Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristeter Arbeitsvertrag nach Abschluß von Bleibeverhandlungen
Leitsatz (amtlich)
1. Ein befristeter Arbeitsvertrag, den die Parteien eines unbefristeten Arbeitsvertrages nach Abschluß von Bleibeverhandlungen abschließen und der eine anders geartete Tätigkeit zum Gegenstand hat, unterliegt der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle.
2. Zur Frage der sachlichen Rechtfertigung einer derartigen Befristungsabrede.
Normenkette
BGB § 620
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 11.10.1996; Aktenzeichen 90 Ca 20651/96) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 11. Oktober 1996 – 90 Ca 20651/96 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses. Die Beklagte, auf die das Hochschulrahmengesetz keine Anwendung findet, betreibt sozialwissenschaftliche Grundlagenforschung. Sie beschäftigte den Kläger nach zwei befristeten Arbeitsverhältnissen seit dem 1. Juni 1990 auf der Grundlage eines unbefristet abgeschlossenen Arbeitsvertrages vom 28. Mai 1990 (Bl. 13 bis 15 d.A.) als Wissenschaftler gegen eine Vergütung der Vgr. I a BAT.
Der Kläger erhielt mit Schreiben vom 17. Juni 1991 einen Ruf der Universität Wien auf einen Lehrstuhl als ordentlicher Universitätsprofessor der Betriebswirtschaftslehre. Die Beklagte führte daraufhin Bleibeverhandlungen mit dem Kläger. Sie konzipierte zur Abwehr des dem Kläger erteilten Rufes in ihrem Forschungsschwerpunkt IV („Marktprozeß und Unternehmensentwicklung”), in dem der Kläger bereits tätig war, eine sogenannte Forschungsprofessur mit dem Themenkreis „Technologischer Wandel und Industrieumstrukturierung” und stellte den Kläger eine auf fünf Jahre befristete Tätigkeit als Forschungsprofessor in Aussicht. Nachdem der Wissenschaftliche Rat der Beklagten in seiner Sitzung vom 22. Oktober 1991 (Protokoll Bl. 99 bis 104 d.A.) sowie das Kuratorium der Beklagten am 21. November 1991 ihre Zustimmung zur befristeten Berufung des Klägers als Forschungsprofessor zugestimmt hatten, schlossen die Parteien nach Zustimmung der Zuwendungsgeber der Beklagten am 16. April 1992 einen für die Zeit vom 1. März 1992 bis zum 28. Februar 1997 befristeten Arbeitsvertrag, wonach der Kläger als Forschungsprofessor im Forschungsschwerpunkt IV tätig sein und u.a. eine Vergütung in Höhe einer C 4-Besoldung erhalten sollte; wegen der Einzelheiten des Vertrages wird auf Bl. 21 bis 27 d.A. verwiesen. Die Parteien vereinbarten unter dem 24. Juli 1992 ausdrücklich, daß der Arbeitsvertrag vom 28. Mai 1990 außer Kraft gesetzt werde.
Die Beklagte lehnte den Wunsch des Klägers auf Entfristung seines Arbeitsverhältnisses mit Schreiben vom 30. November 1995 ab.
Mit seiner Klage hat sich der Kläger gegen die Befristung seines Arbeitsverhältnisses gewandt, da ein sachlicher Grund für die Befristung nicht vorliege. Die von ihm zu verrichtende Forschungsarbeit sei auf Dauer angelegt gewesen, weshalb er an einer unbefristeten Tätigkeit als Forschungsprofessor interessiert gewesen sei. Die Befristung des Arbeitsverhältnisses sei allein auf den Wunsch des neu berufenen Direktors des Forschungsschwerpunktes IV Herrn Prof. … zurückzuführen, der sich nicht für längere Zeit an ihn habe binden wollen. Zwei weitere Forschungsprofessoren würden von der Beklagten – unstreitig – in unbefristeten Arbeitsverhältnissen beschäftigt.
Die Beklagte hat demgegenüber die Befristung des Arbeitsverhältnisses für wirksam gehalten. Dies ergebe sich bereits aus der für den Kläger bestehenden Wahlmöglichkeit, der bei ihr befristet als Forschungsprofessor oder wie bisher unbefristet als Wissenschaftler habe tätig sein und zudem den Ruf der Universität Wien habe annehmen können. Die Befristung sei im Hinblick auf die zu verrichtende Forschungsarbeit sachlich gerechtfertigt. Sie habe die Forschungsarbeit des Forschungsschwerpunktes IV nicht langfristig durch die Ausrichtung der Forschungsprofessur festlegen wollen, zumal ein zweiter Abteilungsdirektor habe berufen werden sollen. Der Kläger habe zudem bislang nicht interdisziplinär gearbeitet, so daß die von ihr angestrebte Verknüpfung der zu behandelnden Fragen der konzeptionellen und theoretischen Entwicklungen der Wirtschaftswissenschaften mit wirtschaftssoziologischen und rechtswissenschaftlichen Fragestellungen von ihm nicht zu erwarten gewesen sei.
Wegen der weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sachverhaltes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Urteil vom 11. Oktober 1996 abgewiesen. Es hat zur Begründung u.a. ausgeführt, ein sachlicher Grund sei für die Befristungsabrede vom 16. April 1992 nicht erforderlich gewesen, da der Kläger in einem seinem Bestand nach ungefährdeten unbefristeten Arbeitsverhältnis zu der Beklagten gestanden und freiwillig die befristete Tätigkeit als Forschungsprofe...