Zulassung: Revision

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen. nachträglicher Abzug von Entgelt

 

Leitsatz (redaktionell)

Voraussetzung für einen Anspruch nach § 28g S. 1 SGB IV ist, dass eine Sozialversicherungspflicht aufgrund sozialrechtlicher Gesetze besteht. Eine Verfügung der BfA ohne sozialgesetzliche Grundlage kann keinen Anspruch im Sinne von § 28g S. 1 SGB IV begründen.

 

Normenkette

SGB IV §§ 26, 28g

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 08.03.2005; Aktenzeichen 93 Ca 22495/04)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 08.11.2006; Aktenzeichen 5 AZR 712/05)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 8. März 2005 – 93 Ca 22495/04 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt war, von dem Entgelt der Klägerin für den Monat November 2003 76,81 EUR einzubehalten.

Die Klägerin war bei der Beklagten seit dem 17. April 1990 als Erzieherin beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet infolge beiderseitiger Tarifbindung der Tarifvertrag für kirchliche Mitarbeiter der evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg (KMT) Anwendung.

Das Arbeitsverhältnis unterfällt der Zusatzversorgung bei der kirchlichen Zusatzversorgungskasse D. (KZVK). Im Herbst 2002 wurde das umlagefinanzierte Gesamtversorgungssystem bei der KZVK rückwirkend zum 1. Januar 2002 auf ein beitragsorientiertes kapitalgedecktes Leistungssystem umgestellt. Während die Umlagen zum Gesamtversorgungssystem steuer- und sozialversicherungspflichtig waren, sind die Beiträge zum kapitalgedeckten neuen Leistungssystem sozialversicherungsfrei. Nach Einholung zweier gutachterlicher Stellungnahmen zur Rückforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Zeit ab dem 1. Januar 2002 wurden von der zentralen Entgeltabrechnungsstelle, der b.GmbH, Rückrechnungen vorgenommen und die für das Jahr 2002 gezahlten anteiligen Sozialversicherungsbeiträge an die Arbeitnehmer ausgezahlt. Die Klägerin, die für den Zeitraum vom 20. März 2002 bis zum 28. März 2002 Krankengeld von der Betriebskrankenkasse Verkehrsbau in Höhe von 446,76 EUR brutto erhalten hatte, erhielt im Monat Dezember 2002 die für das Jahr 2002 abgerechneten Sozialversicherungsbeiträge hinsichtlich der Zusatzversorgung zurück. Die Bundesversicherungsanstalt für A. (BfA) und andere Sozialversicherungsträger waren mit dieser Rückrechnung unter Hinweis darauf, dass in abgewickelte Versicherungsverhältnisse nicht mehr rückwirkend eingegriffen werden dürfe, nicht einverstanden, wovon die Beklagte Anfang des Jahres 2003 erfuhr und darauf hin auf der Entgeltmitteilung für den Monat März 2003 den jeweiligen Hinweis gab, dass hinsichtlich der erstatteten Sozialversicherungsbeiträge mit einer Rückforderung gerechnet werden müsse. Nach Verhandlungen mit der BfA wurde am 15. Juli 2003 eine dahingehende Einigung gefunden, dass die Beiträge zu den Zusatzversorgungskassen ab dem 1. Juli 2002 als sozialversicherungsfrei gelten sollten und für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2002 sozialversicherungspflichtig bleiben sollten. Die BfA erstellte daraufhin ein verbindliches Besprechungsprotokoll (Bl. 89-93 d.A.), dem alle Sozialversicherungsträger am 29. August 2003 zustimmten. Die Sozialversicherungsbeiträge und die Zusatzversorgungsumlagen für die Zeit von Januar bis einschließlich Juni 2002 wurden danach im November 2003 von den Gehaltsabrechnungsstellen erneut abgeführt und die Sozialversicherungsmeldungen entsprechend korrigiert.

Nach erfolgloser Durchführung eines Schlichtungsverfahrens hat die Klägerin mit der am 14. September 2004 bei dem Arbeitsgericht Berlin eingegangenen und der Beklagten am 8. Oktober 2004 zugestellten Klage die Zahlung von 76,81 EUR netto nebst Zinsen als restliches Entgelt für den Monat November 2003 gefordert und u.a. die Auffassung vertreten, dass der Abzug nicht gerechtfertigt sei, da die Voraussetzungen des § 28 g SGB IV nicht vorliegen würden, weil es keinen Unterschied mache, ob der Arbeitgeber den Abzug unterlasse oder durch Auszahlung des zunächst abgezogenen Beitrages den Zustand der Nichtabführung nachträglich herstelle.

Von einer weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird unter Bezugnahme auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 42-46 d.A.) sowie auf die erstinstanzlich gewechselten Schriftsätze nebst den jeweiligen Anlagen abgesehen.

Durch ein Urteil vom 8. März 2005 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 76,81 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent über dem Basiszins seit dem 1. Dezember 2003 zu zahlen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 46-51 d.A.) verwiesen.

Gegen dieses ihr am 4. April 2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 28. April 2005 bei dem Landesarbeitsgericht Berlin eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 2. Juni 2005 bei dem Landes...

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