Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 04.02.1999; Aktenzeichen 23 Ca 27433/98) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 4. Februar 1999 – 23 Ca 27433/98 – abgeändert:
- Die Klage wird abgewiesen.
- Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer dem Kläger erklärten außerordentlichen Kündigung.
Der am 23. Mai 1941 geborene Kläger trat auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 01. Juli 1983 als Krankenpfleger am selben Tag in die Dienste der Beklagen; auf das Arbeitsverhältnis fanden die Bestimmungen des BAT Anwendung. Der Kläger ist Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung von 50 %.
Nach der Satzung der Beklagten wird diese vertreten durch den Verwaltungsleiter, der gleichzeitig Mitglied des Geschäftsführenden Vorstandes ist; im Verhinderungsfall nimmt die Aufgaben des Verwaltungsleiters dessen Stellvertreter wahr, der ebenfalls zum Vertreter der Beklagten bestellt ist. Mit Beschluß des Kuratoriums vom 14. August 1997 bestellte dieses die Zeugin E. B. zur stellvertretenden Verwaltungsleiterin; dies gab die Beklagte ihren Mitarbeitern in einem Rundschreiben bekannt.
Das Arbeitsverhältnis des Klägers, der im Laufe seiner Beschäftigung in verschiedenen Bereichen des Krankenhauses – zuletzt in der Intensivstation seit dem 01. Oktober 1990 – eingesetzt war, verlief nicht stets reibungslos; es gab Abmahnungen bzw. Ermahnungen. Inhalt der Personalakte des Klägers sind die Abmahnungen vom 15. Februar 1989 und vom 30. August 1990. Dem folgte eine Abmahnung vom 03. Juli 1998 mit dem Vorwurf, der Kläger habe am 01. Juli 1998 mutwillig eine mit Patientenblut gefüllte Spritze auf den Arm einer Kollegin entleert.
Am 27. Juli 1998 oblag es der dafür zuständigen Ärztin und dem Kläger als Krankenpfleger, für die Beatmung eines gerade operierten Patienten zu sorgen. Das Beatmungsgerät wurde dabei durch eine Sauerstofflasche gespeist, die maximal mit Sauerstoff gefüllt war. Nachdem die Ärztin dem Patienten im Röntgenraum den von dessen Finger abgefallenen Sensor wieder aufgesteckt und eine hundertprozentige Sauerstoffsättigung festgestellt hatte, rief der Kläger der Ärztin zu, daß der Patient nicht beatmet sei, was diese mit Begründung ihm gegenüber in Abrede stellte. Darauf hantierte der Kläger an der Sauerstoff lasche. Nachdem die Röntgenaufnahme gemacht worden war und beide wieder am Patienten waren, fiel der Ärztin auf, daß das Beatmungsgerät nicht arbeitete. Dabei stellte sich heraus, daß die Sauerstofflasche zugedreht war. In diesem Fall erhält der Patient nur für ca. 30 Sekunden noch Sauerstoff, der sich noch in der Anlage befindet.
Am 20. August 1998 gab es einen weiteren Vorfall. Eine beatmete Patientin litt nach einer gerade beendeten Operation an einem sog. „Pneumothorax”. Die zuständige Fachärztin für Anästhesie entschloss sich, wegen des akut lebensbedrohenden Zustandes der Patientin zum Anlegen einer Thoraxdrainage noch im sog. „Aufwachraum”. Zugegen war neben dem Kläger weiter ein Assistenzarzt, der für die Beamtung der Patienten zuständig war. Als die Drainage gelegt war, wurde die Patientin erneut geröntgt und vom Assistenzarzt und dem Kläger sodann in die Intensivstation gebracht. Dort stellte eine dort beschäftigte Krankenschwester fest, daß der Schlauch der Drainage durch eine Metallklemme abgeklemmt war, so daß die Drainage nicht funktionieren konnte.
Mit Schreiben vom 27. August 1998 beantragte die Beklagte bei der Hauptfürsorgestelle die Erteilung der Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Klägers, der seit diesem Tage von der Arbeitspflicht freigestellt war. Am selben Tag verfasste sie ein Schreiben zur Anhörung des Betriebsrats, das sie am 01. September 1998 ohne ausdrückliche Stellungnahme zurückerhielt. Unter dem 08. September 1998 erteilte die Hauptfürsorgestelle die Zustimmung; der dagegen eingelegte Widerspruch des Klägers blieb erfolglos. Am 09. September 1998 überbrachte ein Bote den empfangsberechtigten Prozeßbevollmächtigten des Klägers das Schreiben vom 07. September 1998, in dem die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers fristlos kündigte, was sie ihm in einer Anlage begründete. Das Kündigungsschreiben und die Anlage waren unterzeichnet durch die damalige stellvertretende Verwaltungsleiterin mit dem Zusatz „i. A.”. Mit Schreiben vom 11. September 1998 wiesen die Prozeßbevollmächtigten des Klägers die Kündigung wegen nicht beigefügter Vollmacht zurück. Mit seiner beim Arbeitsgericht am 10. September 1998 eingegangenen Klage hat der Kläger gerügt, die Kündigung sei unwirksam, weil er sie zu Recht nach § 174 BGB zurückgewiesen habe, ein wichtiger Grund fehle, die Kündigung nach Ablauf der Frist des § 626 Abs. 2 BGB erklärt worden sei, der Bescheid der Hauptfürsorgestelle bei Absenden des Kündigungsschreibens noch nicht vorgelegen habe und die Anhörung des Betriebsrats nicht ordnungsgemäß erfolgt s...