Revision zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsanpassung nach erfolgreichem Statusprozeß eines freien Mitarbeiters
Leitsatz (amtlich)
1. Klagt sich ein freier Mitarbeiter in ein Arbeitsverhältnis ein, so ist die bisher vereinbarte Vergütung die vertraglich geschuldete Bruttoarbeitsvergütung.
2. Will der Arbeitgeber in einem solchen Falle weniger zahlen, beispielsweise weil er seine Gesamtbelastung unter Einschluß des Arbeitgeberanteils zur Sozialversicherung auf dem bisherigen Niveau halten will oder weil die tarifliche Vergütung unter der vereinbarten liegt, so kann er dies nur nach Ausspruch einer Änderungskündigung tun. Die Grundsätze über den Wegfall der (subjektiven) Geschäftsgrundlage führen nicht zu einer automatischen Anpassung.
3. Die vertraglich vereinbarte Vergütung nimmt, auch wenn ein Tarifvertrag das Arbeitsverhältnis erfaßt, nicht automatisch an prozentualen Tariferhöhungen teil. Liegt jedoch die tarifliche Vergütung über der vereinbarten, so kann der Arbeitnehmer, wenn er seine Eingruppierung schlüssig darlegt, ohne weiteres die höhere tarifliche Vergütung verlangen.
Normenkette
BGB § 242
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 21.05.1992; Aktenzeichen 19 Ca 882/91) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 21. Mai 1992 – 19 Ca 882/91 – teilweise geändert und – mit Ausnahme der Ziff. I seines Tenors, die unberührt bleibt – wie folgt neu gefaßt:
Das beklagte Land wird verurteilt, an die Klägerin folgendes zu zahlen:
- für die Zeit März 1990 bis Dezember 1992: DM 164.050,– brutto abzüglich DM 95.078,71 netto (in der Nettozahlung enthalten die bisher geleistete Berlin-Zulage) nebst 4 % Zinsen auf den sich ergebenden Auszahlungsbetrag seit 1.7.1991;
- für die Zeit Januar bis Mai 1993: weitere DM 4.632,06 brutto.
- Es wird festgestellt, daß das beklagte Land verpflichtet ist, an die Klägerin ab 1.6.1993 monatlich DM 4.400,– brutto zu zahlen.
- Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten der ersten Instanz werden bei einem Kostenstreitwert von DM 39.726,40 (unter Einschluß des erledigten Teils) 16 % der Klägerin und 84 % dem beklagten Land auferlegt.
IV. Von den Kosten der zweiten Instanz werden bei einem Kostenstreitwert von DM 59.072,32 30 % der Klägerin und 70 % dem beklagten Land auferlegt.
V. Die Revision wird zugelassen, soweit sich dieses Urteil gegen das beklagte Land richtet.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der Vergütung im laufenden Arbeitsverhältnis, insbesondere darüber, ob das beklagte Land die mit der Klägerin als Honorar für freie Mitarbeit vereinbarte Vergütung einseitig, rückwirkend und ohne Ausspruch einer Änderungskündigung auf die tarifliche Vergütung zurückführen darf, nachdem sich die Klägerin in einem Vorprozeß in ein Arbeitsverhältnis eingeklagt hat. Sie streiten in diesem Zusammenhang auch über die richtige tarifliche Eingruppierung nach der Anlage 1 a zum BAT.
1.
Die am 10. Oktober 1944 geborene Klägerin (ÖTV-Mitglied) trat am 01. August 1983 als Kunsttherapeutin (dazu unter 8.) auf Honorarbasis in die Dienste des beklagten Landes in der dem …-Krankenhaus angegliederten „Klinik …”. Die rechtlichen Beziehungen sind in Verträgen vom 06. Juli 1983 (Bl. 151–153 d. A.) und vom 09. Januar 1987 (Bl. 154–156 d. A.) schriftlich fixiert. Die Klägerin erhielt zuletzt eine Jahresvergütung von 57.200,– DM, die in monatlichen Beträgen von 4.600,– DM zuzüglich 2.000,– DM im Dezember gezahlt wurde. Sozialabgaben hierauf wurden nicht entrichtet, die Versteuerung war Sache der Klägerin.
2.
Durch Schreiben vom 24. November 1988 kündigte das Krankenhaus den Vertrag erstmals zum 28. Februar 1989. Hiergegen klagte die Klägerin (22 Ca 89/88 ArbG Berlin) mit den Anträgen festzustellen, daß 1. ein Arbeitsverhältnis bestehe und 2. dieses Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung gelöst werde. Am 23. Februar 1989 verglichen sich die Parteien dahin, daß 1. das Vertragsverhältnis ungekündigt fortbestehe, 2. das beklagte Land sich bemühen werde, der Klägerin ab 1990 einen Arbeitsvertrag auf BAT-Basis anzubieten und daß 3. die Klägerin das Recht haben solle, im Falle des Scheiterns der Bemühungen erneut Statusklage zu erheben.
3.
Nachdem das beklagte Land der Klägerin in der Folgezeit keinen Arbeitsvertrag angeboten hatte, kündigte dieses zum zweiten Mal durch Schreiben vom 16. November 1989 zum 28. Februar 1990. Hiergegen klagte die Klägerin erneut (22 Ca 89/89) und erstritt ein Urteil des LAG Berlin vom 22.08.1990, welches (nach Zurückweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde) jedenfalls seit Dezember 1990 rechtskräftig ist. Durch dieses Urteil wurde 1. „festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 16. November 1989 nicht zum 28. Februar 1990 aufgelöst wurde”, 2. das beklagte Land verurteilt, der Klägerin für die Zeit Januar 1989 bis Februar 1990 monatlich 4.400,– DM brutto (13 × im Jahr) abzüglich geleisteter Nettozahlungen für die Monate Januar bis Mai 1989 in Höhe von...