Entscheidungsstichwort (Thema)
100 % Vergütungsanspruch tarifgeb. Arbeitnehmer bei Beschäftigung in einer lohnkostenbezuschußten Maßnahme. § 3 d BAT-O ist nicht ausdehnend oder analog auf Beschäftigungsverhältnisse nach §§ 249 h o. 242 AFG anwendbar
Leitsatz (amtlich)
Auf befristete Arbeitsverhältnisse, für die Lohnkostenzuschüsse nach §§ 249 oder 242 s AFG gewährt werden, findet der BAT-O für tarifgebundene Arbeitnehmer Anwendung. Die Ausnahmevorschrift des § 3 d BAT-O greift nicht ein.
Normenkette
BAT-O § 3; AFG § 249h
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 20.06.1996; Aktenzeichen 17 Ca 12043/96) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 20. Juni 1996 – 17 Ca 12043/96 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die am 09.05.1964 geborene Klägerin, die seit Oktober 1993 Mitglied der ÖTV ist, war zunächst in der Zeit zwischen dem 15.12.1994 und dem 14.12.1995 auf der Grundlage eines sogenannten ABM-Vertrages bei dem beklagten Land beschäftigt. Für die Zeit vom 15.12.1995 bis zum 31.12.1995 erhielt die Klägerin dann einen Arbeitsvertrag für eine Beschäftigung in einer nach § 249 h AFG mit Lohnkostenzuschuß geförderten Maßnahme. Seit dem 01.01.1996 ist sie nach näherer Maßgabe des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 08.01.1996 befristet bis 14.12.1996 bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 32 Stunden unter Vereinbarung von Bezügen der Vergütungsgruppe IV a BAT-O tätig. In einem Zusatz zum Arbeitsvertrag ist bestimmt: Aufgrund des Art. 1 Nr. 19 des BeschFG vom 26. Juli 1994 i.V.m. § 94 Abs. 1 AFG gilt hinsichtlich der zu zahlenden Vergütung, daß § 26 BAT-O mit den jeweils anzuwendenden Vergütungstarifverträgen mit der Maßgabe gilt, daß 90 von 100 der darin vereinbarten Bezüge zu zahlen sind. …
Das beklagte Land hat die Bezüge der Klägerin mit monatlich 3.223,20 DM brutto errechnet. Mit der vorliegenden, am 26. April 1996 zugestellten Klage hat die Klägerin geltend gemacht, Anspruch auf volle Anwendung des BAT-O und auf Auszahlung der 100%igen Vergütung nach BAT-O zu haben, da ein Ausschlußgrund aus dessen Geltungsbereich gem. § 3 BAT-O nicht vorliege. Ihr stünden daher monatlich 358,14 DM brutto mehr als gezahlt zu. Die Vergütungsdifferenz für die Monate Januar bis März 1996 mit 1.074,42 DM brutto verlangt sie mit der vorliegenden Klage, nachdem das beklagte Land die Forderung außergerichtlich zurückgewiesen hatte.
Die Klägerin hat beantragt,
das beklagte Land zu verurteilen, an sie DM 1.074,42 brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich hieraus ergebenden Nettozahlbetrag seit 16. März 1996 zu zahlen.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte weist darauf hin, daß Rechtsgrundlage für die Vermittlung der Klägerin in einem Beschäftigungsprogramm die Einhaltung der Förderungsbedingungen sei. Eine Alternative zur Absenkung der Vergütung nach § 94 AFG sei bei der angespannten Haushaltslage des Landes nicht gegeben; ein Ansteigen der Kosten würde zur Einstellung der Förderprogramme führen. Die Vorschriften des Arbeitsförderungsgesetzes seien unabdingbar und damit für die Gestaltung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin durchaus relevant.
Durch Urteil vom 20. Juni 1996 – 17 Ca 12043/96 – hat das Arbeitsgericht Berlin das beklagte Land antragsgemäß verurteilt, der Klägerin 1.074,42 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit 16. März 1996 zu zahlen.
Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 30 bis 33 d.A.) verwiesen.
Gegen dieses ihm am 11.07.1996 zugestellte Urteil hat das beklagte Land mit am 18.07.1996 beim Landesarbeitsgericht Berlin eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 02.09.1996 mit am 02.09.1996 beim Rechtsmittelgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.
Das beklagte Land ist der Auffassung, die arbeitsvertragliche Vereinbarung der Parteien sei auflösend bedingt durch die Nichtförderung durch die Bundesanstalt für Arbeit in voller Höhe der gezahlten Vergütung. Ohne Zahlung der Fördermittel, die an eine abgesenkte Vergütung gebunden seien, sei der öffentliche Arbeitgeber nicht in der Lage und auch nicht bereit, Arbeitsverhältnisse zur Wiedereingliederung langfristig Arbeitsloser in das Arbeitsleben zu ermöglichen. Daß diese Bedingung dem Willen beider Vertragsparteien entsprochen habe, ergebe sich aus der Zusatzvereinbarung. Jedenfalls aber finde der BAT-O auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung, da nach dessen § 3 d aus dem Geltungsbereich ausgeschlossen seien Angestellte, die Arbeiten nach den §§ 93 und 97 des AFG verrichten. Im Wege ausdehnender Auslegung, jedenfalls aber im Wege der Analogie sei diese Vorschrift auch auf Förderprogramme gem. § 249 h AFG anzuwenden, da die Interessenlage eine ebensolche wie bei einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme sei. Entgegen der Entscheidung des LAG Hamm vom 11.03.1996 (17 Sa 1960/95 jetzt 5 AZR 259/96) sei die Bestimmung des § 3 d BAT-O a...