Versorgungsrichtlinien zu dieser Versorgungsordnung (Kopien Bl. 206 bis 218 d.A.) wird verwiesen. Mit Schreiben vom 26. März 1968 wandte sich die Beklagte an den Kläger und erläuterte das „neue Sozialwerk” entsprechend der Versorgungsordnung vom 21. Dezember 1967. Im Schreiben führt die Beklagte unter anderem aus:

„Ich möchte nochmals darauf aufmerksam machen, daß damit alle Betriebsangehörigen, die auf eine Mindestzugehörigkeit von fünf Jahren zurückblicken können, in den Genuß einer sich laufend steigernden Altersversorgung gelangen.”

„Wir machen ferner darauf aufmerksam, daß bei dem neuverkündeten Sozialwerk die Renten sich den eventuell steigenden Löhnen automatisch anpassen, während das alte Sozialwerk nur eine starre, festliegende Rente vorsah.”

Der Anspruch des Klägers auf Altersversorgung wurde dann von den Parteien im Arbeitsvertrag vom 2. Januar 1975 geregelt. § 5 des Vertrages sieht unter anderem vor, daß das betriebliche Ruhegehalt des Klägers nach zehnjähriger Tätigkeit 30 % seines zuletzt bezogenen Gehalts ohne Zuschläge und Tantiemen ausmacht.

Der Kläger hat von der Beklagten die Anpassung seiner betrieblichen Altersrente ab 1. Januar 1995 in Anwendung von § 16 BetrAVG in Höhe von 11,9 % begehrt, wobei unstreitig ist, daß sich der Preisindex für die Lebenshaltung eines Vier-Personen-Arbeitnehmerhaushaltes in den Jahren 1992 bis 1995 um 11,9 % erhöhte. Die Beklagte lehnte die Anpassung der Betriebsrente des Klägers mit Rücksicht auf ihre wirtschaftliche Lage ab. In diesem Zusammenhang sind zwischen den Parteien folgende wirtschaftliche Daten der Beklagten unstreitig:

Die Erträge der Beklagten nach Steuern stellen sich wie folgt dar:

1986

– 1.425,–

DM

1987

5.021,–

DM

1988

– 635.919,–

DM

1989

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