Entscheidungsstichwort (Thema)
Inhalt und Änderung einer Betriebsübung
Leitsatz (amtlich)
Zahlt der Arbeitgeber dreimal vorbehaltlos allen Arbeitnehmern seines Betriebs ein anteiliges 13. Monatseinkommen in Anlehnung an den einschlägigen Tarifvertrag, so kommt dadurch konkludent eine dynamische Bezugnahmevereinbarung zustande, die durch den Wegfall der Tarifbindung des Arbeitgebers nicht berührt wird.
Normenkette
BGB §§ 133, 157
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 03.07.2001; Aktenzeichen 57 Ca 4547/01) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 03. Juli 2001 – 57 Ca 4547/01 – teilweise geändert.
2. Das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 17. Mai 2001 wird aufgehoben, soweit die Klage über einen Betrag von 1.819,19 DM hinaus abgewiesen worden ist.
3. Die Beklagte hat an den Kläger 2.454,27 DM (zweitausendvierhundertvierundfünfzig 27/100) brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 1 DÜG aus dem sich errechnenden Nettobetrag ab dem 16. Dezember 2000 zu zahlen.
4. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
5. Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 42,57 % und die Beklagte zu 57,43 % zu tragen mit Ausnahme der vom Kläger allein zu tragenden Kosten seiner Säumnis im Termin vom 17. Mai 2001.
6. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger steht aufgrund einer Einstellungsvereinbarung vom 24. Juni 1992 (Abl. Bl. 7 d.A.) als „Mauerer III/2” in den Diensten der Beklagten. Diese zahlte ihm in den Jahren 1992 bis 1996 ein anteiliges 13. Monatseinkommen in Anlehnung an den Tarifvertrag über die Gewährung eines 13. Monatseinkommens im Baugewerbe vom 27. April 1990.
Für das Jahr 1997 belief sich die Zahlung auf 4.576,74 DM brutto, wobei auf der Lohnabrechnung des Klägers vermerkt war:
„13. Einkommen ohne Anerkennung einer Rechtspflicht”.
Für das folgende Jahr erhielt der Kläger aufgrund einer Vereinbarung vom 08. Februar 1999 (Abl. Bl. 26 d.A.) eine „freiwillige, steuerpflichtige einmalige Zuwendung in Höhe von 50 % eines anrechenbaren durchschnittlichen Monatseinkommens.” Weiter hieß es dort:
„Mit dieser Vereinbarung verzichtet der Mitarbeiter auf jegliche weiteren Einreden gegen die Einmaligkeit der hier vereinbarten Zuwendung für den v.g. Berechnungszeitraum.
Die Vereinbarung berührt nicht eventuelle tarif- oder individualvertragliche Ansprüche.”
Gemäß der Lohnabrechnung für November 1999 zahlte die Beklagte dem Kläger ein anteiliges 13. Einkommen in Höhe von 2.175,56 DM brutto. Eine Zahlung für das Jahr 2000 erfolgte nicht.
Das Arbeitsgericht Berlin hat die auf Zahlung eines 13. Monatseinkommens für das Jahr 2000 in Höhe von 4.273,46 DM brutto gerichtete Klage zunächst durch Versäumnisurteil vom 17. Mai 2001 abgewiesen und dieses später nach fristgemäßem Einspruch des Klägers aufrechterhalten. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, der kraft betrieblicher Übung in den Jahren 1992 bis 1996 als Vertrauenshaftung entstandene Anspruch des Klägers sei durch die Vereinbarung vom 08. Februar 1999 entfallen, weil darin nicht eindeutig zum Ausdruck gekommen sei, dass die betriebliche Übung für die folgenden Jahre wieder zur Anwendung habe kommen sollen, und es sich auch nicht um einen individualvertraglichen Anspruch i.S.d. Klausel am Ende der Vereinbarung gehandelt habe. Zudem spräche die dreimalige Zahlung in unterschiedlicher Höhe in den Jahren 1997 bis 1999 für eine Änderung der bisher bestehenden Übung, weil eine solche Übung auch nicht entstehe, wenn eine Gratifikation in jeweils unterschiedlicher Höhe gezahlt werde.
Gegen dieses ihm am 30. Juli 2001 zugestellte Urteil richtet sich die am 02. August 2001 eingelegte und am 03. September 2001, einem Montag, begründete Berufung des Klägers. Er tritt der Auslegung der Vereinbarung vom 08. Februar 1999 entgegen und meint, durch seinen unstreitig auch im Jahre 1999 vorgebrachten Widerspruch eine ändernde Betriebsvereinbarung verhindert zu haben. Jedenfalls stehe ihm aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes ein Anspruch auf ein 13. Monatseinkommen in Höhe von 50 % eines Monatseinkommens zu, wie es die Beklagte an ihre übrigen Mitarbeiter seit 1998 gezahlt habe.
Der Kläger beantragt,
unter Änderung des angefochtenen Urteils und unter Aufhebung des Versäumnisurteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 17. Mai 2001 die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.273,46 DM brutto zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG auf den sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 15. Dezember 2000 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, in der Gewährung eines anteiligen 13. Monatseinkommens auch an nicht tarifgebundene Arbeitnehmer habe keine konkludente Erklärung gelegen, diese Gleichbehandlung auch dann noch fortsetzen zu wollen, wenn der Tarifvertrag für tarifgebundene Arbeitnehmer nur noch kraft Nachwirkung gelte. Durch die zweimalige Zahlung von lediglich 50 % eines 13. Monatseinkommens in den Jahren 1998 und 1999 sei gegenü...